Star Wars: Ahsoka

Die TV-Animationsserie „The Clone Wars“, die zwischen „Episode II“ und „Episode III“ angesiedelt war, hat das „Star Wars“-Universum in sechs Staffeln und unzähligen Begleitcomics um eine Vielzahl an Figuren, Aliens, Raumschiffe und Planeten erweitert. Zu den wichtigsten Ergänzungen gehört sicher das rothäutige Alienmädchen mit dem auffälligen blau-weißen Kopfschmuck namens Ahsoka, das als junge, vorwitzige Padawan-Schülerin Anakin Skywalker zugeteilt wurde und im Laufe der Jahre zu mutigen und kampferprobten Jungjedi heranreifen durfte. Mit „Ahsoka“ erhält sie nun ihren ersten eigenen Roman.

von Frank Stein

Das Abenteuer in „Ahsoka“ schlägt die inhaltliche Brücke zwischen dem Ende von Ahsokas Zeit bei „The Clone Wars“ und ihrem erneuten Auftauchen in der Folgeserie „Rebels“. Dabei beginnt das Buch gleich seltsam mit einer Erinnerungsszene an eine Belagerung von Mandalore, während der Ahsoka mit Captain Rex gegen Darth Maul gekämpft haben soll. Das passt – zu dem Zeitpunkt – so überhaupt nicht zum Wissen des Fans, der bis dato glaubte, Ahsoka habe den Orden gegen Ende von „The Clone Wars“ verlassen. Tatsächlich scheint es sich hier um die eher ungeschickte Zusammenfassung eines Plots aus dem „The Clone Wars Legacy“-Projekt zu handeln, in dem verschiedene, nach der plötzlichen Absetzung der Serie durch Disney nicht mehr realisierte Handlungsbögen genommen und in anderen Medien erzählt wurden. Am bekanntesten ist sicher der vierteilige Comic „Darth Maul – Sohn von Dathomir“. „Die Belagerung von Mandalore“ sollte das Finale der siebten Staffel (und damit der Serie) werden. Ohne dieses Hintergrundwissen steht die plötzliche Rückkehr von Ahsoka in die Reihen der Jedi – und sei es nur für eine Mission – ziemlich unverständlich im Raum.

Nach dem Fall des Jedi-Ordens hat sich Ahsoka dann im Outer Rim versteckt. Bei einer Händlerfamilie, dem Fardi-Clan, hat sie unter falscher Identität Unterschlupf gefunden. Doch das Imperium kommt ihr zu nah, und sie entscheidet sich dazu, erneut zu verschwinden. Ihr Weg führt sie auf den abgelegenen Farmmond Raada. Dort scheint sie eine Weile unter den einfachen Farmern gut leben zu können. Sie lernt die Schwestern Kaeden und Miara kennen, den mürrischen Vorarbeiter Vartan, den leicht geheimnisvollen Barkeeper Selda und andere. Doch dann taucht auch hier das Imperium auf, und als klar wird, dass es Raada zerstören und alle Bewohner dort in den Ruin treiben wird, erhebt sich ein Widerstand, an dem sich auch Ahsoka beteiligt. Diese Entscheidung soll ihr Leben grundlegend verändern, doch sie ruft auch einen gefährlichen Feind auf den Plan.

Was in dieser kurzen Beschreibung wie eine klassische Charakterentwicklungsgeschichte klingt, ist in Wirklichkeit deutlich zielloser. Denn ohne zu viel spoilern zu wollen, sei gesagt, dass Ahsoka noch eine ganze Weile hin und her eiert – auch fern von Raada –, bevor sie endlich weiß, was sie tun soll und das Erzählte einen runden Abschluss findet. Es mag sein, dass diese Form der Selbstzweifel und des Fehlermachens typisch für Young-Adult-Romane ist, in „Star Wars“ fühlt es sich etwas fehl am Platze an, vor allem wenn man die selbstsichere, kampfstarke Ahsoka der „The Clone Wars“-TV-Serie im Hinterkopf hat.

