City of Kings

Eine Fantasy-Welt voller Abenteuer, Monster und einem Oberbösewicht. Klingt langweilig und bekannt? Bekannt: Teilweise. Langweilig: Keinesfalls. Aber lest selbst.

von Kai Melhorn

Vor über einem Jahr wurde ich auf Kickstarter auf ein Spiel aufmerksam. Ich wurde wegen verschiedener Punkte neugierig auf dieses Spiel und begann mich näher damit zu beschäftigen.
 
    • Das Spiel ist  in einer ungewöhnlich anmutenden Fantasy-Welt angesiedelt, in der nicht nur auf alte Muster gesetzt wurde und selbst eine generische Fantasy-Rasse wie die Zwerge neu und unverbraucht daherkommen.
    • Es gibt schnelle Spiele mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden, die jederzeit in jeglicher Besetzung gespielt werden können. Es gibt aber auch eine Story, die nach und nach schwieriger wird und die Heldengruppe vor immer größere Herausforderungen stellt.
    • Jedes Abenteuer wird durch stimmungsvolle Texte begleitet, aber nur die Story sollte mit den gleichen Leuten gespielt werden, auch wenn selbst das technisch nicht unbedingt notwendig ist. Wenn man sich also darauf einlässt, kann man tief in die Welt von „City Of Kings“ eintauchen.
    • Die Illustrationen sind extrem liebevoll und absolut fantastisch in jeder Beziehung.
    • Das Spiel stellt eine kooperativ spielende Gruppe vor eine Herausforderung, die zwar mit Hilfe von Zufallselementen generiert wird, aber der Erfahrung nach immer eine Lösung bietet.
    • Man kontrolliert als Spieler nicht nur seine eigene Heldenfigur, sondern auch Arbeiter, die Ressourcen sammeln und somit den Zugang zu Ausrüstungsgegenständen schaffen und weitere Aufgaben im Spielverlauf übernehmen.
    • Zu guter Letzt wurde das Spiel von einem Testspieler noch mit einem großen MMORPG verglichen, und ich wusste, ich muss das Spiel im Auge behalten.

Vor wenigen Wochen ist das Spiel nun angekommen und ich konnte mich ein wenig näher damit beschäftigen. Zwar ist der Kickstarter schon lange vorbei und das Spiel nur auf Englisch zu haben, aber ab Mitte April wird es eine Kampagne für einen Reprint geben und ich möchte euch die Gelegenheit geben, euch darüber zu informieren und zu entscheiden, es gegebenenfalls selbst zu unterstützen. Ich gehe stark davon aus, dass es sich zu einem größeren Kickstarter entwickeln wird, wobei es wohl keine Euphoriewelle erzeugen können wird, wie „Gloomhaven“ oder „Kingdom Death: Monster“.

Das Material

Das Material ist, kurz gesagt, spitze. Im Moment kommt man scheinbar nicht an Plastikminiaturen vorbei, wenn man ein neues Spiel machen möchte. Hier wurde darauf verzichtet aber ich sehe darin keinen Nachteil. Die Aufsteller aus Pappe erfüllen ihren Zweck und sind auch ohne stundenlange Pinselei eine Augenweide.

Auch  wenn ich es in der Einleitung schon angebracht habe, die Optik des Spiels ist der Wahnsinn, ich bin absolut begeistert. Jede Zeichnung, jeder Charakter, jeder Ausrüstungsgegenstand und selbst die Kriegsbanner der Monsterhorden sind mit viel Liebe illustriert und absolut stimmig. Eine glatte Eins!



Aber weiter im Text: Die Plättchen, die Würfel und die Karten sind von guter Qualität, da gibt es weder etwas zu meckern, noch als außergewöhnlich herauszustellen. Weiterhin sind drei Säckchen enthalten, aus denen zu gegebener Zeit Plättchen gezogen werden müssen. Auch diese sind haptisch, farblich und verarbeitungstechnisch absolut einwandfrei.

Ein kleiner Pferdefuß bleibt: Die sehr schönen und sehr großen Charaktertafeln sind auf einfachem, wenn auch schwerem Papier gedruckt. In der Version, die ich gekauft habe, sind Auflagen für die Charakterbögen dabei, die die diversen Marker an ihrem Platz halten. Diese Kombination ist nicht wirklich schön gelungen, auch wenn es den Spielspaß kaum schmälert. Hier könnte man noch nachbessern.

