Parasyte – Kiseijuu 1

Hitoshi Iwaakas Erzählung „Kiseijuu“ von 1990-1995 wird von Panini Manga neuaufgelegt. Darin enthalten ist die Geschichte um den 16-Jährigen Schüler Shin'ichi Izumi, dessen rechte Hand eine Besonderheit aufweist. In einer sich rapide verändernden Welt muss ausgerechnet Schin'ichi nun das Schicksal in die Hand nehmen.

von Daniel Pabst

Der Manga „Parasyte“ ist bereits etwas älter. Um genau zu sein, stammt das Werk des Mangakas Hitoshi Iwaaka aus dem Jahr 1990. Unter dem Originaltitel „Kiseijuu“ wurde die Science-Fiction-Reihe fünf Jahre später auch abgeschlossen. Insgesamt umfasst die Handlung acht Bände und erscheint als Neuauflage bei Panini Manga. Wie für einen Manga typisch sind die Seiten in Schwarz-Weiß. Eine Ausnahme aber machen 12 Seiten, die in bunt bedruckt wurden. Die Übersetzung übernahm Burkhard Höfler, das Lettering stammt von Monica Rossi.

Es ist kein Geheimnis, dass bei diesem Manga eine Parasiteninvasion auf der Erde im Vordergrund steht. Denn neben dem Titel wird dies zu Beginn mitgeteilt. Geheimnisvoll und ungewohnt dagegen ist die Art und Weise, wie der Mangaka diesen Ausgangspunkt nutzt, um zum Kern der Geschichte vorzudringen. Wenn man sich eine Invasion vorstellt, so schweifen die Gedanken zuerst zu kleinen, grünen Menschen in fliegenden Untertassen, anstatt zu schlangenartigen Wesen, die den Menschen als ihren Wirt auserkoren haben. Der wahre Horror spinnt sich dadurch fort, dass die ausgewählten Menschen durch die Aliens in ihnen fremdbestimmt handeln und es schrecklicherweise auf Mitbürgerinnen und Mitbürger abgesehen haben. Nach nur 22 nervenaufreibenden Seiten des Mangas „Parasyte – Kiseijuu 1“ ist man gefesselt und möchte wissen, was weiter geschieht.

Der Schüler Shin'ichi Izumi hatte Glück im Unglück, da er beim Angriff eines Aliens die Hand erhob und so (nur) seine rechte Hand befallen wurde. Sein Parasit kann sprechen und es entwickelt sich eine bisweilen bizarr anmutende Zweckgemeinschaft. Auch gibt der Parasit sich mit „Migi“ einen eigenen Namen (was im Japanischen „rechts“ bedeutet und etwas über Migis Logik verrät, wählt er diesen doch allein deswegen, weil er in einer rechten Hand lebt). Migi weiß zudem, dass er seinen Wirt zum Überleben benötigt und verhält sich friedfertig ihm gegenüber. Auch möchte er die Erde und ihre Bewohnerinnen und Bewohner studieren. Da kann es schon mal passieren, dass Shin'ichi einschläft, seine rechte Hand sich aber in Büchern vertieft. Wie das gehen soll? Nun, Migi hat neben einem Mund auch Augen! So erklärt sich auch das Cover des Mangas. Neben dem Horror, der durch die anderen mordenden Aliens stattfindet, muss Shin'ichi sein Leben als Schüler weiterleben und so tun, als sei alles normal. Das geht so lange gut, bis ihn andere Aliens entdecken …

Der Manga erinnert an den Science-Fiction- und Horror-Kinofilm „The Thing“ von John Carpenter von 1982, aber entwickelt schnell ein Eigenleben und vereint verschiedene Genre. Neben dem bizarren Horror und der Science-Fiction wurden komische Elemente eingebaut. Dadurch, dass der Protagonist langsam erwachsen wird, ergeben sich automatisch weitere Themenfelder. So werden wir Zeuge, wie eine Liebesgeschichte ihren Anfang nimmt. Aber auch ganz Alltägliches, wie Mahlzeiten oder Gespräche mit Freunden und der Familie sind Teil dieses Mangas geworden, ohne dass diese die Spannung trüben. Hier hat Hitoshi Iwaaka Fingerspitzengefühl bewiesen und sehr gute Unterhaltung geschaffen. Unterstützt wird dies durch die (wenigen) bunten Seiten von Panini Manga, da sie sich abheben und ein Spotlight auf besondere Situationen werfen.

Ebenfalls gelungen ist der Einschub zweier Leserseiten aus den Jahren 1989 und 1991, auf denen der Mangaka Fragen beantwortete. Dadurch erhält man interessante Anregungen zu eigenen Überlegungen. Auch erfährt man dort, dass zu Beginn der Arbeit an „Parasyte – Kiseijuu“ der Gedanke stand, was passieren würde, wenn nichtmenschliche Lebewesen, denen die meisten Menschen keinerlei Wert beimessen, große Macht bekämen. Der Fokus auf die aufgezwungene Beziehung zwischen Shin'ichi und Migi ist nochmal spannender, hat man die Antwort Hitoshi Iwaakas aus dem Jahre 1991 gelesen: „Ich denke nämlich, dass die Menschheit nicht durch statistische Erhebungen, sondern durch die Einstellung jedes Einzelnen gerettet wird“.

Zum Zeichenstil sei abschließend angemerkt, dass auch dieser in der Neuauflage unverändert geblieben ist. Das gibt dem Ganzen einen schönen Retro-Charme, sind die Striche und Konturen, insbesondere bei den Gesichtern, doch über 30 Jahre alt. Das Gesamtwerk wird so für Liebhaber und Liebhaberinnen der verflossenen Zeit aufgewertet.

Fazit: Nach „Parasyte – Kiseijuu 1“ hat man viel erlebt, worüber man sich austauschen möchte. Die Handlung in der eine parasitäre Hand mit Mund und Augen vorkommt, ist bizarr. Hitoshi Iwaaki hat dadurch nicht nur das Interesse an einem außergewöhnlichen Manga geweckt, sondern gewichtige Themen in einer Kunstform behandelt, über die es sich lohnt nachzudenken – und das obwohl der Manga in den 1990er Jahren erschien.

Parasyte – Kiseijuu 1
Manga
Hitoshi Iwaaki
Panini Manga 2022
ISBN: 978-3-9579-8893-5
278 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 8,99

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