Sintflut

Die Erde ist untergegangen. Ob im Zuge einer Klimakatastrophe oder ob es eine göttliche Strafe war: Niemand vermag sich mehr zu erinnern. Auf jeden Fall kam der Regen, und er hörte nie wieder auf. Die Menschheit reagierte, indem sie sich aufspaltete – jene, die in die Tiefen des Weltalls flohen, und jene, die zurückblieben. Willkommen in der Welt nach der „Sintflut“.

von Jens Krohnen

Der Splitter-Verlag sorgt immer wieder mit hoch qualitativen Übersetzungen aus dem Französischen für interessante Neuerscheinungen. Bei mir besonders hoch im Kurs stehen dabei die unter „Splitter Double“ verlegten Doppelbände, die eine sonst längere Geschichte in einem Band vereinen. „Sintflut“ stammt aus der Feder von Nicolas Pona, der in der französischen Comic-Szene kein völlig unbeschriebenes Blatt ist, und wird von Jesús Hervás Millán bildlich in Szene gesetzt.

Während der Klappentext wenig mehr als einen groben Umriss des Settings enthält, will ich hier ein wenig mehr über die Handlung des Comics verraten. In „Sintflut“ begleiten wir eine ungleiche Zweckgemeinschaft durch die Welt nach der regenvollen Apokalypse. Auf der einen Seite wäre da der Nomade Jason. Nomaden sind ein genetisch verändertes Menschenvolk, dass an Bord von U-Booten rastlos durch die Meere zieht. Jason und sein Boot – die „Charly Patton“ – werden Zeuge eines Raumschiffabsturzes. Auf der Jagd nach wertvollen Trümmerteilen trifft Jason auf die einzige Überlebende – den Klon Normaée. Normaée wiederum hat eine Mission – und dafür nimmt sie zunächst Jason als Geisel und Chauffeur gefangen, bevor die beiden sich im Angesicht äußerer Gefahren verbünden werden.

Und äußere Gefahren lauern so einige. Da wäre auf der einen Seite die überaus aggressive Meeresfauna, die sich seit der Sintflut reichlich weiterentwickelt hat. Doch noch schlimmer als überdimensionierte Seeschlangen sind die verschiedenen Parteien, die Interesse an dem abgestürzten Raumschiff und dem Klon zeigen: gejagt von einer militärischen Spezialeinheit der Stahlunion, aufgetrieben von einem finsteren Regiment der kriegerischen Europa-Union und immer wieder auf gefährliche Relikte der Vergangenheit treffend scheint es, als hätte sich die ganze Welt gegen Normaée und Jason verschworen. Und dann gibt es ja noch jene Fraktion, die Normaée von den Sternen gesandt hat …

Schlussendlich lebt „Sintflut“ eher von wunderschön umgesetzten Einzelideen, als von einer mitreißenden Geschichte. Stets hat man das Gefühl, diese Story so oder ähnlich bereits einmal gelesen oder gesehen zu haben. So bietet „Sintflut“ weder in den verschiedenen Charakteren noch in der Storyfolge sonderlich Überraschendes. Dieser Umstand zieht sich bis zum recht vorhersehbaren Finale durch. Und dennoch weiß das Duo Pona und Millán mit interessanten Aspekten immer wieder neu zu fesseln: seien es Settingdetails wie der versunkene Eiffelturm, der für einen Teil der Handlung die Kulisse bieten darf, oder auch faszinierende neue Ideen wie eine elektronische Roboterhydra, die den künstlichen Verstand verloren hat – in den Details der Welt zeigt sich der Ideenreichtum der Autoren.

Optisch kann ich „Sintflut“ nur loben. Der Band ist auf einem zeichnerisch wirklich hohen Niveau. Dabei gelingt Millán der Spagat zwischen hohem Detailgrad für wichtige Details eines Panels und raschen Strichen für den Hintergrund, um absolut überzeugende Bilder zu schaffen. Wie für den Splitter-Verlag üblich, wird „Sintflut“ als großformatiges Hardcover verlegt. Der Einband ist robust, die Papierdicke angenehm stabil. Die Fadenheftung übersteht auch mehrmaliges Durchlesen problemlos. Technisch gibt es damit nichts zu meckern.

Leseprobe

Fazit: „Sintflut“ erzählt eine Endzeitgeschichte, wie wir sie schon oft gelesen haben, in einem frischen Setting voller überzeugender Ideen. Empfehlenswert.

Sintflut
Comic
Nicolas Pona, Jesús Hervás Millán
Splitter-Verlag 2014
ISBN: 978-3958390164
96 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 19,80

bei amazon.de bestellen