Dungeon Saga DELUXE

Bei „Dungeon Saga: The Dwarf King's Quest“ handelt es sich um ein Dungeoncrawler-Brettspiel vom Hersteller Mantic Games, das im Sommer 2014 als Kickstarter-Projekt mit einer Gesamtsumme von über einer Million US-Dollar finanziert werden konnte. Die deutsche Ausgabe des Spiels ist als „Dungeon Saga DELUXE“ beim Heidelberger Spieleverlag erschienen. Die Ausgabe vereint in sich das reguläre „Dungeon Saga“-Basisspiel sowie das „Adventurer’s Companion“, welches in der englischen Version nur gesondert erhältlich ist.

von Dominik Cenia

Bei „Dungeon Saga“ erforschen vier tapfere Helden (Barbar, Zwerg, Elf und Zauberer) eine Reihe von dunklen Verliesen, verprügeln Monster, öffnen Türen, plündern Schatzkisten und versuchen außerdem, den Ausgang des jeweiligen Dungeons vor dem Ablauf des knappen Zeitlimits zu erreichen. Das Spiel bietet dabei drei Möglichkeiten: Entweder spielt man die vorgefertigte beiliegenden Kampagne der Reihe nach durch, wobei dann jedoch ein weiterer Spieler die Rolle des Overlords übernehmen muss. Oder man spielt die vollkooperative Variante, die ohne einen Spielleiter auskommt oder bei der die Dungeons per Zufall generiert werden. Als weitere Möglichkeit gibt es außerdem noch das Solospiel. Alle Varianten sind jeweils wahlweise als lose Kampagne oder einfach nur als eine Reihe von Einzelabenteuer spielbar.

Nix für Einzelkämpfer!

Auf den ersten Blick wirkt „Dungeon Saga“ wie eine Neuauflage des Klassikers „HeroQuest“. Es gibt sogar kleine Möbel aus Kunststoff, die man aufstellen kann! Wirft man jedoch einen genaueren Blick in die Spielregeln, offenbart sich einem schnell, das „Dungeon Saga“ kein lockerer „Bier & Brezel“-Dungeoncrawler ist, sondern durchaus als taktischen Stellungsspiel angesehen werden kann. So ist es durchaus wichtig zu wissen, in welche Richtung eine Figur gerade blickt und ob sie von der Front oder im Rücken angegriffen wird. Auch sind Figuren mit ihren angrenzenden Gegnern im Nahkampf „gebunden“ und können sich nicht einfach weiterbewegen.

Hinzu blockieren auch eigene Gefährten die möglichen Laufwege in den durchaus engen Korridoren. Die Spieler müssen also höllisch aufpassen, sich nicht gegenseitig im Weg zu stehen. Die genaue Reihenfolge der Helden will also gut geplant sein. Doch genau das macht einen der Hauptreize an „Dungeon Saga“ aus. Wer hier auf eigene Faust – und ohne Absprache mit seinen Mitstreiter – durch die Verliese zieht, wird sich schnell isoliert und von Monstern umzingelt wiederfinden. Ein Szenario endet übrigens auch dann, wenn nur ein einziger Abenteurer das Zeitliche segnet!

Genau das sollte für den Overlord-Spieler aber nicht unbedingt das oberste Ziel sein. Denn in den meisten Fällen können seine Monster (Skelette, Zombies und anderes untotes Gezücht) es im direkten Einzelkampf mit den Helden nicht aufnehmen. Also muss der Overlord-Spieler sich darauf konzentrieren, die Gruppe aufzuhalten, um dann gegebenenfalls im richtigen Zeitpunkt zuzuschlagen. Wie bereits erwähnt, verfügt jedes Verlies über ein Zeitlimit. Schafft die Gruppe es nicht rechtzeitig bis zum Ausgang, ist das Abenteuer ebenfalls verloren. Das Zeitlimit wird über eine einfachen Kartenmechanismus bestimmt: In jedem Verlies steht dem Overlord ein fest definierter Nachziehstapel an Aktionskarten zur Verfügung. Ist der Overlord an der Reihe und kann keine Karte mehr nachziehen, endet das Spiel.

Das wohlige Gefühl eines Klassikers!

Abgesehen davon kommt „Dungeon Saga“ doch recht klassisch daher. Die Helden bewegen und kämpfen (würfeln) sich durch den Dungeon, öffnen Türen und finden magische Schätze wie Tränke oder neue Waffen. Zauberer dürfen sich mit einer beeindruckenden Vielzahl von Zaubern gegen ihre Feinde zur Wehr setzen und Gefährten unterstützen und der Elf besitzt ein einzigartiges Fernkampfpotenzial. Der Overlord hat dagegen neben seinen Aktionskarten immer nur eine begrenzte Anzahl an Aktionen zur Verfügung. Seine Monster sind zwar meist in der Überzahl, aber er kann pro Runde meist nicht alle davon gleichzeitig auf die Helden hetzen. Also muss auch er das Stellungsspiel berücksichtigen und seine Figuren in die richtige Position bringen.

Zu viel des Guten?