Das Regelbuch ist übersichtlich und nimmt den Leser gut mit. Es beschreibt den Spielablauf in klarer Sprache, ist gut strukturiert und schön illustriert. Für Fragen im Spielverlauf gibt es ein Referenzhandbuch, was sehr viele Begriffe, Eigenschaften, Fertigkeiten und Spielmarker kurz erklärt. Das Spiel ist allerdings sehr komplex und nicht immer können alle Fragen eindeutig aus den Regeln heraus geklärt werden. Dafür war leider die Einrichtung eines Online-FAQ-Dokuments notwendig. Das hat mir in den meisten Fällen bisher weitergeholfen  und stellt inzwischen bei Brettspielen ja auch keine Seltenheit mehr dar. Dennoch kann man die ersten Partien gut spielen, ohne ständig für zig Minuten die passenden Regeln nachzuschlagen.

Das Spiel

Über das Spiel könnte man nun seitenweise Text schreiben und im Rahmen dieser Renzension wird es mir kaum möglich sein, alle Aspekte im Detail zu beleuchten. Hier empfehle ich die Spielvorstellungsvideos des Autors. Auf der offiziellen Seite des Verlags/Autoren findet ihr alles, was ihr benötigt.

Der Spielaufbau

Das Hauptfeld besteht aus einem Rahmenteil und einer Landschaft, die aus Einzelplättchen aufgebaut wird. Durch das Szenario wird vorgegeben, welche Landschaftsplättchen aus dem Fundus benötigt werden. Diese werden in Gruppen gemischt und nach einer Aufbauanleitung ausgelegt. So ergibt sich eine zufällige Landschaft nach einem bestimmten Muster wodurch allzu un-/glückliche Kombinationen verhindert werden. Zudem werden entsprechend der Aufbauanleitung für die jeweilige Mission verschiedene Dinge aus- und festgelgt, unter anderem die Stärke der Monster und der Helden, Ausrüstungsgegenstände, Bewegungskarten, Ressourcenplättchen und mehr. Außerdem werden die Helden und ihre Arbeiter auf in der Landschaft platziert.



Zwischenfazit Spielaufbau

Hier finden wir schon einige Stärken des Spiels wieder. Nicht jede Mission ist gleich, und man fängt nicht immer an derselben Stelle an. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Dieses Spiel hat keine Speicherfunktion und keinen Legacy-Mechanismus. Jedes Spiel steht für sich alleine und kann jederzeit mit jeder Gruppe gespielt werden. Aber durch die komponierten Missionen ist die Ausgangslage immer wieder eine andere. In den ersten Missionen beginnt man immer mit ausgesprochen schwachen Helden, die sich zwar im Laufe des Spiels entwickeln, aber keineswegs am Ende der Runde auch am Ende ihrer Entwicklungsmöglichkeiten sind. Im Gegenteil, die Helden sind nach den ersten Missionen immer noch relativ schwach. Aber das ändert sich nach und nach und man entwickelt in den späteren Missionen seine Helden noch vor Spielbeginn bis zu einem vorgegebenen Level. Man sollte sich schon zu diesem Zeitpunkt in der Gruppe absprechen, wer welche Rolle im Spielverlauf übernehmen will, aber dazu gleich mehr. Das hat allerdings auch zur Folge, dass die Herausforderungen immer größer werden.

Die Spielercharaktere und deren Entwicklung

Zu Beginn sind die Charaktere alle gleich. Aber es gibt neun Attribute, die jeder Spieler im Laufe der Partie ausbauen kann. Mit steigender Erfahrung können Punkte vergeben werden, um beispielsweise mehr Schaden austeilen zu können oder ein besserer Heiler zu werden. Man kann aber auch an seiner Beweglichkeit und Reichweite arbeiten. Hinzu kommt noch der bereits erwähnte Aspekt der Arbeiter, die jeder Spieler kontrolliert und die für ihn unter anderem Ressourcen sammeln sollen. Auch diese kommen mit drei eigenen Attributen daher, in die man investieren kann.

Steigt die Gruppe auf – es gibt nur einen Erfahrungsbalken für alle Charaktere gemeinsam –, muss überlegt werden, wie jeder die gewonnen Punkte verteilt. Konzentrieren sich alle Spiele zum Beispiel auf dieselbe Rolle des Heilers, wird es schwer werden, den Monsterscharen beizukommen, denn es gibt viel mehr Möglichkeiten, seine Punkte zu vergeben, als man im Spielverlauf bekommen wird. Man muss also gemeinsam überlegen, wie man sich aufteilen möchte. Somit kann jeder Charakter in jeder Rolle gespielt werden. Wobei es in diesem Spiel neben den drei klassischen Rollen Heiler, Tank und gläserne Kanone (a.k.a. Damage Dealer) auch noch die Rolle des Sammlers gibt, der sich darauf spezialisiert, die Gruppe mit Ressourcen für Aufbauten und Ausrüstung zu versorgen und seine eigene Heldenentwicklung hinten anstellt. Ein interessanter Aspekt, den ich in einem Spiel dieser Art so noch nicht angetroffen habe.

