von Kurt Wagner

Der etwas größerformatige Hardcoverband (entspricht vom Format her beispielsweise den Anthologie-Hardcovern von Panini), der in Amerika zum 80. Geburtstag von Aquaman erschienen ist, begrüßt den Leser mit einer Einleitung von Christian Endres, der kurz umreißt, wie Aquaman – oder bürgerlich Arthur Curry – entstanden ist und wie sein Umfeld aus Freunden und Feinen aussieht. Das ist wie immer höchst hilfreich, um auch als Gelegenheitsleser in den Band einsteigen zu können, ohne ein völliges Fragezeichen im Kopf zu haben.

Anschließend folgen elf neue Kurzgeschichten, die unterschiedlichste Aspekte der Herrschers von Atlantis in den Fokus stellen. Mal versucht er sich als Vulkankalmarflüsterer und zeigt gleichzeitig ein paar Russen mit ihrem Atom-U-Boot, wer hier der blonde Amerikaner im Ozean ist. Dann legt er sich mit einer mythischen Hexe an oder muss sich mit einem legendären König von Atlantis gegen (zugegeben nicht sehr maritime) Wolfsmenschen verteidigen. In einem märchenhaft anmutenden Beitrag trifft er zu Zeiten des Dritten Reichs auf die Rheintöchter. Und in der Zukunft muss Aquaman den Frieden zwischen Atlantis und dem Oberweltstaat Cerdia sichern.

Immer wieder geht es auch um die Familie, entweder, wenn die Liebe zwischen Aquaman und Mera verteidigt werden muss, wenn sein Halbbruder Orm für Ärger sorgt oder wenn seine kleine Tochter Andy augenzwinkernd ins Rampenlicht gestellt wird. Apropos Augenzwinkern: Grundsätzlich sind die Geschichten eher ernst und von einer gewissen Dramatik durchzogen. Zum blondbärtigen, muskulösen Hünen, als der Aquaman bevorzugt dargestellt wird, passt wohl eher Wagnerianisches Donnergrollen als leichtfüßiger Humor.

Optisch wird, wie immer in so Anthologie-Bänden, natürlich Vielfalt geboten. Dabei ist die Qualität eigentlich durch die Bank sehr ansehnlich. Kein Comic reißt völlig nach unten aus, einzig „Rotes Meer“ weist einen etwas rohen Strich auf, der aber irgendwie zu der rohen Handlung passt. Den interessantesten Stil bietet sicher Trung Le Nguyen in der Story „Rheintöchter“. Ansonsten sind – wie gesagt – viel blonder Bart, kräftiger, nackter, tätowierter Oberkörper und rauer Seemanns-Charme angesagt.

Ein Leckerbissen sind einmal mehr die zwischen manchen Storys eingesetzten Ganzseiten-Porträts, die Aquaman, Mera, Black Manta oder den Ocean Master zeigen. Leider sind es in dieser Ausgabe vergleichsweise wenig, immerhin erfreut am Ende eine umfangreiche Covergalerie mit Varianten der Jubiläumsausgabe, die noch einmal  unterschiedlichster Interpretation von Aquaman im Laufe der Jahrzehnte präsentiert.

Fazit: Für Aquaman-Fans ist der bunte Sammelband zum 80. Geburtstag sicher ein schönes Geschenk. Aber auch für Einsteiger, die mal in Aquamans Welt hineinschnuppern wollen, ist er sehr zu empfehlen, denn der Band gibt einen guten Einblick in Aquamans Umfeld sowie in die Themen, die zu der Figur gehören. Außerdem bietet er eine schöne Bandbreite an Darstellungen der Figur, wenn auch natürlich mit Konzentration auf die moderne „Wikinger“-Interpretation. Klar ist aber auch: Alle Storys sind sehr kurz und in zwei Fällen sogar nur der Auftakt zu mehr. Komplexität ist da nicht zu erwarten. Ebenso gibt es praktisch kein Hintergrundwissen zur Figur. Wer tiefer in Aquamans Werdegang einsteigen möchte, der wäre mit dem Anthologie-Band aus dem Jahr 2018 besser bedient. Der kostet nur 11 Euro mehr und bietet dafür 400 Seiten Inhalt, allerdings keine neuen Geschichten, sondern speziell ausgewählte Reprints aus allen Jahrzehnten.

DC Celebration – Aquaman
Comic
Geoff Johns, Marguerite Bennett, Cavan Scott, Dan Jurgen u.a.
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-2766-8
116 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 24,00

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