von Frank Stein
Das vollfarbige Hardcover-Buch erscheint im handlichen Format von ca. 19 x 24 cm und steht damit gut in einer Reihe neben den Figurenlexika zu „Star Wars“ oder „Marvel“, die bisher bei DK erschienen sind. Der Umfang liegt bei 200 Seiten, es wirkt allerdings deutlich dicker, was daran liegt, dass mehr als die Hälfte des Platzes für eine Papphülle draufgeht, in der eine Original-Games-Workshop-Miniatur versteckt ist. Es handelt sich um den Space Marine Lieutenant Titus, der durch das Videospiel „Warhammer 40.000 – Space Marine“ berühmt geworden ist. Wie für Games-Workshop-Figuren typisch wird er ein Einzelteilen im Gussrahmen geliefert, das heißt man muss ihn erst herauslösen und zusammenstecken (immerhin wird kein Plastikkleber benötigt), bevor man die Figur in den Händen halten kann. Schön ist, dass Titus bereits im passenden Ultramarines-Blau gegossen wurde, von der perfekt bemalten Gestalt in der Ecke des Covers ist er dann natürlich immer noch weit entfernt. LEGO-Sonderfiguren sind für junge Leser dankbarer als Bonus.
Um an die Figur heranzukommen, muss man übrigens eine Papplasche im Inneren des Buchs aufreißen, ein Akt der Zerstörung, der nicht jedem Buchliebhaber gefallen dürfte. Allerdings konnte das DK kaum anders lösen, sonst wäre die Gefahr groß gewesen, dass die Figur im Handel allzu leicht Beine bekommt. Dabei das vorliegende Buch ist derzeit die eindeutig preiswerteste Methode, um an die Titus-Miniatur heranzukommen. Einzeln wird der gute Mann in „Warhammer 40.000“-Verpackung für um die 30 Euro verkauft, außerdem lag er zuvor noch dem kleinen „Space Marine“-Einsteiger-Brettspiel bei, das eine Weile bei deutschen Händlern wie Müller und Thalia verkauft wurde, mittlerweile aber vergriffen ist.
Aber kommen wir zum Buch selbst. 120 namhafte Gestalten des „Warhammer 40.000“-Universums werden auf den genannten 200 Seiten vorgestellt. Los geht es dabei mit einem sehr umfangreichen Inhaltsverzeichnis, das die Struktur des Nachschlagewerks verdeutlicht. Nach einer kurzen Einleitung und einer interessanten Zeitleiste, die in Schlaglichtern die Entwicklung der Galaxis vom Anbeginn der Erinnerung bis zur aktuellen Ära Indomitus nachzeichnet. Danach folgen drei große Blöcke: das Imperium, Chaos und Xenos. Ein Schluss hilft ein Glossar mit dem Verständnis der wichtigsten Begrifflichkeiten, eine Fraktionsübersicht bietet Kurzinformationen zu den zuvor nur erwähnten Einheiten – von den Blood Angels über die Inquisition bis zu den World Eaters – und ein alphabetisches Register schließlich erleichtert den schnellen Zugriff, sollte man nach bestimmten Persönlichkeiten, Gruppierungen etc. suchen. Am Drumherum gibt es absolut nichts zu mäkeln.
Die 120 Einträge, das Herz des Bandes, sind alle in gleicher Weise aufgebaut. Der Umfang liegt bei einer Seite für Nebenfiguren, zwei Seiten für wichtigere Gestalten und vier Seiten für die größten Berühmtheiten des Universums, etwa den Ultramarine-Primarchen Roboute Guilliman oder den Kriegsherr des Chaos Abaddon der Vernichter. Jeder Eintrag bietet einen kleinen Datenbank-Kasten, der Name, Rang, Zugehörigkeit und Ausrüstung auflistet. Ein kleiner Fließtext bringt uns die Figur näher, dazu gesellen sich die berühmten DK-Infoschnipsel, die rings um die Bebilderung angeordnet sind. Längere Einträge weisen auch gern mal eine kurze Zeitleiste mit den größten Taten der Figur auf oder aber eine kleine Tabelle, die auflistet, in welchen Büchern, Filmen oder Videospielen man diese besonders prominent präsentiert bekommt. Bei unserem guten Titus sind das beispielsweise die zwei „Space Marine“-Videospiele und der Animationsfilm „Secret Level: Kenne keine Furcht“.