Die Differenzierung der Charaktere findet dann zusätzlich über einen Talentbaum statt, der für jeden unterschiedlich ist. So hat der Zwerg andere Talente als der Mensch oder der Steinriese, die im Laufe der Partie freigespielt werden können.

Zwischenfazit Charakterentwicklung

Das Spiel gibt einem die Möglichkeit, sich immer wieder neu für eine Rolle zu entscheiden. Mit jedem Abenteuer werden Attribute und Talente zurückgesetzt und können zu Beginn entsprechend der Vorgaben des Szenarios neu verteilt werden. Trotz der Storys, die als Gruppe durchgespielt werden können, ist immer eine Neuregelung der Rollenverteilung möglich. So klar die Gemengelage bei den Attributen ist, ist sie bei den Talenten nicht. Teilweise fragt man sich wirklich, wozu ein Talent XY überhaupt gut sein soll, und selbst wenn man sich näher mit dem Spiel beschäftigt, kommt man nicht immer auf eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit. Dieses Thema sehe ich durchaus zwiegespalten.

Einerseits stärkt diese Tatsache meinen Ehrgeiz, einen Charakter zu beherrschen und seine Möglichkeiten voll auszunutzen beziehungsweiese genau zu wissen, für welche Situation ich bestimmte Talente benötige. Das motiviert mich persönlich über das Spiel nachzudenken und mich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen.



Auf der anderen Seite sind die Talente nicht übermäßig bestimmend für einen Charakter, was zu einer gewissen Austauschbarkeit führt. Wesentlich wichtiger sind die Attribute, die in der Gruppe gut abgestimmt werden müssen. Das schwächt das ganze System ein wenig, bringt von Haus aus aber auch eine gute Balance zwischen den Charakteren mit sich. Hier mussten aus meiner Sicht Kompromisse geschlossen werden, die ich ein wenig bedauerlich finde.

Der Spielablauf

Im Herzen ist das Spiel ein Action-Selection-Spiel. In jeder Runde hat jeder Spieler einer nach dem anderen die Möglichkeit seine Aktionen auszuwählen. Dabei kann man sich bewegen, angreifen, heilen, erkunden, Ausrüstung kaufen/tauschen oder seine Arbeiter bewegen oder arbeiten lassen. Wird ein Gegner entdeckt oder auf andere Art und Weise ins Spiel gebracht, wird dieser einem Spieler zugeordnet und dann auch von diesem verwaltet.

Gewonnen wird ein Spiel, wenn das ausgegebene Missionsziel erreicht wurde, welches entweder schon am Anfang bekannt ist oder durch eine Verkettung von Aufträgen irgendwann im Spielverlauf offenbart wird.
Verlieren kann man natürlich auch – recht einfach sogar. Lässt man sich zu viel Zeit, dann schwindet die Hoffnung im Land, dass das Böse noch besiegt werden kann. Irgendwann ist auch der letzte Widerstand der Bevölkerung gebrochen und das Spiel geht verloren. Man hat zu Beginn also einen festgelegten Timer, der die Anzahl der möglichen Aktionen beschränkt. Eine weitere Möglichkeit zu verlieren besteht darin, die Helden vorschnell in die Schlachten mit den Mächten des Bösen zu schicken. Wird ein Held kampfunfähig gemacht, schwindet die Moral der Truppe und sollte das oft vorkommen, werden auf die Tapfersten irgendwann die Waffen strecken. Das Spiel geht dann ebenfalls verloren.

Zwischenfazit Spielablauf

Das Spiel ist durchaus schnell gespielt. Kennt man erstmal seine Möglichkeiten, dauert der eigene Zug oft nicht lange und die Zeit zwischen zwei Zügen wird durch die Diskussionen der gemeinsamen Strategie zusätzlich verkürzt. Meist überlegt man zwischendrin gemeinsam, ohne dass es zu großen Grübelpausen kommt.

Die Horden des Bösen und ihre Bekämpfung

Ich habe länger überlegt, ob ich diese Kapitel nicht in den Spielablauf legen sollte, habe mich aber dagegen entschieden. Dazu ist dieses Element zu spielbestimmend und einzigartig, mit all seinen Vor- und Nachteilen.

Kommt man im Laufe des Spiels in Kontakt mit den monströsen Mächten des Bösen, müssen zunächst ein paar einfache Schritte abgehandelt werden. Zunächst wählt man das Wappen der Kriegshorden aus, denen man gegenübersteht. Das bleibt einem selbst überlassen und hat keinen Einfluss auf den Spielverlauf. Einzig bei den Bossen, denen man im Laufe des Spiels begegnet, muss man die richtigen Materialien heraussuchen. Anschließend nimmt man sich eine Eigenschaftskarte. Diese Karten sind immer in derselben Reihenfolge und müssen eine nach der anderen abgearbeitet werden. Sie enthalten die Monsterattribute, wie Leben, Schilde, Schadensreflektion, Schaden, AOE (Area of Effect – Gruppenschaden) und weitere. Mit jedem aufgedeckten Monster wird die nächste Karte genommen, die Monster werden also unweigerlich immer stärker, je mehr man bekämpft.

