Planet B – Interview mit Freddy vom Hans im Glück Verlag

Irgendwann in einer nicht mehr so weit entfernten Zukunft mussten wir Menschen uns einen neuen Lebensraum suchen. Gerade als wir dachten, uns mit dem Mars zufriedengeben zu müssen, entdeckten wir plötzlich einen neuen Planeten – wir tauften ihn liebevoll Planet B. Dort sollten wir also eine zweite Chance bekommen. Und natürlich hatten wir fest vor, diesmal alles richtig zu machen. Denn wie jeder weiß, lernen wir Menschen sehr gut aus unseren Fehlern … (Hans im Glück Verlag)

von Sabrina

Ringbote: Hallo, Freddy. Du arbeitest als Redakteur beim Hans im Glück Verlag und bist viel beschäftigt. Danke schon mal, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Vor etwa einem Jahr habe ich mit dir den Prototypen von „Planet B“ spielen dürfen und mir gefiel es auf Anhieb. Daher habe ich immer mal wieder gefragt, wie denn so der Stand ist. Vor kurzem erst hast du mir von viel Sarkasmus im Spiel berichtet und ich habe gemerkt, dass du richtig zufrieden mit der Entwicklung und dem Ergebnis bist. Erzähl uns bitte kurz, worum es in „Planet B“ geht, welche Mechaniken bedient werden und wo der Sarkasmus seinen Einzug erhalten hat.

Hans im Glück: Hallo, Sabrina. Brettspiele sind ja auch eine schöne Beschäftigung, da arbeitet man doch gerne viel. „Planet B“ ist im Grunde ein Worker-Placement-Spiel, welches durch einen Wahl- beziehungsweise Mehrheiten-Mechanismus etwas aufgebrochen wird. Während des Spiels bestechen wir auf dem Planeten B mit Aktenkoffern (unseren Aktionsmarkern) Konzerne, welche uns dann erlauben, verschiedene Aktionen durchzuführen. Wir bauen also Gebäude wie den Brettspielverlag, Klonfabriken und Organ-Farmen.

Mit diesen Gebäuden können wir im späteren Verlauf dann richtigen Blödsinn anstellen, um uns hoffentlich möglichst reich zu machen. Wir können aber auch Ressourcen produzieren oder die Medien beeinflussen, indem wir „Fake News“ verbreiten. Wollen wir das politische Amt der Präsidentin übernehmen, müssen wir die Wahl gewinnen, um dann Gesetzen wie „Kinderarbeit“, „69-Stunden Woche“ usw. zustimmen zu dürfen, was Einfluss auf alle Teilnehmenden hat.

Wo ist jetzt da der Sarkasmus? Genau, hört sich alles an wie die Realität! Hat auch keiner behauptet, dass wir auf Planet B alles besser machen würden, oder?

RB: Der Autor des Spiels, Johannes Natterer, ist gleichzeitig Redakteur bei euch im Verlag. „Planet B“ ist sein Erstlingswerk. Normalerweise arbeiten Autor*innen und Redakteur*innen ja nicht so eng zusammen. Wie hat sich das auf die Zusammenarbeit ausgewirkt?

HiG: Nein, ganz im Gegenteil. Wir arbeiten als Verlag beziehungsweise Redakteur:innen sogar sehr eng mit den Autor:innen zusammen. Da die hausinterne Entwicklung schon mal ein bis zwei Jahre oder sogar länger dauern kann, verändern sich die Spiele in dieser Zeit oftmals in verschiedenste Richtungen. Dazu wollen wir natürlich auch Feedback, Ideen, Vorschläge oder nur das Absegnen von den Autor:innen. Im Fall Natterer (höhö, hört sich witzig an) waren quasi Redakteur und Autor die gleiche Person. Umso mehr mussten wir ihm da ab und zu mal auf die Finger klopfen und die Kritik war oft schärfer als bei externen Autor:innen.

RB: Vom Hans im Glück Verlag sind wir ja eher nette, freundliche Spiele gewöhnt. Mit „Planet B“ schlagt ihr eine ganz andere Richtung ein. Intrige, Geldgier, Korruption und Macht sind die zentralen Themen. Habt ihr euch von Anfang an bewusst für diese Richtung entschieden oder hat sich das erst im Laufe der Zeit entwickelt?

