Rabenkrieg II: Der Biss der Spinne

Der Krieg gegen das Khemi-Reich hat begonnen: Die al'anfanischen Truppen sind an der Küste gelandet und haben erste Brückenköpfe errichtet. Unter Führung der Generalin Zornbrecht marschiert ein Teil der Armee und mit ihm die Helden als Kundschafter gen Süden ins Landesinnere. Bei den Plänen, Dörfer und damit die feindlichen Kämpfer frühzeitig zu entdecken und Fallen gegen die Armee unschädlich zu machen, klappt nicht alles. Und die launenhafte Generalin entzieht ihre Gunst schneller als man denkt. Kann man ihr noch trauen?

von Ansgar Imme

Nicht ganz vier Monate nach Erscheinen des Auftaktabenteuers lag der zweite Band zur neuen „Al'Anfa“-Kampagne für „Das Schwarze Auge“ von Ulisses Spiele vor. Das war zwar vermutlich etwas langsamer als geplant, aber immer noch in einem passenden Zeitrahmen, vor allem wenn man die oft langen zeitlichen Lücken bei Kampagnen früherer Editionen bedenkt. Wie üblich stehen 64 Seiten in Vollfarbe für Inhalte und Beschreibungen zur Verfügung.

Den Auftakt bildet wie immer das „Inhaltsverzeichnis“ (bei den wenigen Punkten mag man es nur in Anführungsstrichen setzen) sowie Erklärungen genutzter Begriffe im Abenteuer. Die dann folgende Einleitung greift neben einer kurzen Zusammenfassung dieses Abenteuers noch einmal Hintergründe wie auch die Handlung der Kampagne auf, geht auf Verschwörer ein sowie auf geeignete Helden und deren Motivation. Für einen Teil der Texte muss man sich fragen, ob diese Dopplung zum ersten Band (welcher dies auch alles beschrieb) so notwendig ist. Einen zweiten Band einer Kampagne sollte üblicherweise nur derjenige kaufen, der auch bereits den ersten Band und damit genau diese Informationen kennt.

Zum Abenteuer (Spoiler)


Wie im Vorgängerband wird wieder eine Dreiteilung des Abenteuers vorgenommen. Im ersten Teil werden die Helden nach einem kurzen Auftakt in Quinsay mit dem mittleren Angriffskeil der al'anfanischen Armee als Kundschafter vorausgeschickt. Bis zur Ortschaft Menehet sollen Hindernisse beseitigt werden. So warten entsprechend einige Zufallsbegegnungen. Auf einer vorgelagerten Plantage können zudem Informationen über die Ortschaft und ihre Verteidigung erlangt werden.  Bei der Schlacht um die Eroberung des Dorfes trifft die Generalin vielfach falsche Entscheidungen, sodass die Helden gefordert sind, um ein Blutbad unter den Angreifern zu vermeiden.

Im zweiten Abschnitt werden die Helden von der Generalin erneut vorausgeschickt, um den Weg in das nächste Dorf Belam und später Trus auszukundschaften. Hier warten unterschiedliche Herausforderungen wie Kämpfe mit Achaz, einem mohischen Stamm oder eine sabotierte Brücke auf die Helden und gleichzeitig muss mehrfach die jeweilige Umgebung erkundet werden. Zudem können sie auf eine khemische Heerführerin treffen sowie einem mohischen Ritual beiwohnen. Zurück m Lager kommt es zur Konfrontation mit der Generalin, die jedwedes Vorgehen der Helden als Misserfolg betrachtet. Die Schlacht am Hügel von Trus gerät aufgrund der Pläne der Generalin zum Desaster.

Da die Helden ins Gefängnis geworfen werden und ihnen durch die Generalin der Tod droht, bleibt im dritten Teil nur die Flucht. Gleichzeitig ist es ihr Ziel, durch den Dschungel gen Yleha zu reisen und beim Schwarzen General persönlich zu berichten. Neben einigen Zufallsbegegnungen kommt es kurz vor dem Ziel zum Entscheidungskampf mit Verfolgern im Auftrag der Generalin. Wenn die Helden dies erfolgreich bestreiten, gilt es im Fort der Al'Anfaner zum Anführer Oderin du Metuant vorzudringen, diesem zu berichten und ihn zu ihren Gunsten überzeugen.

