Star Wars – Die Hohe Republik: Trotzt dem Sturm

Es ist eine Zeit verlorener Freunde. Seit die fiesen Nihil mit ihrem Sturmwall einen Teil des Außenrands vom Rest der Galaxis abgeriegelt haben, scheint es niemanden zu geben, der nicht irgendwen in der Okklusionszone vermisst. Im Roman „Das Auge der Finsternis“ sehnt sich Jedi Elzar Mann nach seiner Freundin Avar Kriss. Im Comic „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ trauert Zeen Mrala gleich um ein halbes Dutzend Kameraden. In diesem Young-Adult-Roman nun glaubt die Jedi-Ritterin im Exil Vernestra Rwoh, ihren Padawan Imri verloren zu haben. Doch dann bekommt sie Besuch …

von Frank Stein

Wir befinden uns nach wie vor in der ersten Welle der dritten Phase des „Star Wars“-Großprojekts „Die Hohe Republik“. Ein Jahr ist seit dem schicksalhaften Fall der Starlight-Station vergangen, ein Jahr, in dem sich die Jedi-Ritterin Vernestrah Rwoh – bekannt aus den Jugendbüchern und Young-Adult-Novels der ersten Phase – auf dem Dschungelplaneten Ibbe versteckt hat, um mit dem Verlust ihres Padawans Imri und überhaupt ihrem Versagen während der Starlight-Katastrophe ins Reine zu kommen.

Dann jedoch erhält sie unerwartet Besuch von ihrer alten Freundin Avon Starros – der Tochter der Senatorin Ghirra Starros, die sich zu Beginn der Krise an den Nihil-Boss Marchion Ro rangeschmissen hat. Diese hat das Leben bei den Nihil gründlich satt und will etwas gegen die Fieslinge unternehmen. Arrogant, wie sie sind, haben Ghirra und Marchion das Mädchen ziehen lassen, doch die hat nicht nur wertvolles Wissen über Imri im Gepäck, sondern auch einen – nicht ganz fertig gedachten – Plan, wie sie den Sturmwall zerstören will.

Dazu braucht sie die Mithilfe von Xylan Graf, einem verzogenen Sprössling der Graf-Entdecker-Sippe, der mehr aus Überlebensinstinkt, denn aus Überzeugung den Sturmwall von seiner Blitzschlag-Raumstation aus mit am Laufen hält. Während dieser sich gerade im Gebiet der Republik befindet, setzt die Piratenkönigin Maz Kanata daher das Schmugglerinnen-Pärchen Jordanna Sparkburn und Sylvestri Yarrow auf ihn an – letztere ist die entfremdete Tochter der Schurkin und Wissenschaftlerin Chancey Yarrow, die sich ebenfalls eine Weile mit den Nihil verbündet hatte.

Sie alle – und noch ein hilfreicher Cair San Tekka, der heimlich mit Xylan verbandelt ist – finden im Kampf gegen die Nihil zusammen, nur um sich doch wieder zu trennen, arbeiten im Team, verfolgen aber doch sehr eigene Ziele bei dem Versuch, die Galaxis ein klein wenig besser zu machen.

Es ist schon eine exklusive Truppe, die Tessa Gratton und Justina Ireland hier versammeln. Man merkt dem Roman sehr deutlich an, wie sehr er vor allem an Charakterentwicklungen anknüpft, die in der ersten Phase passiert sind. Wer kann, der sollte die YA-Romane (und vielleicht die Jugendromane) jener Phase vor Genuss von diesem hier lesen. Sonst hat man häufig das Gefühl, dass man etwas zuvor verpasst hat, auch wenn sich die Autorinnen natürlich Mühe geben, alles Relevante, gerade was die Charakterbeziehungen angeht, hinreichend zu erklären. Neben den ganzen wiederkehrenden Figuren überrascht vor allem die prominente Rolle von Deva Lompop als Beschützerin von Avon Starros. Noch 230 Jahre später spielt sie im „Krieg der Kopfgeldjäger“, für den sie ursprünglich erfunden wurde, eine eindrückliche Nebenrolle. Hier taucht sie als Ex-Nihil mit einem Anflug von Gewissen auf.

Inhaltlich wird eigentlich nicht nur eine, sondern gleich ein Trio an Geschichten geboten, was für eine ziemlich dichte Erzählweise sorgt. Avon will den Sturmwall zerstören, Vernestra will Imri finden und Jordanna möchte zur Familie ihres Bruders, die in der Okklusionszone festsitzt und als deren Beschützerin sie sich sieht. (Alle drei jungen Frauen zieren übrigens auch das Cover – umgeben von sehr vielen Nihil.) Dass sie dabei eigentlich nur zusammenarbeiten, um gemeinsam den Sturmwall hin und wieder zurück zu durchqueren, mag etwas irritieren, aber wie gesagt: Es sorgt gleichzeitig dafür, dass der knapp 430 Seiten lange Roman kaum Längen hat und gut zu unterhalten weiß, wenngleich just das Finale den Sack eher gemächlich zubindet, statt mit überraschenden Wendungen aufzuwarten.

Richtig galaxisbewegende Dinge passieren letztlich nicht. Das bleibt in Phase 3 offenbar den Erwachsenenromanen vorbehalten. Aber es werden Entwicklungen angestoßen, die zweifellos in der zweiten Welle der Romane und Comics dann Früchte tragen werden. Das macht den Roman nicht ganz so beliebig wie sein Jugend-Pendant „Flucht von Valo“. Erfreulich ist zudem, dass es den Autorinnen gut gelingt, eine Balance zwischen Charakter- und Spannungsmomenten zu halten. So kommt das Zwischenmenschliche nicht zu kurz, aber die das Franchise prägende Action blitzt auch immer wieder auf.

Fazit: Mit drei verwobenen Handlungssträngen und einer Vielzahl an Figuren aus den bisherigen Romanen und Comics bietet „Trotzt dem Sturm“ einen kurzweiligen Einstieg in die Young-Adult-Schiene der dritten Phase „Die Hohe Republik“. Die junge Riege tritt sehr selbstbewusst auf, was Mütter und Meister schon mal dumm dastehen lässt, aber ein gesunder Übereifer junger Protagonisten ist ja schon seit Luke Skywalker und Prinzessin Leia Teil von „Star Wars“. Charakter- und Spannungsmomente halten sich angenehm die Waage, und obwohl die großen Entwicklungen der Phase 3 offenbar in den Erwachsenenromanen passieren sollen, wird hier spürbar zugearbeitet, sodass die Handlung nicht völlig beliebig wirkt. Für Fans der Hohen Republik definitiv lesenswert – im Bestfall im Anschluss an die YA-Romane der Phase 1.

Star Wars – Die Hohe Republik: Trotzt dem Sturm
Film/Serien-Roman
Tessa Gratton, Justine Ireland
Panini Books 2024
ISBN: 978-3-8332-4496-4
432 S., Paperback, deutsch
Preis: 18,00 EUR

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