von Shadow
Joron Twiner ist Kapitän eines heruntergekommenen Schiffs und einer Mannschaft aus verurteilten Verbrechern, die zur Strafe auf das Schiff versetzt wurden. Aufträge haben die Seeleute schon lange nicht mehr ausgeführt, lieber geben sie sich die Trunkenheit hin, bis eines Tages Meas, eine Tochter der aktuellen Landesherrscherin, auftaucht. Sie reißt den Rang des Kapitäns an sich und erinnert die Mannschaft an ihre Aufgaben. Aus Respekt vor ihrer Herkunft gehorchen die Seeleute ihr, und es stellt sich heraus, dass sich viele fähige und auch motivierte Leute unter der Besatzung befinden. Schon nach wenigen Tagen bekommen sie ihren ersten Einsatz, der bereits eine große Herausforderung darstellt. Die eigentliche Mission steht ihnen allerdings noch bevor: Sie sollen den letzten Meeresdrachen finden, aus dem die Knochen für Schiffe gewonnen werden. Knochenschiffe sind erheblich hochwertiger als ein gewöhnliches Schiff, weshalb die Knochen heiß begehrte Ware sind. Hinter diesem Auftrag steckt jedoch mehr als nur eine lukrative Beute.
Es ist spannend zu beobachten, wie Joron Twiner sich verändert. Aus dem Trunkenbold, der als Kapitän Angst vor seiner eigenen Mannschaft hat, entwickelt sich immer mehr ein kompetenter Anführer. Aus einer orientierungslosen und müßigen Schiffsmannschaft werden fachkundige und gefürchtete Seeleute. Die persönliche Entwicklung der Charaktere und das Leben auf See werden detailreich beschrieben, wodurch man gut in diese fiktive Welt eintauchen kann. Eine Besonderheit hierbei ist, dass es sich bei dieser Welt um eine Eigenkreation handelt mit zahlreichen neuen Ideen und eigenartigen Kreaturen. Es gibt Parallelen zum Spätmittelalter, was man in erster Linie an den Waffen und Werkzeugen erkennt, doch insgesamt entdeckt man viel Neues oder alt Bekanntes mit neuem Namen, wie die Ränge auf See. Hierfür gibt es eigene Begriffe, wie beispielsweise der Kapitän, der sich immer Schiffsfrau nennt – unabhängig vom Geschlecht. Hinter Bezeichnungen wie Deckkinder, Hexenhand oder Knochenmeister steckt nichts völlig Unbekanntes, dennoch verleihen diese der Geschichte etwas Einzigartiges.
Bis man sich in diesem neuartigen Universum eingefunden hat, benötigt man ein wenig Zeit, was sich aber auszahlt. Wem das Setting grundsätzlich zusagt, der wird sich an diesen Details erfreuen. Stellenweise ist es anfangs schwierig, die neuartigen Bezeichnungen zuzuordnen. Oft tauchen diese zunächst mehrmals im Text auf, bevor sie erklärt werden. Ein Glossar am Ende schafft Abhilfe, aber nur zum Teil, da einige Begriffe fehlen. Die Namen der Charaktere prägen sich manchmal nur schwer ein, da sie ungebräuchlich sind. Nach diesen Startschwierigkeiten erwarten den Leser actionreiche Kämpfe und überraschende Wendungen, wie beispielsweise durch Intrigen innerhalb der Mannschaft. Für Spannung sorgen Herausforderungen wie eisige Stürme oder eine Aufgabe an Land – welcher die Seeleute nur widerwillig nachgehen. Neugierde weckt ein magiebegabtes Vogelwesen, das den Wind beeinflussen kann und somit die Reise sehr erleichtern könnte, jedoch ist es eigensinnig und zeigt Verhaltensweisen, die für Menschen zunächst unverständlich sind.
So einzigartig wie die Welt ist auch das optische Erscheinungsbild des Buches, dessen Cover eine ansprechende Illustration eines Meeresdrachen zeigt. Auf der Innenseite sieht man eine wundervolle Zeichnung eines Knochenschiffes und eigenartige Meereslebewesen. Man erkennt, dass diese Kunstwerke mit Sorgfalt eigens für diese Geschichte erschaffen wurden.
Leseprobe
Fazit: „Die Knochenschiffe“ bietet eine neuartige Welt, die mit ausführlichen Beschreibungen nähergebracht wird. Somit eignet sich die Trilogie vor allem für Leser, die eine Liebe zum Detail haben und Eigenkreationen zu schätzen wissen. Nachdem die Geschichte Fahrt aufgenommen hat, erlebt man actionreiche Kämpfe, überraschende Wendungen und insgesamt ein spannendes Abenteuer.
Gezeitenkind 1 – Die Knochenschiffe
Fantasy-Roman
R. J. Barker
Panini Books 2022
ISBN: 978-3-8332-4181-9
608 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 17,00
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