Quill

„Ein Solo-Rollenspiel zum Briefeschreiben“, so der Untertitel des neuesten Streiches aus der „Kleinen Reihe“ des Verlags System-Matters mit dem seltsam anmutenden Titel „Quill“. Meine Neugier ist geweckt – worum handelt es sich hier genau?

von André Frenzer

Nicht nur der spielerische Inhalt des neuesten Titels der „Kleinen Reihe“ ist außergewöhnlich. Auch die vom Verlag gewählte Publikationsform scheint ungewöhnlich: „Quill“ erscheint in Form von drei handlichen A5-Heftchen mit Klammerbindung sowie einem Schreibblock mit Logo im gleichen Format.

Das erste Heft, „Quill“ enthält das eigentliche Spiel. Bei „Quill“ schlüpft der Spieler in die Rolle eines Briefeschreibers in einer mittelalterlich angehauchten Fantasy-Welt. Das Setting wird dabei nicht weiter vertieft, sondern nur mit einigen Schlagworten beleuchtet, die klischeebeladen genug sind, um jedem Leser ein Bild davon zu verschaffen. Innerhalb dieser Welt stehen nun verschiedene Charaktere – wie ein Ritter, ein Adeliger oder ein Dichter – zur Auswahl, die einen wichtigen Brief zu verfassen haben. Die Wahl des Charakters ist dabei nicht unerheblich, denn jeder Charakter bringt eigene Stärken und Schwächen beim Verfassen des Briefes mit. Ziel ist es, mithilfe eines einfachen Probenmechanismus Punkte zu sammeln, die das Ergebnis des Briefes bewerten.

Punkte erhält man sowohl für das Verwenden besonders schöner Wörter, die aus einer Liste ausgewählt werden dürfen, wenn eine entsprechende Probe auf „Sprache“ gelingt. Mit schönen Schnörkeln (die eine „Herz“-Probe erfordern) und einem abschließenden „Schreibkunst“-Test können weitere Punkte eingefahren werden. Die verschiedenen „Szenarien“ stellen dann Gründe vor, warum man mit anderen Personen aus dem Setting korrespondieren sollte. So gilt es Kondolenzschreiben aufzusetzen, einer berühmten Kunsthändlerin den Kauf eines seltenen Porträts anzubieten oder den König vor einer Intrige zu warnen. Die Anzahl der errungenen Punkte entscheidet dann über die Konsequenz, die sich aus dem Brief des Spielers ergibt.

Die beiden weiteren Hefte enthalten zusätzliche Szenarien. Während das Heft „Quill: Liebesbriefe“ einige Szenarien mit eben Liebesbriefen enthält, die es aus unterschiedlichstem Grund zu verfassen gilt, widmet sich „Quill: Schatten + Tinte“ einem cthuloiden Szenario. Gerade „Schatten + Tinte“ ist dabei doppelt interessant, bricht es nicht nur mit dem bisher vorgestellten Setting, sondern führt Lovecrafts fiktives Arkham als Handlungsort ein, nein, tatsächlich lassen sich die hier geschriebenen Briefe zu einer Kampagne verknüpfen. Ganz dem Thema angemessen, geht es hier mit leisen Tönen los, bevor man zum Finale hin das Wirken der Großen Alten erahnen darf.

Das Layout von „Quill“ ist bewusst schlicht gehalten und stellt die Übersichtlichkeit in den Vordergrund. Während das Grundregelwerk und die „Liebesbriefe“ mit historischen Illustrationen versehen sind, wurden „Schatten + Tinte“ einige neue Illustrationen von Axel Weiß spendiert, der bereits für die Illustrationen der „Geh nicht in den Winterwald“-Abenteuerbände verantwortlich zeichnete. Optisch wissen die „Quill“-Bände damit durchaus zu gefallen, und auch Lektorat und Korrektorat geben keinen Grund zur Klage.

Fazit: Schlussendlich punktet „Quill“ mit einem interessanten, frischen und unverbrauchten Spielprinzip. Wer Solo-Abenteuer bislang nur in Spielbuchform kannte, findet hier sicher viele interessante Anregungen, um sich auch einmal alleine in fantastische Welten hineinzuversetzen. Ein wenig Zeit sollte man sich natürlich schon nehmen, doch das gilt ja für die meisten Rollenspiele, die man am Markt so findet. Wer abseits seiner bestehenden Spielgruppe keine Solo-Ausflüge in die Welt des Rollenspiels plant, ist hier aber naturgemäß Fehl am Platze. „Quill“ ist damit so speziell, wie es sein Untertitel vermuten lässt, in meinen Augen aber durchaus lohnenswert.

Quill
Grundregelwerk
Scott Malthouse
System Matters Verlag 2018
ISBN: n.a.
32 S., 16 S. und 28 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 17,95

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