Warhammer 40.000: Der Schild der Heiligen

Der Umfang der vom Verlag Black Library, zu Games Workshop gehörend, veröffentlichten „Warhammer“- und „Warhammer 40.000“-Romanreihen ist mittlerweile beeindruckend. Neben langlebigen und seitenstarken Reihen wie den „Horus Heresy“-Erzählungen oder den „Gotrek und Felix“-Romanen gibt es auch eine ganze Menge alleinstehender Bücher. „Der Schild der Heiligen“ erzählt die Geschichte einer Adepta Sororitas.

von André Frenzer

Rachel Harrison ist im Rahmen des „Warhammer 40.000“-Universums keine unbekannte Autorin. Während sie zunächst eine ganze Reihe unterschiedlichster Kurzgeschichten für beide Spiel-Universen verfasste, legte sie mit „In Treue und Glauben“ ihr Romandebüt vor. Rezensenten lobten dort bereits die hohe Dichte der Charakterzeichnung. Die beiden Romane „Feuer des Glaubens“ und „Hammer des Glaubens“, beide von James Swallow, wiederum führten das Adeptus Sororitas in die Romanreihen der Black Library ein. Diese Schwesternschaft ausgebildeter Soldatinnen bilden den militärischen Arm der Ekklesiarchie, der Kirche des „Warhammer 40.000“-Universums. Nun also widmet sich Harrison diesen Krieger-Nonnen. Worum geht es?

„Das Schild der Heiligen“ nimmt Bezug auf die letzte größere Entwicklung in der Storyline von „Warhammer 40.000“. Cadia ist im Zuge des 13. Kreuzzugs des Chaos gefallen und ein gigantischer Warpriss hat das Imperium in zwei Teile getrennt – ein dunkles Imperium jenseits des Risses und den Teil, der Terra (und damit dem Leuchtfeuer des Imperators) zugewandt liegt, diesseits. Der Roman beginnt mit der Schlacht um Ophelia VII, eine Klosterwelt des Adeptus Sororitas. Die Adepta Evangeline kämpft an der Seite ihrer Schwestern gegen die eindringenden Horden des Chaos, als ein großer Dämon des Tzeentch ihren gesamten Trupp niedermacht. Als eine von wenigen wird Evangeline nicht von den Warpfeuern verschlungen, sondern überlebt – und das nicht nur bloß leicht verletzt, sondern mit einem Mal des Imperators gesegnet. Die so Gesegnete wird auf eine besondere Pilgerfahrt geschickt und soll ein wertvolles Artefakt – den Schild der Heiligen Katharina – aus dem dunklen Imperium jenseits des Risses retten.

Dieser Pilgerfahrt wird sich nicht nur eine erkleckliche Anzahl ihrer Schwestern anschließen, sondern auch die Inquisitorin Ravara. Diese wird von ihren Träumen geleitet und hat die vom Imperator gesegnete Evangeline in ihren Träumen gesehen. Angetrieben von den Schatten ihrer eigenen Vergangenheit, verfolgt Ravara aber auch durchaus eigene Ziele, welche mit Evangelines Auftrag zu tun haben.

Zunächst einmal muss ich attestieren, dass es Harrison hervorragend gelingt, mit Evangeline und Ravara zwei sehr komplexe und vielschichtige Charaktere zu zeichnen. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive dieser beiden ungleichen Protagonistinnen erzählt. Anhand der jeweiligen Kapitelüberschrift – welche stets den jeweiligen Namen trägt – fällt es dem Leser leicht, diesen Perspektivwechseln auch zu folgen. Beide Hauptcharaktere sind von Zweifeln, Schatten ihrer Vergangenheit und Sorgen vor der Zukunft innerlich zerrissen und sich in diesem Punkt ähnlicher, als es ihnen beiden bewusst sein dürfte. Dadurch, dass wir die anderen Charaktere des Romans nur aus der Ich-Perspektive von Schwester und Inquisitorin erleben, erhält man eine erstaunlich enge Bindung zu den übrigen Figuren, da schnell klar wird, welche anderen Charaktere den Protagonistinnen besonders am Herzen liegen.

Auch sprachlich ist „Der Schild der Heiligen“ ein toller Roman geworden: Harrison beschreibt bildhaft und detailliert, ja manchmal geradezu detailverliebt. Dabei macht sie keinen Unterschied, ob es sich um eine prachtvolle Kathedrale oder einen furchtbaren Kampf gegen einfallende Dämonen handelt. Das bedeutet: Dieser Roman ist sicherlich keine leichte Kost. Sowohl die dramatische Tiefe der Charaktere als auch die unverblümte Grausamkeit, mit der Harrison die brutalen Schlachten des vierzigsten Jahrtausends beschreibt sorgen dafür, dass sich hier keine rechte Wohlfühlatmosphäre einstellen will. Dennoch fesselt sie mit ihrem Stil an das Buch, kein Zweifel. Selbst der Antagonist der Geschichte, dessen Motive erst am Ende des Buches enthüllt werden, erhält mit wenigen Worten eine geradezu tragische Dramatik.

Allerdings handelt es sich bei „Das Schild der Heiligen“ nicht um einen „typischen“ „Warhammer“-Roman. Es ist kein Buch über epische Schlachten, heroische Taten und große Kanonen. Natürlich spielen Kämpfe eine Rolle, doch vielmehr verliert sich der Roman tief in den Charakteren, in ihren Sorgen, Ängsten und Hoffnungen. Wer seichte „Military-SF“-Unterhaltung sucht, ist hier fehl am Platze.

Fazit: „Der Schild der Heiligen“ ist ein unter die Haut gehender Roman, welcher in erster Linie von der Tiefe der Charakterzeichnung der beiden Protagonistinnen lebt. Freunde von militärischer Action-Science-Fiction kommen eher weniger auf ihre Kosten.

Warhammer 40.000: Der Schild der Heiligen
Rollenspiel-Roman
Rachel Harrison
Black Library 2020
ISBN: 978-1-78193-440-1
368 S., Hardcover, deutsch
Preis: 22,50 EUR

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