von Oli Clemens

Eigentlich reicht schon ein Blick auf die postergroße Landkarte, um sich minutenlang in den Details dieser unbekannten Welt zu verlieren. Von den Schwefelklippen im Westen bis zu Kimeisha in der Jadesee zeigt sie jede Landschaft, jedes Reich, jede Metropole in Lorakis, und auch die mystischen Mondportale sind auf ihr verzeichnet. Das weckt sofort Fernweh und Abenteuerlust. Wie gut, dass die Grundbox Anfängern gleich alles liefert, um loslegen zu können.
 
Wer es gar nicht erwarten kann, schnappt sich sofort eines der fünf beiliegenden Solo-Abenteuer. Sie beinhalten eine Geschichte für jeden der Archetypen: Entdeckerin, Magier, Klingentänzerin, Schwertrichter und Schattenläuferin. Jedes Solo-Abenteuer umfasst etwa 8 Doppelseiten und beginnt mit einer kurzen Vorgeschichte. Diese klärt über den Hintergrund des vorgefertigten Charakters auf, gibt ihnen Namen und Gesicht und haucht erstes Leben ein. Wie in einem Spielebuch wird man teilweise durch die Story geführt, teilweise fällen wir aber auch unsere eigenen Entscheidungen, die dann den Verlauf des Abenteuers und die Entwicklung des Charakters verändern. Wie aus Computerspielen gewohnt, übernimmt dieses kurze Abenteuer die Aufgabe eines Tutorials, in dem neue Spieler an die Idee, in die Rolle eines Abenteurers zu schlüpfen, langsam herangeführt werden. Das macht Spaß, und so erlernt man wirklich spielerisch die Grundprinzipien des Rollenspielsystems von „Splittermond“.



Jedes Abenteuer endet mit einer Rückschau. Dann werden Fertigkeiten und Meisterschaften vergeben, und der ein oder andere Lunar, die heimische Währung, wandert in die eigene Börse. Außerdem dürfen erfolgreiche Abenteurer auch noch Erfahrungspunkte notieren, die dann später eingesetzt werden können. Das alles könnte man direkt auf einem der vorgefertigten Charakterbögen festhalten, die der Box beiliegen, wenn man den Charakter weiterspielen möchte. Das ist super einsteigerfreundlich. Im optimalen Fall hat sich jetzt schon eine Gruppe aus fünf Charakteren gefunden, die direkt gemeinsam ins Abenteuer einsteigt.

Jedes der fünf Mini-Abenteuer lässt den Weg des Charakters im Gasthaus Luserias Treu in Arwingen enden, und das ist kein Zufall. Hat man sich nämlich erst einmal für einen Charakter entschieden, beginnt das beiliegende Abenteuer genau dort.

Natürlich kann auch jeder Charakter von der Pike auf aus der eigenen Vorstellungskraft gestaltet werden. Dann braucht es aber ein bisschen mehr Zeit, denn zuerst sollte man sich mit den wichtigsten Grundregeln vertraut machen. Dazu hilft natürlich das Regelbuch. Es leitet komplett durch die Generierung in neun Schritten von der Grundidee bis zum Feinschliff des Charakters. Notiert wird alles auf einem der beiliegenden Blanko-Charakterbögen.

Das erste Abenteuer in dem beiliegenden Kampagnenbuch. Die „Rattenfänger von Drynfurt“ ist so konzipiert, dass es direkt gespielt werden kann, ohne vorher das Regelbuch oder das Spielleiterbuch gelesen haben zu müssen. Wie angenehm ist das denn?



Natürlich warten in Lorakis Trillionen von Monster darauf, besiegt zu werden. Deswegen lernen die Spieler auch schon früh nach dem Verlassen des Gasthauses, wie der Zeitstrahl auf der Tickleiste zu handhaben ist, welche Bedeutung die sechs- und zehnseitigen Würfel haben und wie die Pappmarker sinnvoll bei der Abhandlung von Kämpfen einzusetzen sind. Da werden vor allem die Brettspieler, die Rollenspiel ausprobieren wollen, interessiert hinschauen. Die Tickleiste ist nämlich auf einem Spielplan umgesetzt. Zusammen mit den Pappmarkern kommt das dann natürlich sehr bekannt und vertraut vor.

Insgesamt bietet das beiliegende Abenteuerbuch drei Kampagnen, die aus jeweils aus vier bis fünf Kapiteln bestehen. Diese bauen inhaltlich aufeinander auf und garantieren absolut Spielspaß für viele Stunden.

Auch wenn die neu überarbeitete Grundbox den Einstieg für Neulinge wirklich sehr einfach macht, braucht der Spielleiter schon ein bisschen mehr Überblick und Wissen. Deswegen liegt auch ein Spielleiterhandbuch mit den Infos über die Spielwelt bei, aber auch mit Tipps, wie ein Abenteuer gut geleitet werden kann.

Ansonsten gilt für die neue Einstiegsbox das bekannte Regelwerk in dem vielfältigen und phantasievollen Setting unter den drei Monden.



Das Material in der Grundbox schmückt sich in dem bekannten Stil und mit dem blauen Farbthema. Das passt also wie aus einem Guss. Die beiliegenden Bücher sind selbstverständlich stark textlastig – anders geht es wohl auch kaum. Sie sind aber gut strukturiert und immer wieder durch Tabellen und sehr schöne, bunte Illustrationen aufgelockert. Diese zeigen nicht nur lebhafte und detailreiche Skizzen von Monstern, sondern auch Karten und kleine Szenen aus dem Abenteurerleben. Das sind richtige Hingucker.

Vor allem die doppelseitige Karte des Kontinents und die Gestaltung der fünf Solo-Abenteuer verdienen eine besondere Erwähnung. Sie haben einen unglaublichen Aufforderungscharakter und wecken die Neugierde und Spiellust. Gleichzeitig sind sie in ihrem Umfang kurz genug, um in 20 bis 30 Minuten gespielt zu sein.

Fazit: Die Neuauflage der Einstiegsbox richtet sich in ihrer Ausstattung gleichzeitig an Neueinsteiger im Bereich Rollenspiel und auch an Spieler mit Brettspielerfahrung. Das ist ein spannendes Konzept und hilft sicher dabei, erste Unsicherheiten beim Einstieg zu überwinden. Insgesamt bietet die Box ausreichend Material für viele Stunden Pen-&-Paper-Spielspaß. Alle, die nach dem Spielen der Grundbox mehr Lust auf „Splittermond“ haben, finden ein umfangreiches Angebot an bereits veröffentlichten – und auch bei uns rezensierten – Erweiterungen und Abenteuern.

Splittermond: Aufbruch ins Abenteuer
Grundregelwerk für 3 bis 6 Spieler
Claudia Heinzelmann (Realisation)
Uhrwerk-Verlag/Pegasus Spiele 2021
ISBN: 978-3-95789-332-1
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 29,95

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