Liber Xenologis

Die von der Menschheit im 41. Jahrtausend eroberte Galaxis ist riesig, und das Imperium umfasst unzählige Welten. Da gibt es natürlich eine breite Vielzahl unterschiedlicher Xenos-Spezies, die im zugehörigen Tabletop-Spiel „Warhammer 40.000“ bislang kaum gezeigt wurden. Das „Liber Xenologis“ will diesen Hintergrund aufgreifen und vertiefen.

von Jens Krohnen

Das „Liber Xenologis“ trägt dabei den bedeutungsschwangeren Untertitel „Beobachtungen aus einer Schwarzen Festung“. Kenner des „Warhammer“-Hintergrundes wissen, dass erst vor Kurzem eine der seltsamen „Schwarzen Festungen“ aufgetaucht ist, die seither von Glücksjägern und Grabräubern aller Art untersucht und geplündert wird. Und eben dort hält sich auch der fiktive Autor des Buches, Schiffsmeister Janus Draik auf, und teilt mit uns seine Gedanken über die in der Schwarzen Festung – aber auch im Rest der Galaxis – anzutreffenden Xenos-Spezies.

Insgesamt werden auf knapp 200 Seiten rund 60 Einträge präsentiert. Dabei werden sowohl die dem Rollen- und Tabletop-Spieler wohlbekannten Spezies – wie die geheimnisvollen Aeldari, die expansionistischen T’au, die alles verschlingenden Tyraniden oder die brutalen Orks – genauer vorgestellt, als auch eine ganze Reihe mir nahezu unbekannter Kreaturen. Während man einige Einträge noch in den Codizes der verschiedenen Armeen wiederfinden kann – wie die Catachanischen Teufel (riesige Gliederfüßer mit einem an eine Todeswelt angepassten Appetit) oder unterschiedlichste Squig-Varianten – so werden doch viele neue Ideen präsentiert, wie die insektenartigen Psychneuein, die sich am Geist von Psionikern laben oder die zyklopenhaften Mjordhainn-Plünderer. Darüber hinaus widmen sich einige Kapitel nicht direkt Kreaturen, sondern stellen Jagdmethoden des Schiffsmeisters vor, geben einen Überblick über die Geschichte der Xenologie oder widmen sich Xenos-Technik.

Die vom Autoren Darius Hinks gewählte „Ingame“-Perspektive verleiht dem „Liber Xenologis“ einen ganz eigenen Reiz. Zum einen, weil wir tief in die Gedankenwelt eines imperialen Freihändlers und Schiffsmeisters, Janus Draik, eintauchen können. Seine Arroganz und Selbstsicherheit spiegeln das Imperium und seinen Umgang mit Xenos-Lebensformen perfekt wider. Dazu hat Hinks die Möglichkeit genutzt, ein paar falsche Informationen in seinem Buch unterzubringen, die schlicht den Wissensstand des Freihändlers wiedergeben. So ordnet er beispielsweise Symbionten nicht dem Volk der Tyraniden zu und beschreibt sie als eigenständige Spezies. Summa summarum ergibt sich für den Kenner des Hintergrundes so ein noch gesteigertes Lesevergnügen, kann er doch zugleich Neues entdecken, aber auch Altbekanntes manchmal in interessanter Interpretation neu kennenlernen.

Die Aufmachung des „Liber Xenologis“ ist ausgezeichnet. Das Buch erscheint als gewichtiges und großformatiges Hardcover-Werk. Cover und Buchrücken sind großzügig mit Prägungen und Goldschnitt versehen, sodass das Buch wirklich hervorragend aussieht. Die Illustrationen im Inneren teilen sich in großformatige Farbillustrationen und kleinere, als Vignetten verwendete Schwarz-Weiß-Skizzen auf. Alle teilen jedoch ein sehr hohes Niveau. Das Layout ist großzügig und aufgelockert, die verwendeten Schriften – selbst die von Janus Draik handschriftlich hinterlassenen ergänzenden Notizen – sind gut lesbar. Ein Lesebändchen rundet das Gesamtpaket ab. Da sich auch kaum Rechtschreibfehler in das Buch eingeschlichen haben, kann ich hier nur eine gute Note vergeben.

Bleibt die Frage nach der Nützlichkeit des Buches. Das „Liber Xenologis“ ist nämlich schlussendlich „nur“ ein Bildband und eine sehr grobe Settingbeschreibung. Es gibt keine Spielwerte, weder für das Tabletop noch für eines der zahlreichen „Warhammer 40.000“-Rollenspiele. Auch werden wirklich ausschließlich Alienrassen beschrieben – keine Warp-Entitäten, keine Raumschiffe, keine Planeten. Und dennoch erweitert es den Hintergrund um so viele interessante Facetten und weiß – gerade in seinen kürzesten Einträgen – so viele interessante Ideen zu platzieren, dass ich das „Liber Xenologis“ wirklich allen empfehlen möchte, die tiefer in das „Warhammer“-Universum eintauchen möchten. Dass es darüber hinaus ein wunderschönes Buch ist, welches sich auch repräsentativ verwenden lässt, schmälert seinen Nutzen auch nicht.

Fazit: Ein wunderschöner Bildband für Selbermacher unter den Spielleitern oder alle, die tiefer in das Setting des 41. Jahrtausends eintauchen möchten.

Liber Xenologis
Quellenmaterial
Darius Hinks
Black Library 2021
ISBN: 978-1781935514
204 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 55,00

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