Ein Turm im Gewitter (Heldenwerk)

Abwechslungsreichtum ist eine der größten Stärken der „Heldenwerke“, bieten diese doch die Möglichkeit, unabhängig von großen Produktpaletten rund um neue Regionen immer mal wieder etwas Neues auszuprobieren. „Ein Turm im Gewitter“ macht da keine Ausnahme und widmet sich der Gruppenzusammenführung.

von André Frenzer

Moment: Einsteigerabenteuer gibt es doch bereits einige unter den „Heldenwerken“. Warum also lobt der Rezensent den Abwechslungsreichtum? Nun, weil es sich bei „Ein Turm im Gewitter“ mitnichten um ein Einsteigerabenteuer handelt. Dennoch darf es mit einer komplett neuen Gruppe gespielt werden – Spieler wie Spielleitung sollten allerdings bereits ein wenig Erfahrung mitbringen. „Ein Turm im Gewitter“ eignet sich hervorragend, um eine Gruppe neu zusammenzuführen und kann damit eine wohltuende Abwechslung von der arg überstrapazierten Tavernenszene zu Beginn einer neuen Kampagne bieten. Aber worum geht es denn eigentlich genau?

Die spoilerfreie Zusammenfassung: Nun, ausgelöst wird die Handlung durch das bereits im Titel angedeutete Gewitter. Dieses treibt die Charaktere nämlich in den – ebenfalls bereits im Titel enthaltenen – verlassenen Turm. Auf der Suche nach einem Unterstand müssen die Helden dann aber schon bald feststellen, dass sie nicht alleine sind. Neben anderen Reisenden, deren Konstellation eine explosive Mischung verspricht, ist der Turm nämlich leider nicht so verlassen, wie es auf den ersten Blick scheint. Und neben einer sehr greifbaren Bedrohung lauert auch noch ein jenseitiger Schrecken auf die Gruppe.

Etwas detaillierter – damit aber auch voller Spoiler, lieber Leser: Der Turm wurde vor wenigen Wochen von einer der örtlichen Ritterfamilien zurückgelassen. Denn der Sohn der Familie, ein tapferer Recke, hatte von seiner letzten Unternehmung (dem Erschlagen eins Höhlendrachens) ein Drachenei mitgebracht. Leider starb das verwaiste Drachenjunge noch im Ei und geht seither als Poltergeist in dem Turm um. Grund genug für die Familie nach den ersten Todesfällen das Weite zu suchen. Dieser Drachengeist ist es nun auch, welcher die Charaktere – und alle anderen Flüchtlinge – in dem Turm erwartet. Apropos andere Flüchtlinge: Die hier vorgeschlagenen Nichtspielercharaktere enthalten eine Mutter mit vorwitzigem Kind (welches sich und andere durch seine Neugier problemlos in Gefahr bringen kann) sowie eine Kopfgeldjägerin nebst zwei Gefangenen – offensichtlich die ideale Begleitung, um gemeinsam in einem Turm eingesperrt zu sein.

Autorin Alia Emma macht nicht den Fehler, über diese Zutaten hinaus einen Handlungsvorschlag zu unterbreiten. Tatsächlich werden alle Aspekte dem Spielleiter als Baukasten gereicht, mit dessen Hilfe er die Schritte der Spieler und ihrer Helden ausgestalten und begleiten kann. Das weiß von der Aufarbeitung her zu gefallen und umgeht das Problem vieler „Heldenwerke“, zu wenig Platz zur Aufarbeitung der Handlung zu bieten. Und die Zutaten sind tatsächlich gut gewählt und bieten genügend Konfliktpotenzial, um einen unterhaltsamen Abend zu gestalten. So gilt es nicht nur herauszufinden, wie man dem Geist Herr wird, sondern auch die Gefangenen im Blick zu halten und ein quirliges Kind vor allen Gefahren zu schützen. Reichlich zu tun für Helden.

Optisch ist „Ein Turm im Gewitter“ durchaus gelungen. Alle NSC haben ein Bild spendiert bekommen, es gibt ausreichend Kartenmaterial des Turms und sogar vorbereitete Handouts. Eine Tabelle mit allen aufzufindenden Hinweisen rund um den Spuk erleichtert der Spielleitung die Übersicht. Damit ist die technische Aufbereitung sehr gut gelungen. Da auch Korrektorat und Lektorat einen guten Job gemacht haben, kann ich nicht meckern.

Fazit: „Ein Turm im Gewitter“ ist ein gelungenes „Heldenwerk“ und eine tolle Einstiegsalternative zur altbekannten Tavernenszene, um eine neue Gruppe zusammenzuführen. Absolut empfehlenswert.

Ein Turm im Gewitter (Heldenwerk)
Abenteuerband
Alia Emma
Ulisses Spiele 2024
ISBN: n. a.
16 S., Softcover, deutsch
Preis: 5,95 EUR

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