Ein Fest für die Augen (Heldenwerk)

Schon öfters flankierten die dem „Aventurischen Boten“ beiliegenden „Heldenwerk“-Abenteuer aktuelle Publikationen. So verwundert es nicht, dass auch „Wege der Vereinigungen“ ein eigenes „Heldenwerk“-Abenteuer erhält. Doch braucht es das nach zwei Abenteueranthologien wirklich?

von André Frenzer

Tatsächlich unterscheidet sich „Ein Fest für die Augen“ merklich von den in den Abenteueranthologien enthaltenen Abenteuern, geht es doch hier direkt gegen belkelelgefällige Umtriebe. Bevor ich mich jedoch der eigentlichen Abenteuerhandlung widme, sei die obligatorische Spoilerwarnung vorgebracht: Spielern, die das Abenteuer noch erleben wollen, rate ich dazu, die folgende Rezension nicht zu lesen.

„Ein Fest für die Augen“ spielt in Zorgan. Hier ist eine von Zorganpocken entstellte junge Frau einen gefährlichen Pakt mit Belkelel eingegangen, um ihre eigene Schönheit wiederherzustellen. Die Paktiererin gründete einen eigenen Zirkel und schuf mit Hilfe einer Alchimistin eine daimonische Salbe, die ihre zernarbte Haut wieder glatt und schön machte. Schon bald begann der Zirkel damit, diese Salbe auch an betuchte Kunden zu verkaufen. Doch das Geschäft mit Dämonen geht normalerweise mit Nachteilen einher. So werden die Kunden alsbald abhängig von der Salbe und verfallen ohne ihre regelmäßigen Portionen in wütende Aggressivität.

Die Helden geraten unversehens in den Strudel der Ereignisse, als sie ein Förderfest des berühmten zorganer Typographischen Institutes besuchen. Hier lernen sie die junge Schreiberin Emiramis saba Gaynara kennen, die diesen Abend allerdings nicht überleben wird. Denn im Garten des Institutes, in dem die junge Frau eine Lieferung der daimonischen Salbe erwartet, findet sie durch die Hand eines anderen, ebenfalls abhängigen Kunden den Tod. Für die Helden gilt es nun nicht nur einen Mordfall aufzuklären, sondern auch das Motiv der Tat herauszufinden. Und natürlich wären die Helden keine Helden, würden sie nicht – nachdem alle Fakten auf dem Tisch liegen – gegen die Belkelel-Paktiererin in den Kampf ziehen.

„Ein Fest für die Augen“ ist damit eine Mischung aus Detektiv- und Kampfabenteuer. Diese Mischung ist eigentlich nicht schlecht gelungen, doch die Kürze des „Heldenwerk“-Formates sorgt dafür, dass keiner der beiden Aspekte so recht zur Geltung kommen will. Der Mordfall ist anhand einer schlüssigen Indizienkette aufzuklären und dürfte die Helden kaum vor ernsthafte Probleme stellen – auch, wenn die interessante Konstellation angeregt wird, dass einer der Helden zu den Verdächtigen gehören könnte. Und das Geheimversteck des Belkelel-Zirkels ist letztendlich auch „nur“ ein Stadthaus mit wenigen Etagen, in dem es abseits der Paktiererin und eines niederen Dämonen kaum echten Widerstand für die Heldengruppe zu erwarten gibt. Was bleibt, ist ein nettes Abenteuer für einen, vielleicht auch zwei kurze Abende, das mit einem gewissen Abwechslungsreichtum das Wirken der Dämonenfürstin Belkelel in den Mittelpunkt stellt und damit immerhin eine Abwechslung zu den Intrigenspielen im Horasreich bietet, die „Wege der Vereinigungen“ in den beiden Abenteueranthologien begleiteten.

Layout und Aufmachung orientieren sich natürlich an dem für die Reihe üblichen Design. Die wenigen Zeichnungen sind allesamt auf einem sehr ordentlichen Niveau. Gerade das Kartenmaterial für das Hauptquartier des Paktierer-Zirkels ist aber arg klein ausgefallen und hätte etwas mehr Platz verdient gehabt.

Fazit: „Ein Fest für die Augen“ ist ein abwechslungsreiches, wenn auch reichlich kurz geratenes Abenteuer mit einer interessanten Prämisse. Es zeigt zugleich Stärken und Schwächen der „Heldenwerk“-Reihe und reiht sich damit im qualitativen Mittelfeld dieser Publikationsform ein.

Ein Fest für die Augen (Heldenwerk)
Abenteuerband
Christian Nehling
Ulisses Spiele 2018
16 S., PDF, deutsch
Preis: EUR 3,39

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