Als Abenteuerergänzung ist eine Auflistung der Truppenteile der Teilarmee Generalin Zornbrechts und militärischer Ränge der Al'Anfaner, eine Tabelle mit Plündergut, ein Khemi- und Al'Anfa Glossar, eine Karte zum Angriff bei Trus sowie eine kurze Schilderung gleichzeitiger Ereignisse an anderen Orten enthalten.

Kritik

Grundsätzlich folgt die Handlung des zweiten Bandes einem recht starken roten Faden ohne komplexe Verwicklungen. Die Schwerpunkte sind vor allem Reisen durch den Dschungel, Kämpfe und Auskundschaften von Orten, was insgesamt wenig spielerisches Potenzial bietet. Als Erweiterung werden unterschiedliche Nebenhandlungen angeboten, die ein wenig Freiraum für die Spieler bieten. An etlichen Stellen werden allerdings nur Zufallsbegegnungen eingebaut, die mit der Handlung wenig bis gar nichts zu tun haben. Diese sollen vermutlich entweder die Stimmung einfangen oder zur Abwechslung (recht oft) Kämpfe ermöglichen. Dies kann aber schnell zur Frustration der Spieler führen, die im schlechtesten Fall sogar schnell erkennen, dass es sich im weitesten Sinne nur um Füllmaterial handelt.

Im zweiten Band setzt sich zudem der Eindruck des ersten Bandes fort, dass die Herausforderungen eher auf einem niedrigen Grad angesiedelt sind, wie sie eher für Helden in ihren ersten Abenteuern gedacht sind (Dörfer erkunden, Wege sichern etc.). Natürlich auch bedingt durch den Hintergrund der militärischen Kampagne ist der phantastische Anteil der Handlungen zudem gering. Dazu wirken einige Szenen – gerade um die Eroberungen am Ende des ersten und zweiten Kapitels – doch sehr gescripted. Die Taten der Helden haben dabei jeweils wenig Auswirkungen, denn das Ergebnis ist weitestgehend vorgezeichnet.

Auch die Bedeutung für Aventurien ist vergleichsweise gering. Im Gegensatz zur sehr alten Al'Anfa-Kriegskampagne gegen das Kalifat wird hier mit dem kleinen Khemi-Reich einfach keine große Bedeutung offenbar. Mehrfach fragt man sich beim Lesen, warum das vielfach größere und mächtigere Al'Anfa das Khemi-Reich nicht einfach überrennt. Insgesamt wirken das Vorgehen Al'Anfas und eben der Helden nur bemüht mit dem Ziel, den Krieg gegen das kleine Reich unbedingt spielbar zu machen. Dafür fehlen allerdings noch weitere Herausforderungen, vielleicht eben phantastische Anteile (etwa schamanische Magie, alte Hinterlassenschaften im Dschungel etc.) und spannendere Episoden. Es fühlt sich hier oft an, als ob unwichtige, kurze Szenen auf einen Band ausgedehnt werden.

Zuletzt kann man auch über das (beschriebene) Auftreten der Generalin Zornbrecht diskutieren. Sicherlich ist auch in der irdischen Vergangenheit ein Machthaber durch Beziehungen an seine Position bekommen. Aber ob ein solch beschriebenes Verhalten wie im Abenteuer auf Dauer tragbar gewesen wäre? Das Verhalten wirkt zu überzeichnet und hätte auch dezenter die Helden gegen sie aufwiegeln können. Hier sollte der Spielleiter dringend eingreifen. Ebenso sollte er sich Gedanken machen, wie er die Spieler durch Hinweise dazu bringt, die Helden zum Schwarzen General selbst reisen zu lassen, denn dies wird im Abenteuer weitestgehend vorausgesetzt.

Fazit: Auch der zweite Band mag den Rezensenten nicht wirklich überzeugen und fällt sogar eher noch gegenüber dem Auftakt ab. Es findet sich zu viel Füllmaterial in Form von Zufallsbegegnungen, Wertekästen für Gegner und durch Kämpfe. Hier wäre einfach mehr wirkliche Abenteuerhandlung, vielleicht auch mit phantastischen Einwürfen, wünschenswert gewesen. Die Ausarbeitung ist an sich recht solide, ohne aber wirklich zu glänzen. Der Band ist nicht schlecht, weiß aber auch nur begrenzt zu überzeugen. Die Hoffnung bleibt für die Folgebände.

Rabenkrieg II: Der Biss der Spinne

Abenteuerband
Armin Abele, David Schmidt
Ulisses Spiele 2020
ISBN: 3963311002
64 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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