HIG: Nett und freundlich also, das merke ich mir mal! Geld, Macht und Korruption waren von Anfang an das zentrale Thema bei „Planet B“. Bevor wir das Spiel allerdings auf einem zweiten Planeten angesiedelt haben, gab es noch andere Themen, von denen wir uns irgendwann verabschiedet haben. Politische Themen sind bei uns im Verlag auch immer wieder Gesprächsstoff, und da sind wir uns zum Glück oft alle einig. Warum also nicht auch mal mit dem Finger dorthin zeigen und Entwicklungen kritisch hinterfragen?



RB: Hattet ihr Bedenken, dass „Planet B“, aufgrund seiner Ausrichtung nicht so gut bei eurem angestammten Publikum ankommen könnte? Moralisch handeln oder etwas Schönes aufbauen, sind ja nun nicht gerade die Ziele in diesem Spiel.

HiG: Uns war klar, dass „Planet B“ auf dem Markt polarisieren wird. Aber lieber ein Spiel, das polarisiert, als ein Spiel, welches nur Mittelmaß ist, oder? Sowohl moralisch handeln als auch etwas Schönes aufbauen liegt ja in der Hand der Spielenden. Es gibt auf jeden Fall viele Wege, das Spiel zu gewinnen. Mit welchen Mitteln, bleibt allerdings allen selbst überlassen. Die Fans unserer Spiele kommen auch bei „Planet B“ wieder auf ihre Kosten.

RB: Wer ist denn aus eurer Sicht die Zielgruppe für das Spiel. Wem könnte „Planet B“ gefallen?

HiG: Aufgrund der Komplexität und der Spieldauer ist die Zielgruppe sicher irgendwo zwischen gehobenem Familienspiel und Expertenspiel. Bei den Anspielungen, Easter Eggs usw. ist, glaube ich, für jeden was dabei, egal wie viel Geek- oder politisches Wissen man aufweist. Natürlich sollte man das Ganze mit einem Augenzwinkern sehen und nicht allzu ernst nehmen.

RB: Ich habe das Endprodukt noch nicht in den Händen gehabt. Aber ich weiß von deinen Berichten, dass ihr auch reale „Persönlichkeiten“ ins Spiel mit eingebaut hat. Wer sich die Karte „Fake News“ einmal genauer anschaut, weiß, was ich meine. Wo war hier die Grenze zwischen, „ja, so können wir es machen“ und „nein, das geht zu weit“ beziehungsweise „da könnte es Probleme geben“?

HiG: Ich weiß überhaupt nicht, was du meinst. ;-) Ich würde sagen: alles von der Kunstfreiheit gedeckt. Nein, Spaß beiseite. Natürlich haben wir auch während der Entwicklung richtig viel Spaß gehabt, während wir Namen, Aktionen und Illustrationsideen gesammelt haben. Genau da haben wir versucht, wirklich alles zu überspitzen, um zu zeigen, dass es sich um Sarkasmus handelt. Natürlich gab es auch Themen, die uns da zu weit gehen, zum Beispiel Antisemitismus, Genozid etc.

RB: Die Welt hat ja noch genug Scharlatane und Schlechtigkeiten zu bieten. Arbeitet ihr bereits an einer Erweiterung?

HiG: Gerade entsteht ein Booster mit ein paar neuen Karten, was nicht heißt, dass unter irgendwelchen Aluhüten schon die ersten Ideen für eine große Erweiterung kochen. Wie immer müssen wir erstmal sehen, wie sich das Spiel auf dem Markt etabliert und auch für eine Erweiterung wollen wir uns gegebenenfalls die Zeit nehmen, richtig spaßigen Blödsinn nachzulegen!

RB: Danke nochmal, Freddy, für das interessante und humorvolle Interview. Ich bin schon sehr gespannt auf die erste Partie „Planet B“.

Planet B
Brettspiel für 2 bis 4 Spielende ab 12 Jahren
Johannes Natterer
Hans im Glück 2022
EAN: 4015566018655
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 74,99

bei Hans im Glück bestellen
bei amazon.de bestellen