Dreadnought – Fürchte nichts!

Pünktlich zur SPIEL 2018 hatte die Redaktion Phantastik das nächste Abenteuer für ihr Detektiv-Rollenspiel „Private Eye“ im Gepäck. Mit „Dreadnought“ liegt nun der mittlerweile 12. Abenteuerband vor. Hat sich das einjährige Warten gelohnt?

von André Frenzer

Ich kann mich erinnern, bereits auf der RPC 2018 im gemütlichen Plausch mit Ulrike Pelchen, ihres Zeichens eine der beiden Verlegerinnen bei der Redaktion Phantastik, über den Inhalt des zwölften Abenteuerbandes gesprochen zu haben. So war die Arbeit für die Redaktion in diesem Falle angenehm einfach, meldete sich doch mit Jens Holzinger unversehens ein Neu-Autor mit dem nahezu fertigen Skript eines komplexen Kriminalfalles, der die beiden Verlegerinnen sofort überzeugen konnte.

Bevor ich mich dem Abenteuer näher widme, möchte ich die obligatorische Spoiler-Warnung aussprechen: Bei jedem Detektivabenteuer ist jedes Wort über die Handlung eigentlich eines zu viel für die interessierten Spielerohren. Und gerade bei „Dreadnought“ werde ich nicht umhinkommen, das eine oder andere Plot-Element zu verraten. Spielern sei daher angeraten, diese Rezension zu überspringen und dem Entscheid des Spielleiters zu vertrauen.

Widmen wir uns nun einem Handlungsüberblick: Alles beginnt, fast wie gewohnt, mit einem Mord. Das Opfer, Thaddeus Whistlespoon, arbeitete in den Diensten seiner Majestät für die Entwicklungsabteilung der britischen Admiralität. Die Seehoheit der Briten wird durch die aufstrebenden europäischen Kontinentalmächte gefährdet und so wurde Whistlespoon mit einem streng geheimen Projekt beauftragt – der Konstruktion eines neuen Kriegsschiffes. Doch all dies können die Charaktere nicht wissen, als sie die Ermittlungen aufnehmen. Und selbst, wenn sie hinter die Geheimnisse der Arbeit des toten Konstrukteurs kommen, so können sie zwar geheimnisvolle Spione und verräterische Assistenten enttarnen, nicht aber den Mörder. Denn der Mord an Thaddeus Whistlespoon hat mitnichten mit seiner Arbeit zu tun, sondern nimmt seinen Ursprung in einer Jahrzehnte zurückliegenden Familientragödie …

„Dreadnought – Fürchte nichts!“ ist in mehrerlei Hinsicht ein ungewöhnliches Abenteuer für „Private Eye“. Denn erstmals verlassen wir geschichtlich das ausgehende 19. Jahrhundert und widmen uns einem Fall im Jahre 1904. Eine Verlegung der Geschichte in andere Epochen ist aufgrund der Konstruktion des „Dreadnought“, jenem Zerstörer, den Whistlespoon bauen sollte, schlecht möglich. Dazu kommt die politische Tragweite und strenge Geheimhaltung des Falls, die es „normalen“ Privatermittlern sehr schwierig macht, auf legalem Wege Ermittlungen anzustellen. Fast hätte ich mir gewünscht, der Autor hätte noch einige vorgefertigte Charaktere für diesen besonderen Ausflug bereitgestellt, die im Auftrag der Marine hätten handeln können. Damit würde aber zugegebenermaßen eine der interessantesten Komponenten des Abenteuers – nämlich das Staatsgeheimnis um den „Dreadnought“ – verloren gehen.

Wiederum absolut vorbildlich gelungen ist die Aufarbeitung des Materials. Erwähnenswert ist der hohe Detailgrad, in dem Holzinger seinen Abenteuertext präsentiert. So sind für alle möglichen Anlaufpunkte Adressen und Beschreibungen vorgesehen, jede wichtige Person wird genau beschrieben und sogar ihr Verhalten im Falle einer Beschattung beleuchtet. Dazu kommt eine vorbildliche Skalierbarkeit der Komplexität des Falles. So können neben dem eigentlichen Mord und dem Aufdecken der Spionage schrittweise weitere Schichten des Falles und neue Verbrechen seitens des Spielleiters eingeführt oder auch ignoriert werden. Das Abenteuer ist somit maximal flexibel gestaltet und eignet sich damit sowohl als Kurzausflug in die Welt der Detektive als auch als mehrere Abende füllender Mammutfall, in dem die Detektive reichlich Laufarbeit verrichten müssen. Das gefällt.

Der Band erscheint wie üblich als schwarz-weißes Softcover und ist liebevoll und reichhaltig bebildert. Das Layout zeigt sich gewohnt schlicht aber sehr gut lesbar und gerade die Zusatzinformationen und Zusammenfassungen des Anhangs sind gut lesbar gesetzt. Das Cover gestaltete wieder einmal Manfred Escher, und es fügt sich gut in die Reihe der „Private Eye“-Abenteuerbände ein. Allerdings verrät es schon fast zu viele Details der Handlung und sollte daher Spieleraugen verborgen bleiben. Umfangreiche Materiallisten und Handouts sowie die üblichen Indizien-Übersichten und Spielwerte für NSC runden den Band wie gewohnt ab. Lektorat und Korrektorat haben gute Arbeit geleistet, womit ich für die technische Seite nur eine gute Note vergeben kann.

Fazit: „Dreadnought – Fürchte nichts!“ ist nicht nur ein sehr gelungener zwölfter Abenteuerband für „Private Eye“, sondern auch eine rechte Wundertüte. Dank der Skalierbarkeit der Komplexität und einem interessanten wie gut dargebrachten Plot gibt es von mir eine glatte Kaufempfehlung.

Dreadnought – Fürchte nichts!
Abenteuerband
Jens Holzinger
Redaktion Phantastik 2018
ISBN: 978-3946759119
56 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 13,95

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