Trees 2: Zwei Wälder

Es wird eine Biologin gesucht, die sich mit den Monolith-artigen Bäumen auskennt, die vor elf Jahren aus dem Himmel gefallen sind. Wie gut, dass Dr. Joanne Creasy die Expedition auf Spitzbergen überlebt hat. In ihren Händen liegt nun das Schicksal der Orkney-Inseln in Schottland. Parallel dazu plant der Bürgermeisterkandidat von New York seinen Aufstieg. Dazu sind im alle Mittel recht – doch übersieht er dabei die Gefahr der Bäume?

von Daniel Pabst

„Trees 2: Zwei Wälder“ ist der zweite Comic-Teil der Trilogie von Warren Ellis (Text) und Jason Howard (Zeichnungen). In deutscher Übersetzung ist er 2021 bei Cross Cult Comics erschienen. Die Übersetzungsarbeit lieferte Christian Langhagen und für das Lektorat war Matthias Höhne zuständig. Im Vergleich zu Band 1 fällt die Seitenanzahl mit insgesamt 128 geringer aus. Im Anhang findet sich erneut eine zweiseitige Cover-Galerie.

Die Fortsetzung der Mystery-Dystopie erinnert mit seinem Titel „Zwei Wälder“ an andere Werke, die den mittleren Band einer Trilogie darstellen. Da wäre zum Beispiel das berühmte Werk: „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“. Anders als „Die zwei Türme“ aber, folgen die Leserinnen und Leser in diesem Comic nicht den gesamten Charakteren, die im ersten Teil eingeführt wurden. „Trees 2: Zwei Wälder“ erzählt überwiegend die Erlebnisse von nur drei Personen aus Band 1 und führt noch eine weitere Person ein. Dies war so – besonders nach dem liebvollen Exposé von „Trees 1“ – nicht zu erwarten. Ein Stilbruch, der überzeugt?

Nach der explosiven Forschung auf Spitzbergen sind Monate vergangen. Die einzige Überlebende ist Dr. Joanne Creasy, die ihren Krankenhausaufenthalt noch nicht ganz verarbeitet hat. Zudem wird sie von Albträumen des Helikopterabsturzes geplagt, den Bäumen und den mysteriösen schwarzen Blumen, die in der Nähe der Bäume wuchern. Plötzlich wird sie aufgefordert, ins Londoner Innenministerium zu kommen, wo sie vom ständigen Unterstaatssekretär des Innenministers begrüßt wird. Die Unterredung verblüfft, da dieser den Leserinnen und Lesern bislang unbekannt war und an dieser Stelle eine so wichtige Funktion erhält. Er delegiert Creasy auf die Orkney-Inseln. Dort steht einer der mysteriösen Bäume, den sie mit ihrer Erfahrung als Biologin und ihren Erkenntnissen von Spitzbergen untersuchen soll. Dies alles unter strengster Geheimhaltung versteht sich. In Orkney (Schottland) angekommen, ist sie fernab der dystopischen Zukunftsversion Londons, in der selbstfahrende Busse und Drohnen existieren. So gibt es, statt regnerischen Bildern, für die Leserinnen und Leser eine grüne Schafswiese und blauen Himmel zu sehen. Eigentlich ein idyllisches Bild, wäre da nicht der Orkney-Baum …

Unterbrochen wird dieser Handlungsstrang einzig durch den des Bürgermeisterkandidaten für New York mit seinem Berater. Diese planen die erwartete Amtszeit und schmieden bereits kriminelle Pläne mit dem Polizeipräsidenten des NYPD. Auch hat er noch eine eigene Rechnung offen, die er begleichen möchte … Anstatt sich in New York um die Folgen des auch dort stehenden Baumes zu kümmern, gilt es für den Kandidaten dann, eine geheime Organisation auffliegen zu lassen. Setzt der Bürgermeisterkandidat da auf die falschen Prioritäten?



Farblich und von den Zeichnungen her, macht „Trees 2: Zwei Wälder“ wieder einmal von sich reden. Es gelingt Jason Howard sehr gut, mit den rauen Zeichnungen und dem kräftigen Farbeinsatz die Stimmung zu übertragen. Insbesondere der Gegensatz zwischen den Orten London, Orkney und New York überzeugt. Die Handlung von Warren Ellis jedoch kommt diesmal mit dieser Qualität nicht mit. Zum einen war man nach dem sehr guten ersten Teil gewohnt, jede Menge Ortswechsel und gedankliche Sprünge zu machen, was ausbleibt. Zum anderen kann nur eine der hier erzählten Handlungen überzeugen.

Der Handlungsstrang zu Creasy wird gut dargestellt und durch interessante und berührende Momente gestützt, wie zum Beispiel eine Szene in einem kleinen polnischen Restaurant namens „Stracony“ (übersetzt: verloren). Diese kurze Szene, in der sich Creasy einen Kaffee bestellt, steht sehr passend für die verbleibende Hoffnung inmitten einer düsteren und politisch-desaströsen Welt, die durch die Bäume und schwarzen Blumen bedroht wird und in der mehr und mehr die Menschlichkeit aufgehoben wird.

Der Handlungsstrang zu New York aber fällt dagegen viel zu lang aus, und man hätte sich, einem Fortsetzungsband entsprechend, mehr Seiten über die verbleibenden Charaktere aus „Trees 1“ gewünscht. Wirklich spannend sind die Intrigen des Bürgermeisterkandidaten nicht, einzig der stimmungsvolle Höhepunkt erzeugt Tiefe. Wird er tatsächlich Bürgermeister? Liest man die vier Seiten am Ende des Bandes zu der geheimnisvollen Frau aus China und der Frau aus Sizilien als erwartungsvolle Ankündigung eines packenden Finales in „Trees 3: Drei Schicksale“, so kann man sich über diesen mittelmäßigen Teil von „Trees“ noch hinwegtrösten.

Leseprobe

Fazit: „Trees 2: Zwei Wälder“ macht zeichnerisch für einen Comic vieles richtig. Die Geschichte ist leider nicht durchgehend gelungen. Der Stilbruch zu „Trees 1“ erfolgte einfach zu plötzlich. Statt dem, auch für die Leserinnen und Leser zu spürenden Druck der Bäume, macht sich nun ein wenig Langeweile breit. Erwartungsvoll fällt daher der Blick auf den abschließenden Teil: „Trees 3: Drei Schicksale“. In puncto Hoffnung auf ein grandioses Finale kann „Trees 2“ dennoch gut und gerne gelesen werden.

Trees 2: Zwei Wälder
Comic
Jason Howard, Warren Ellis
Cross Cult 2021
ISBN: 978-3-96658-229-2
128 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 20,00

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