von André Frenzer
Zunächst: Die weitere Zusammenfassung des Abenteuers enthält Spoiler und sollte daher nicht von Spielern gelesen werden!
Das Abenteuer „Bitterer Honig“ spielt, wie angedeutet, im Borland. Genauer im kleinen Weiler Hexenhus und damit am Rande des Bornwaldes. In der örtlichen Taverne werden die Helden unfreiwillig Zeuge eines hier schwelenden Konfliktes. Eine nahe der Siedlung lagernde Norbardensippe – bei den Norbarden handelt es sich um fahrende Händler – wird von den Einheimischen misstrauisch beäugt. Als ein Junge der Norbarden in der Taverne auftaucht, um einige Honigerzeugnisse seiner Sippe zu verkaufen, eskaliert die Situation schnell, und es droht eine handfeste Schlägerei. Woher der Zorn der Einwohner kommt und warum der Honig einen bitteren Beigeschmack hat, diese Rätsel gilt es nun zu lösen.
Es steht zu hoffen, dass sich die Helden an die Norbardensippe wenden. Hier werden sie von der Zibilja, der Anführerin, um Hilfe gebeten. Einer Vision der Alten folgend werden sich die Charaktere in den gefährlichen Bornwald begeben. Die Heimstatt des Riesen Milzenis steckt voller Gefahren, und nur hier können die Helden herausfinden, was es mit dem bitteren Honig auf sich hat. Und natürlich können sie das Problem lösen, wenn ihr Schwertarm stark genug ist.
Zunächst einmal möchte ich „Bitterer Honig“ für seine gut gewählte Prämisse loben. Das Abenteuer greift den Metaplot-Strang des „Erwachens“ auf. Das Erwachen des Bornlandes, mit dem die Aventurier das plötzliche Riesenwachstum und die gesteigerte Aggressivität der örtlichen Flora und Fauna bezeichnen, ist sicherlich eine der spannendsten Entwicklungen aus der neuen Regionalspielhilfe. „Bitterer Honig“ spielt dabei in einem für ein „Heldenwerk“ angemessenen Rahmen mit kleineren Auswirkungen des Erwachens, führt einige der neuen Bedrohungen vor Augen und führt so gekonnt Charaktere in diesen Strang des Metaplots ein.
Leider bleibt das Abenteuer ansonsten weit unter seinen Möglichkeiten. Die vorgestellten Charaktere sind blass und farblos. Wenn sich aus der Beschreibung eines NSC ein interessanter Hintergrund andeutet, so wird leider kaum weiter darauf eingegangen. Und gerade der interessante Teil der Handlung – die Reise in den Bornwald – wird viel zu kurz abgehandelt. Das Abenteuer verschwendet leider zu viel Platz auf der Erklärung der Grundsituation, sodass für die eigentliche Abenteuerhandlung Platz fehlt. So bleibt es bei einigen wenigen beispielhaften Kämpfen gegen erwachte Kreaturen und einem recht antiklimaktischen Finale, in dem die Charaktere kaum etwas zu tun bekommen. Das Fehlen einer Übersichtskarte über die Reiseroute der Charaktere schmälert die Handhabung weiter – oder macht die Reiseroute geradezu beliebig. Die ungleichmäßige Verteilung und der fehlende Platz schmerzen mich tatsächlich doppelt, denn die grundsätzliche Idee des Abenteuers halte ich für äußerst reizvoll. In dieser Form ist es allerdings eher als Steinbruch zu gebrauchen.
Optisch weiß „Bitter Honig“ allerdings zu gefallen. Es gibt einige nette Illustrationen, wenn auch manche Zweitverwertung aus der Regionalspielhilfe dabei ist. Das Layout ist sauber und aufgeräumt. Leider ist in diesem Fall dem Korrektorat der eine oder andere Fehler entkommen, sodass die Lektüre mitunter ein wenig stockend gerät.
Fazit: „Bitterer Honig“ verfolgt eine schöne Grundprämisse und greift einen spannenden Aspekt des Metaplots geschickt auf. Leider ist die Aufbereitung unglücklich ausgefallen und lässt der Spielleitung noch viel Arbeit übrig.
Bitterer Honig (Heldenwerk)
Abenteuerband
Andreas Tessarek
Ulisses Spiele 2024
ISBN: n. a.
16 S., Softcover, deutsch
Preis: 5,95 EUR
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