Zusätzlich zu den Attributen bekommen auch die Kreaturen Talente, mit deren Hilfe sie das Leben der Helden verkürzen wollen. Das reicht von einem einfachen Feuerball, bis zu einem ganzen Flammenteppich, der ganze Landstriche verwüstet. Das können aber auch spezielle Bewegungsregeln, Gifte oder diverse Angriffe und Spezialtalente sein, die ich an dieser Stelle nicht verraten möchte. Die Talente sind so vielfältig, dass man immer wieder mit neuen Kombinationen umgehen muss. Somit wird jede Kreatur neu kreiert und keine wird der anderen gleichen. Auf der anderen Seite sind die Talente einfach zu verstehen, sodass man die Funktionsweise schnell nachlesen kann und sie nicht alle auswendig können muss.



Der Kampf gegen diese Monster ist von wenig Glück geprägt. Schafft man es einen Angriff auf ein Monster zu starten, dann wird der Schildwert des Monsters vom Schadenswert des Helden abgezogen und die Lebenspunkte des Monsters entsprechend verringert. Gleiches gilt für die Heilung von Freunden oder den Schaden, den ein Monster unseren Helden zufügt. Das führt meist zu Situationen, bei denen man ziemlich genau weiß, ob man in einer direkten Konfrontation gegen das Monster ankommt, was teilweise nicht einfach ist. Hier ist die Zusammenarbeit der Charaktere gefragt, damit jeder Feind besiegbar wird.

Zwischenfazit Kreaturen und Kampf


Die Erstellung der Kreaturen ist erfrischend anders. Man weiß nie, was man bekommt und wird vor immer neue Herausforderungen gestellt. Es macht einfach Spaß, in die Beutel zu greifen, um herauszufinden, was einen erwartet. In den anfänglichen Szenarien ist dieser Mechanismus allerdings etwas schwach. Die Attribute der Monster bestimmen den Kampf und die Talente sind eher ein Nebeneffekt, der auch noch mit einbezogen werden muss, aber die Strategie nicht wirklich bestimmen wird. Das ändert sich jedoch mit immer schwerer werdenden Gegnern.

Zudem ist der Kampf recht mathematisch. Man puzzelt sich seine Strategie zurecht und setzt diese dann in die Tat um. Das macht es interessant und man hat nicht das Gefühl, gegen Würfel zu verlieren. Einerseits ist das gut, andererseits fühlt es sich manchmal mechanisch an.

Ein valider Kritikpunkt liegt noch in der Tatsache, dass die Monster austauschbar sind. Diese sind stimmig kreiert und illustriert. Jede Monsterhorde hat seinen Hintergrund, was eine Menge Stimmung bringt. Das wird durch die zufällige Zuweisung von Fertigkeiten jedoch wieder geschluckt. Leider spielen die Stämme, Rassen und Kreaturen einfach keine Rolle. Das hätte man aus meiner Sicht mit einfachen Mitteln anders machen können, ohne die Einzigartigkeit jeder Kreatur zu gefährden.

Trotzdem gefällt mir das System sehr gut und ich liebe den Moment, wenn alle Plättchen gezogen sind und sich ein Bild ergibt, gegen was man zu kämpfen hat.

Fazit: Ich bin echt begeistert und mir gefällt das Spiel sehr gut. Es ist nicht alles perfekt in die Thematik eingearbeitet, aber es wurde einfach sehr viel richtig gemacht und das Gefühl von Erforschen und Entdecken, um schließlich auf dem Weg zum Ziel epische Kämpfe zu bestreiten, gibt mir, teils trotz, teils wegen des mechanisierten Kampfablaufs eine Menge Spaß. Ich kann nur jedem empfehlen, der dem Englischen einigermaßen mächtig ist, Abenteuerspiele, MMORPGs und Computerrollenspiele mag und der Spaß an kniffligen Aufgaben hat, den Kickstarter für den Reprint (Start am 17.04.2018) im Auge zu behalten. Wie schon erwähnt, konnte ich nicht auf alle, meist liebenswerten Aspekte des Spiels eingehen. Für nähere Infos empfehle ich die Webseite und natürlich auch die englischsprachige Brettspielseite schlechthin.

City of Kings
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Frank West
City of Games (2018)
EAN: n.a.
Sprache: Englisch
Preis: GPB 59-125

www.thecityofkings.com
boardgamegeek.com/boardgame/207243/city-kings