Gruselkabinett 163: Der letzte Wille der Stanislawa d’Asp

Das Leben des Hanns Heinz Ewers liest sich facettenreich und widersprüchlich. Die Vielfalt seiner Schriften ebenso, aber seine Werke scheinen sich gut für die Vertonung eignen. „Der letzte Wille der Stanislawa d’Asp” ist bereits die vierte Geschichte, die in der Reihe des „Gruselkabinetts“ veröffentlicht wird.

von KaiM

Die Liebe eines Mannes kann unendlich und endgültig sein. Diese Geschichte ist ein Beispiel für die Leidensfähigkeit eines Mannes, der seine bedingungslose Liebe zu einer Frau akzeptiert hat.

Der Graf Vincent ist kein Schürzenjäger, im Gegenteil. Er verliebt sich, scheinbar ohne jeden Grund, in eine Frau, die weit unter seinem Stand lebt und liebt. Ihre Käuflichkeit ist für ihn kein Problem, und obwohl dies zu jener Zeit sicher mehr als Grund genug gewesen sein mag, sich gesellschaftlich vollkommen zu isolieren, wirbt er offen und beinahe aggressiv um sie. Seine Bekundungen sind laut und fast flehend, aber obwohl wahrscheinlich viele Frauen diese Chance ergriffen hätten, weist sie ihn ab. Nicht einfach, sondern mehrfach. Nicht liebevoll, sondern mehr als direkt und abschätzig. Nichts deutet darauf hin, dass sie sich ihm jemals zuwenden könnte, und doch gibt er nicht auf und wird beinahe zur Plage für die junge Frau.

Wer nun denkt, er würde sich im Laufe der Zeit ändern oder seine Liebe vielleicht irgendwann in Wut umschlagen, der täuscht sich. Er liebt sie und ist bereit, noch viel mehr zu erdulden, um sie bei sich zu wissen. Schließlich erkrankt die Umgarnte schwer und gibt seinem Werben endlich nach, der zwar unendlich glücklich ist, aber sich damit noch nicht zufrieden geben kann. Ohne eine Heirat wäre sie zwar sein, aber diese Unvollkommenheit auf immer ein Dorn in seinem Fleisch. Also geht das Spiel von vorne los. Er bekniet sie und sie weist ihn ab, bis sie ihn schließlich mit einer List endgültig von seinen Hochzeitsplänen abbringen will. Aber dann tritt ein Mann in das Leben der beiden, der in ihr ein unbekanntes Feuer entfacht. Die Geschichte nimmt ihren Lauf und die Liebe bleibt der Fixstern der Erzählung, die erahnen lässt, in welche Richtung es gehen wird. Schließlich ist es soweit und man erfährt, was es auf sich hat mit dem „Letzten Willen der Stanislawa d’Asp“.

Die Dichte der Geschichte ist außergewöhnlich. Gut platzierte Effekte versetzen den Hörer in die jeweilige Szenerie und die Musik untermalt die Handlung gekonnt mal treibend und mal dezent im Hintergrund. Die Sprecher sind super besetzt und verleihen ihren Charakteren sehr viel Leben. Daniela Hoffmann, Patrick Bach, Dietmar Wunder und Peter Weis als Hauptfiguren und Erzähler sprechen mit Leidenschaft, und man möchte ihnen jedes Wort glauben.  

Fazit: Die Geschichte ist in drei Akte geteilt, und jeder Teil hat seine eigene faszinierende Stimmung. Ich mag die Story und natürlich auch die sehr atmosphärische Umsetzung, die wieder eine sehr hohe Qualität aufweist. Der Titel aber weckt hohe Erwartungen an genau jenen Moment, wenn der letzte Wille zum Tragen kommt. Ich kann nur empfehlen, sich davon nicht ablenken zu lassen, denn Musik, Geräusche und vor allem die Sprecher ergeben zusammen eine toll umgesetzte Erzählung.

Gruselkabinett 163: Der letzte Wille der Stanislawa d’Asp
Hörspiel nach der Geschichte von Hanns Heinz Ewers
Marc Gruppe
Titania Medien 2020
ISBN: 978-3-7857-8190-6
1 CD, ca. 76 min., deutsch
Preis: EUR 8,99

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