von Alice

Nur wenige Menschen tolerieren Hexen, andere ignorieren sie oder töten sie gar – so wie der gefürchtete Hexenschlächter. Dieser hat Smillas Familie ermordet, und Smilla konnte nur überleben, weil sie zufällig weg war. Seitdem lebt sie in Einsamkeit und Furcht. Ihr für Hexen typisches weißes Haar, färbt sie sich schwarz, ihre magischen Kräfte darf sie nicht nutzen. Selbst im Notfall ist ihr das Risiko zu hoch, entdeckt zu werden – immerhin kann sie auch mit Klingen gut umgehen. So beschließt sie, sich einem Söldnertrupp anzuschließen, der den Auftrag erhält, den Hexenschlächter zu töten. Dadurch hat Smilla die Möglichkeit, Rache auszuüben. Zunächst sind für sie die Söldner nur Mittel zum Zweck, doch mit der Zeit wächst ihr die Gruppe ans Herz, wie eine neue Familie, und das Schönste daran ist, dass ihr Anführer, Gent, äußerst attraktiv ist. Als dieser ihre Gefühle erwidert, holt das Smilla aus ihrer tiefen Trauer, bis ihr auffällt, dass ihre Tarnung aufliegen könnte, wenn ihr Gent zu nahe kommt. Eine verzwickte Situation entsteht, weshalb sie in Erwägung zieht, ihm ihr Geheimnis zu verraten. Soll sie das Risiko eingehen oder ihre Gefühle lieber zurückhalten?

Die Tatsache, dass Smilla ihre Kräfte verbergen muss, sorgt durchgehend für Spannung. Der Barde der Gruppe kennt sich gut aus mit Magie – wird dieser somit hinter ihr Geheimnis kommen? Oder weiß Gents engster Vertrauter längst über sie Bescheid, da er zu ihr auffällig unfreundlich ist? Oder wird ihr geliebter Gent es als erster erfahren? Diese und weitere Fragen wecken Neugierde bis zum Schluss. Man darf sich auf mehrere überraschende Wendungen freuen, die auf einer grandiosen Idee basieren. Schade ist nur, dass sich die Motivation des Hexenschlächters am Ende als eher wenig überzeugend herausstellt. Es passt einfach nicht zu ihm, dass er aus solch einem Grund derartige Gräueltaten begeht, zudem stellt sich seine Vorgehensweise als wenig durchdacht heraus.

Man liest abwechselnd aus der Perspektive von Smilla, Gent und dem Hexenschlächter, wobei die personale Erzählperspektive verwendet wird. Vor allem bei der Liebesgeschichte zwischen Smilla und Gent ist es herrlich, die verschiedenen Sichtweisen zu lesen, vor allem wenn sie ihr Verhalten gegenseitig falsch interpretieren oder sonstige Kommunikationsprobleme in die Irre führen. Eine schöne Idee – eventuell hätte eine Ich-Erzählperspektive den Effekt sogar noch verstärkt.

Die Charaktere der Söldnertruppe erhalten im Laufe der Handlung immer mehr Tiefe. Sie haben alle ihre Eigenheiten und waren einst aus verschiedenen Gründen allein. Nach und nach erfährt man, wie sie Gent kennengelernt haben und in die Gruppe aufgenommen wurde, welche im Laufe der Zeit ein familiäres Verhältnis entwickelt hat. Als Smilla zu den Söldnern dazustößt, ist sie zunächst nur bedingt willkommen, da die Entscheidung, ob sie Teil der Familie werden soll, gut überlegt sein soll. Gent fällt die Entscheidung dagegen leicht, da er schnell Gefallen an ihr findet, was Smilla erfreut. Man kann richtig mitfiebern, ob die Hexe auffliegt, weil sie aus Liebe leichtsinnig wird. Auch der eigentlich strenge und organisierte Anführer wird nachlässig, was die Gruppe in Gefahr bringt. Manchmal hat man jedoch den Eindruck, dass die Liebesgeschichte etwas zu viel Raum einnimmt.

Optisch ist dieses Buch bereits beim Anblick des Covers ansprechend. Eine Besonderheit sind zwei Overlay Pages, die aufwändig illustrierte Charakterporträts darstellen. Die Handlung ist in sich abgeschlossen, doch werden zum Schluss Andeutungen auf eine Fortsetzung gemacht, welche voraussichtlich im September 2024 erscheinen wird.

Leseprobe

Fazit: Smillas geheime Identität und überraschende Wendungen sorgen durchgehend für Spannung. Kombiniert mit einer Liebesgeschichte ergibt das eine abwechslungsreiche Mischung.

A Breath of Winter – Rabenwinter Saga 1
Fantasy-Roman
Carina Schnell
Knaur 2023
ISBN: 978-3-426-52875-4
512 S., Paperback, deutsch
Preis: 16,99 EUR

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