Irgendwann ist aber auch der letzte Endboss der Kampagne besiegt. Spätestens dann kommt das Abenteuer-Handbuch zum Einsatz. Nun können die Spieler eigene Helden erschaffen, neue Verliese ganz ohne Overlord erforschen und ihre Helden sogar weiterentwickeln und verbessern. Das klingt auf der einen Seite nach einem großartigen Baukasten für endlosen Dungeon-Spielspaß, wirkt aber bei genauerem Hinsehen ein wenig wie nachträglich aufgesetzt.

Das merkt man vor allem, wenn man mal ein paar Runden mit dem Abenteuer-Handbuch gespielt hat. War die eigentliche Kampagne mit einem Overlord noch durchaus ausgeglichen und spannend, passiert hier genau das Gegenteil. Die Verliese skalieren nicht mit der Erfahrung der Helden mit. Schon nach drei bis vier Durchgängen hat man auf diese Weise vier Superhelden zur Hand, gegen die kein Kraut … pardon … Untoter mehr gewachsen ist.

Das beiliegende Kartendeck für den „unsichbaren Overlord“ ist da leider auch nur bedingt hilfreich. Oft erschließt sich aus den Karten nicht genau, wie die Monster handeln sollen. Es bleiben viele Fragen offen. Häufig muss daher mit Hilfe des „gesunden Menschenverstands“ entschieden werden, was laut Abenteuer-Handbuch aber auch durchaus so erwünscht ist. Dasselbe Problem ergibt sich leider auch beim Aufbau der „zufälligen“ Dungeons. Im Prinzip muss man sich dabei die ganze Zeit selbst „spoilern“, da man den Dungeon selbst aufbauen muss. Die Gruppe spielt quasi dadurch die ganze Zeit gegen sich selbst, aber irgendwie auch wieder nicht, weil ja dafür eigentlich die Karten des unsichtbaren Overlords gedacht sind.

Abgesehen von der vorgefertigten Kampagne bekommt man so leider den Eindruck, als ob bei „Dungeon Saga“ versucht wurde, zu viel unter einen Hut zu bringen: Solo- und Gruppenspiel, kooperativ oder mit Overlord, eine feste Kampagne und zufallsgenerierte weitere Verliese. Das klingt auf den ersten Blick alles ganz toll, greift aber nicht so wirklich ineinander.

Außen Hui – innen … nicht ganz so viel Hui!

Die Spielschachtel im Buchformat ist eine tolle Idee und macht wirklich etwas her! Auch die vielen abwechslungsreichen Miniaturen sind sehr schick und können sich absolut sehen lassen. Neben den Helden gibt es verschiedene Zombies und Skelette, untote Zwergenkrieger und Trolle, Gespenster und andere Gestalten, die nur darauf warten, bemalt zu werden. Wobei man das Spiel – dank dem farbigen Kunststoff – natürlich auch ohne Bemalung spielen kann. Und alle Figuren sind auch bereits fertig gebaut!

Auf der anderen Seite steht jedoch das übrige Spielmaterial: Die Pappe der Bodenelemente ist etwas zu dünn geraten und die beiliegenden Halterungen verbinden die einzelnen Elemente nur unzureichend miteinander. So kommt es – vor allem bei glatten Oberflächen – durchaus häufiger vor, dass sich der ganzen Dungeon ein wenig verschiebt. Auch sind die Möbel im Vergleich zu den Figuren etwas detailarm und klobig geraten. Hinzu kommen sie nur selten zum Einsatz. Einige Pappcounter hätten außerdem vielleicht etwas größer ausfallen können und so manches Symbol erschließt sich einem auch nach mehrfachem Spielen nicht wirklich.

Fazit: Das Fazit bleibt ein wenig zwiegespalten. Auf der einen Seite haben wir hier einen taktisch etwas anspruchsvolleren, aber von den Regeln her trotzdem sehr zugänglichen Dungeoncrawler. Auch spielt sich „Dungeon Saga“ sehr kurzweilig. Ein einzelnes Verlies ist in ca. 30 bis 60 Minuten komplett erforscht. Hinzu kommen die wirklich schicken Figuren und eine ausbalancierte vorgefertigte Kampagne (mit Overlord).

Auf der anderen Seite steht da jedoch das nicht ganz so gelungene Abenteuer-Handbuch mit all den verschiedenen Spielvarianten, die alle jeweils ein komisches Gefühl hinterlassen, da die Mechanismen nicht so richtig rund laufen. Hinzu kommt das restliche Spielmaterial, das zum Teil etwas absackt, was die Qualität angeht. Gerade das Auslegen des Dungeon artet manchmal in eine ganz schöne Fummelei aus, bis endlich alle Bodenelemente an ihrem richtigen Platz liegen und auch dort bleiben!

Wer also einen kurzweiligen taktischen Dungeoncrawler sucht, der gelungen den Charme eines Klassikers rüberbringt, ist mit „Dungeon Saga“ gut bedient. Allen anderen sollten bei dem doch recht knackigen Preis lieber erst ein Testspiel versuchen und vor allem nicht zu hohe Erwartungen an die versprochenen Möglichkeiten des Abenteuer-Handbuchs haben.


Dungeon Saga DELUXE
Brettspiel für 1 bis 5 Spieler
Jake Thornton
Heidelberger Spieleverlag 2016
EAN: 4015566033429
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 99,95

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