von André Frenzer
„Tödliche Offenbarung“ ist der mittlerweile fünfzehnte Abenteuerband der „Private Eye“-Reihe. Der Band enthält – wie meistens – ein ausführliches Szenario, welches mit allen Handouts und Anhängen den gesamten Platz der insgesamt 80 Seiten in Anspruch nimmt. Autor ist Jens Holzinger, welcher mit „Dreadnought“ bereits für den zwölften Band der Reihe verantwortlich zeichnete.
Wie auch bereits bei den letzten Bänden scheint es bei „Tödliche Offenbarung“ nicht mit rechten Dingen zuzugehen. Denn wie lässt es sich bitteschön erklären, dass Dr. Theodore Parker vor den Augen seines Assistenten von einem geheimnisvollen Reiter, der rot glühend und hoch zu Ross durch den Londoner Abendnebel prescht, enthauptet wird? Was die Öffentlichkeit zusätzlich aufschrecken lässt, ist, als weitere Morde nach dem gleichen Schema geschehen. Haben wir es mit den Apokalyptischen Reitern zu tun? Steht das Ende der Welt bevor? Was hat es mit der großen Mormonen-Gemeinde auf sich, die das Ende der Welt für den kommenden Februar prophezeit? Oder sind es doch gut getarnte profane Gründe, die hinter den Morden stecken?
Die Antwort enthält natürlich Spoiler.
Tatsächlich handelt es sich bei der aufsehenerregenden Mordserie um einen Rachefeldzug. Vier Brüder, getarnt als die Reiter der Apokalypse, nehmen Rache an den Männern, die an der Vergewaltigung ihrer Schwester und der Verschleierung des Verbrechens beteiligt waren. So gibt es für die Detektive einiges zu recherchieren: Da wäre zunächst einmal die richtige Verbindung zwischen den Mordopfern herauszufinden, den wahren Täter des Jahre zurückliegenden Verbrechens – der Vergewaltigung – zu überführen und schlussendlich natürlich noch die vier Apokalyptischen Reiter zu stellen – denn Selbstjustiz ist auch aus hehren Gründen natürlich kein Mittel der Wahl.
Das Abenteuer gibt sich dabei alle Mühe, für alle möglichen Detektivgruppen zu funktionieren. Ob des überirdisch anmutenden Themas bieten sich Detektive der S.P.E.A.R.-Gesellschaft zwar an, doch auch für Polizisten oder privat involvierte Ermittler gibt es genügend Vorschläge, um sie am Spiel teilhaben zu lassen. Diese Flexibilität bringt der Autor auch bei dem Schwierigkeitsgrad des Falles ein: So gibt es zu jedem Mord eine falsche Fährte, welche erfahrene Detektive bei Laune halten kann und die Ermittlungen weiter erschwert. Ebenso ist es aber auch möglich, die wichtigsten Hinweise auf die Hintergründe rasch an die Spielgruppe zu bringen, um Abkürzungen zu bieten und Umwege zu vermeiden. Das weiß prinzipiell zu gefallen. Leider sind viele der falschen Fährten aber nur sehr grob umrissen ausgebaut, sodass es hier noch weitere Arbeit durch den Spielleiter braucht, will er die Vorschläge auch in sein Abenteuer integrieren.
Davon ab ist die Aufbereitung des Abenteuers wieder vorbildlich gelungen. Dem eigentlichen, gut strukturieren und mit vielen Hinweiskästen mit Zusatzinfos versehenen Abenteuertext schließt sich zunächst eine umfangreiche NSC-Galerie mit allen wichtigen Personen an. Im weiteren Anhang findet sich eine Relationship-Map, ein Zeitplan, Übersichten über die zu verteilenden Hinweise und eine Menge hübsch gemachter Handouts, welche die Spieler an verschiedener Stelle finden können. Auch an reichlich Kartenmaterial für die verschiedenen Schauplätze wurde gedacht: vorbereitungsfreudige Spielleiter finden hier eine wahre Goldgrube an Material.
„Tödliche Offenbarung“ entspricht von der Aufmachung dem von „Private Eye“ gewohnten Format. Der Band ist in Schwarz-Weiß gehalten, reichhaltig mit alten Fotos oder stimmungsvollen Skizzen bebildert und sauber layoutet. Das Cover stammt – trotz seiner relativen Schlichtheit – abermals von Manfred Escher und wirkt stimmungsvoll, wenn auch tatsächlich nicht ganz zum Text passend: Der dargestellte Reiter erinnert eher an einen „Kopflosen Reiter“ denn an die Reiter der Apokalypse. Korrektorat und Lektorat haben gute Arbeit geleistet und damit kann ich technisch nur eine gute Note vergeben.
Fazit: „Tödliche Offenbarung“ bietet einen klassischen Kriminalfall in übernatürlichem Gewand, welcher auf verschiedene Schwierigkeitsgrade skaliert werden kann und damit für alle Spielgruppen interessant sein könnte. Die vorbildliche Aufbereitung ist ein weiterer Pluspunkt. Empfehlenswert.
Tödliche Offenbarung
Abenteuerband
Jens Holzinger
Redaktion Phantastik 2024
ISBN: 978-3-946759-98-0
80 S., Softcover, deutsch
Preis: 17,95 EUR
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