Und ein Young-Adult-Roman ist „Ahsoka“ spürbar. Genau genommen ist er Teil der Offensive von Disney, mehr junge Frauen für „Star Wars“ zu begeistern und für mehr weibliche Repräsentanz in diesem ursprünglich extrem von Männern dominierten Franchise zu sorgen. So hat Disney bereits eine ganze Reihe von Romanen herausgebracht, die von Autorinnen geschrieben wurden – hier E. K. Johnson –, deren Portfolio bislang primär „Mädchenromane“ umfasste. Claudia Grays „Verlorene Welten“ und „Leia, Prinzessin von Alderaan“ gehören dazu ebenso wie Beth Revis? „Jyn, die Rebellin“ oder Elizabeth Weins „Star Wars: Die letzten Jedi – Die Kobalt-Staffel“. Dort wie hier stehen junge Frauen im Fokus, die ihre Bestimmung finden oder über sich hinauswachsen müssen. Und während das im Prinzip ein hehres Anliegen ist und mitunter auch gelungen umgesetzt wird – „Verlorene Welten“ beispielsweise ist ein ausnehmend spannender Roman –, funktioniert das hier meines Erachtens nur bedingt.

Denn gerade im letzten Drittel benimmt sich Ahsoka – für eine „Star Wars“-Heldin – einfach eigenartig. Dass sie vor überlegenen Feinden flieht – okay. Rückzug und ein neues Formieren gehören dazu. Aber dass sie das Problem dann einfach links liegen lässt, fühlt sich sehr seltsam für den Leser an. Es mag realistisch sein, denn sie ist allein, und allein kann man nicht gegen das Imperium kämpfen. Doch diese Art von deprimierendem Realismus, dieses Verdrängen von Herausforderungen, statt sich ihnen zu stellen … es passt einfach nicht zur Macherin Ahsoka. (Zumal die Auflösung am Ende dann gar nicht so schwer klingt.)

Dazu hat der Roman noch ein Problem, das er leider mit vielen neuen Disney-Romanen teilt: Er erzählt einen extrem lokalen Konflikt an einem absoluten Nebenschauplatz. Was dort passiert, hat keinerlei unmittelbar spürbar Auswirkungen auf die Galaxis an sich, sieht man von Ahsokas Entwicklung ab (gut, eine gewisse Auswirkung hat es also, aber eben nur indirekt). Natürlich können auch „kleine“ Konflikte interessant sein, aber nach der Hochzeit des „Star Wars“-LitVerse, in der die Galaxis in vielbändigen Romanepen erschüttert wurde, wirken viele dieser neuen Werke schrecklich unbedeutend – „Ahsoka“ inklusive. Wenn man nicht weiß, was auf Raada geschah, ist das im Grunde auch egal.

Fazit: Unterm Strich ist „Ahsoka“ ein Roman, dem vor allem ein Verdienst gebührt: Er schließt eine Lücke zwischen zwei TV-Serien. Doch Ahsokas Werdegang von der Ex-Jedi zur Rebellin wird zum einen an einem sehr lokalen Konflikt (unbedeutend für die große Saga, möchte man sagen) festgemacht, zum anderen plätschert der Roman auch lange Zeit vor sich hin. „Ahsoka sieht, wie gemein das Imperium ist, und trifft neue Freunde“ – so könnte man die Lektüre der 347 Seiten verkürzt zusammenfassen. Wer die Figur liebte und mehr über sie wissen möchte, mag seine Freude an dem Roman haben. Wer jedoch große Abenteuer erleben möchte, ist mit dieser „kleinen Geschichte“ eher falsch bedient.

Star Wars: Ahsoka
Film/Serien-Roman
E. K. Johnston
Panini Books 2017
ISBN: 978-3-8332-3450-7
347 S., Klappbroschur, deutsch
Preis: EUR 14,99

bei amazon.de bestellen