Gloomhaven

September 2015 stellte „Gloomhaven“-Entwickler Isaac Childres sein Spiel in einer Kickstart-Kampagne vor, die so viele Menschen begeistern konnte, dass sie ihr ursprüngliches Ziel um mehr als ein Vierfaches übertraf. Über die Jahre hat „Gloomhaven“ seitdem verschiedenste Preise gewonnen. Wer dieses Spiel ausprobiert, steckt seine Erwartungen also entsprechend hoch. Doch kann es halten, was es verspricht?

von Andrea Bottlinger

Gloomhaven ist der Name der Stadt, in der man das Spiel beginnt. Eine Gruppe von Abenteurern hat sich dort in einer Schänke zusammengefunden und bekommt einen Auftrag von einer wohlhabenden Händlerin. Danach wird der Spielverlauf stark vom Verhalten der Spieler bestimmt. Während sich die Geschichte langsam entfaltet, kann man entscheiden, auf wessen Seite man sich schlagen möchte und ob man sich mit den Bewohnern der Stadt freundlich stellt oder nicht. Jede Entscheidung hat dabei Vor- und Nachteile, und teilweise hängt davon auch ab, welche Quests man machen kann und welche nicht.

Das sorgt für einen großartigen Wiederspielwert, sollte man meinen, aber eigentlich ist „Gloomhaven“ dafür vorgesehen, nur einmal gespielt zu werden. Es handelt sich dabei nämlich um ein sogenanntes Legacy Game. Neue Orte, die man freispielt, werden also mit Aufklebern auf dem Spielplan markiert, womit dieser bleibend verändert wird. Ereigniskarten sollen zerrissen werden, nachdem man sie abgehandelt hat. Falls einem das zu sehr in der Seele wehtut, gibt es aber auch ein Set wieder entfernbarer Sticker, und die verbrauchten Ereigniskarten kann man auch einfach zur Seite packen.



Ob man allerdings je dazu kommt, das gesamte Spiel mehr als einmal durchzuspielen, ist fraglich. Die neun Kilogramm Spielmaterial, die darin enthalten sind, sorgen dafür, dass man eine ganze Weile beschäftigt ist.

Karten statt Würfel

Ein weiterer interessanter Aspekt von „Gloomhaven“ ist, dass es komplett ohne Würfel funktioniert. Jede Quest besteht aus einem modular aufbaubaren Dungeon, in dem die Helden bestimmte Ziele erreichen müssen. Zu diesem Zweck bekommt jeder Charakter ein speziell auf ihn zugeschnittenes Kartendeck, das man taktisch klug einsetzen muss, um Erfolg zu haben.

Allerdings kann das auch zum Problem werden. Sind erst einmal alle Karten ausgespielt, bekommt man weniger davon zurück, als man am Anfang hatte, und so schmilzt das Deck einem unter den Händen weg. Hat man weniger als zwei Karten auf der Hand, ist die Quest für einen vorbei. Geht das allen Spielern so, bevor man das Ziel erreicht hat, hat man verloren und muss es noch mal versuchen.



So hat man ständig das Gefühl, dass einem die Zeit im Nacken sitzt. Ganz oft hat man kaum genug Gelegenheit, alle Schätze einzusammeln, und muss an Gegnern eher vorbeirennen als sie zu besiegen, um alles, was man erledigen soll, erledigt zu bekommen. Vor allem, wenn man denn trotzdem eine Mission in den letzten paar Zügen nicht schafft, kann das schnell zu Frustration führen.

Ein sehr interessantes Setting

Viel davon macht allerdings das Setting wieder wett. Auch wenn „Gloomhaven“ sehr viele typische Fantasy-Elemente enthält, wartet es doch immer wieder mit Überraschungen auf. So findet man nicht einfach die typischen Elfen, Orks und Trolle, sondern stattdessen Savvas (ein wenig wie Trolle, aber mit Elementar-Fähigkeiten, die an „Avatar – The Last Airbender“ erinnern), Quatryls (ein wenig wie Goblins, aber mit interessanten Steampunk-Gadgets) oder Orchids (ein bisschen wie Elfen, aber im Verlauf ihres Lebens wachsen ihnen immer mehr Kristalle). Entsprechend ist auch die Welt nicht ganz das, was normalerweise von einem Fantasy-Setting erwarten würde. Eine sehr erfrischende Abwechslung.



Fazit: „Gloomhaven“ hat durch das Legacy-Prinzip und das Deck-System einige interessante Aspekte. In seinem Herzen ist es jedoch einfach ein Dungeon-Crawler wie viele andere. Allerdings lohnt sich ein Durchspielen schon allein wegen der Geschichte und der Welt, in die die Macher sehr viel Mühe gesteckt haben. Insgesamt auf jeden Fall ein Blick wert.

P.S.: Das Spiel ist übrigens so gefragt, dass gerade die auf Deutsch von Feuerland vertriebene Version immer wieder ausverkauft ist. Eine neue Auflage ist allerdings gerade erschienen. Wer also interessiert ist, sollte jetzt zugreifen.

Gloomhaven (Deutsche Version)
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Isaac Childres
Cephalofair Games/Feuerland 2019
EAN: 706949635487
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 169,90

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