Die Bebilderung hat mich zugegeben anfangs überrascht. Denn die Figuren werden nicht primär durch Zeichnungen oder Filmfotos vorgestellt, sondern stilecht durch perfekt bemalte Games-Workshop-Miniaturen. Dabei handelt es sich erkennbar um Product Shots, die man so auch auf der GW-Website und in GW-Printwerken findet. Das ganze Werk ist also auch gewissermaßen eine 200-seitige Werbeshow für die fantastischen Figuren von Games Workshop, aber ganz ehrlich? Das stört kein bisschen. Ich finde es sogar passend, dass sich die Macher hier an das halten, was „Warhammer 40.000“ im Kern ausmacht, nämlich sein figurenlastiges Tabletop-System, das jahrzehntelang die tollsten Modelle auf den Markt gebracht hat. Ganz abgesehen davon ist diese Vorgehensweise auch nicht ohne Präzedenzfall: Bei den LEGO-Figurenlexika ist DK natürlich genauso vorgegangen, bloß war es hier auf dem Cover schon deutlich, dass wir LEGO-Minis präsentiert bekommen.
Was den Informationsgehalt angeht, kommt es sicher darauf an, wie gut man sich bereits auskennt. Für mich als interessierten Laien im Genre „Warhammer 40.000“ war er enorm hoch. Ja, wie bei allen DK-Lexika bekommt man das Wissen sehr fragmentiert geboten, aber je mehr Seiten man durchschmökert, desto mehr entsteht ein Bild der Galaxis und ihrer Bewohner und aus namenlosen Modellen, die man zuvor über den Spieltisch geschoben hat, werden Helden und Schurken wie die Space-Marines-Heroen Marneus Calgar oder Lion El’Johnson, die Chaosdiener Ahriman oder Mortarion, Orkboss Ghazghkull Thraka oder der Ex-T’au-Held Commander Weitsicht – mit einer Geschichte und Beziehungen, was jeder Partie nochmal eine besondere Tiefe verleiht.
Der einzige Wermutstropfen des Werks ist, dass es natürlich weder vollständig noch brandaktuell sein kann. Dabei macht es GW mit seinem extrem hohem Produktausstoß und den kurzen Lebenszyklen von Figuren dem Verlag auch nicht gerade leicht. So fehlen beispielsweise Neuzugänge der Space Marines wie Cato Sicarius, Ferren Areios oder Suboden Khan, auch die Helden und Schurken der 2025er-Produktreihe „The Horus Heresy“ glänzen, sofern sie nicht auch in der Gegenwart noch eine Rolle spielen, weitgehend durch Abwesenheit.
Fazit: „Warhammer 40.000“ ist seit Jahrzehnten schon der Platzhirsch unter den Tabletop-Spielen und bietet ein Universum, das kaum weniger komplex ist als das berühmter Science-Fiction-TV- und Kino-Franchises. In meinen Augen war es höchste Zeit, das dem auch durch ein wenig popkulturelles Begleitmaterial Rechnung getragen wird. Das vorliegende Buch lässt für Neulinge namenlose Spielmodelle zum Leben erwachen, Alt-Fans freuen sich über die Zusammenfassung von Wissen aus zig Quellen. Dabei tragen nicht zuletzt die großartig bemalten Figuren von Games Workshop, die hier die Einträge bebildern, dazu bei, die Faszination für „Warhammer 40.000“ zu befördern. Nicht nur ein perfekter Werbe-Katalog für GW, sondern auch ein toller Begleitband, der sich perfekt im Regal von Fans macht – vor allem Neueinsteigern, aber nicht nur.
Warhammer 40.000 Lexikon der Figuren
Sachbuch
Wade Pryce
Dorling Kindersley 2025
ISBN: 978-3-8310-5192-2
200 S., Hardcover, deutsch
Preis: 34,95 EUR
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