Nachtschwarze See (Heldenwerk)

Bereits zum 21. Mal flankiert ein „Heldenwerk“-Abenteuer den „Aventurischen Boten“. Und wieder widmet sich das Thema des Bandes der aktuellen „offiziellen“ Publikationslinie, denn „Nachtschwarze See“ lässt sich hervorragend mit dem aktuellen „Havena“-Material kombinieren.

von André Frenzer

Zwar spielt die Ausgangslage des neuesten „Heldenwerk“-Abenteuers eher im südaventurischen Raum. Da sich die eigentliche Handlung jedoch erst auf hoher See entfaltet, lässt sich das Abenteuer problemlos mit einem einfachen Aufhänger an andere Orte verlegen – so also auch die alte Hafenstadt Havena, wenn sich die Gruppe „zufällig“ gerade hier aufhalten sollte. Doch worum geht es nun eigentlich genau? Spielern, die „Nachtschwarze See“ noch erleben wollen, sei nun angeraten den Rest der Rezension zu überspringen, denn der weitere Text wird den einen oder anderen Spoiler enthalten!

Tatsächlich ist die Rahmenhandlung von „Nachtschwarze See“ recht dünn geraten. Die Helden werden von einer jungen Magierin angeworben, ihr Geleitschutz auf hoher See zu sein. Die Suche nach einem seltenen Artefakt führt sie nach Al’Anfa und sie fürchtet – zu Recht? – Überfälle von Piraten und die übrigen Gefahren des Meeres. Tatsächlich wird die Novizin auf der Überfahrt Ziel einer daimonischen Intrige, ist doch Charyptoroth, Efferds dämonische Widersacherin, höchstselbst dank ihrer Blutlinie an der jungen Frau interessiert. Und so häufen sich alsbald die schlimmen Vorfälle, während die Magierin den Einflüsterungen von Charyptoroths Handlangern zu erliegen droht. Zeit für die Helden also, die daimonischen Umtriebe zu beenden und die Seele der jungen Magierin zu beschützen.

Viel interessanter als die Rahmenhandlung selbst sind die vielen zusätzlichen Informationen, die Autor Daniel Krätz in seinem Beitrag zur „Heldenwerk“-Reihe unterbringt. Neben einem kurzen, nautischen Glossar sind das insbesondere zahlreiche ausgearbeitete Nichtspielercharaktere. So kann man der oft gesichtslosen Mannschaft eines Handelsschiffes ein wenig mehr Leben einhauchen. Dankenswerterweise schreckt der Autor hier nicht davor zurück, Klischees zu bedienen: der harte, aber respektierte Kapitän; der Seemannsgarn spinnende Schiffskoch und das junge, überall beliebte und quirlige Schiffsmädchen sind Bilder, mit denen die meisten Spieler direkt etwas anfangen können.

Dazu kommen einige Anregungen, um den Alltag an Bord etwas abwechslungsreicher zu gestalten und ein einfaches Moralsystem, um die Reaktionen der Mannschaft auf gute wie schlecht Ereignisse bemessen zu können. Ergänzt wird das Ganze dann von einer Reihe profaner wie daimonischer Gefahren, die den Helden bei einer Seereise unterkommen können. Diese zahlreichen Informationen machen „Nachtschwarze See“ zu einem wahren Steinbruch für Seefahrerepisoden in eigenen Abenteuern und sind damit in meinen Augen wertvoller als die dünne und simpel gestrickte Rahmenhandlung, die all diese Begegnungen und Episoden zusammenhält.

Layout und Aufmachung orientieren sich natürlich an dem für die Reihe üblichen Design. Die wenigen Zeichnungen sind allesamt auf einem sehr ordentlichen Niveau. Insbesondere die Porträts der daimonischen Kreaturen haben mir gut gefallen.

Fazit: Meine vorbehaltlose Empfehlung gilt jedem Spielleiter, der ein paar Anregungen und Ideen sucht, um eine Seefahrtsepisode in seiner laufenden Kampagne ein wenig mehr auszuschmücken. „Nachtschwarze See“ ist hier ein rechter Ideensteinbruch. Weniger als andere „Heldenwerk“-Abenteuer aber trägt es in vorliegender Form über einen Spielabend – dafür ist die eigentliche Abenteuerhandlung etwas eindimensional geraten.

Nachtschwarze See (Heldenwerk)
Abenteuerband
Daniel Krätz
Ulisses Spiele 2018
16 S., PDF, deutsch
Preis: EUR 3,42

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