Das Haus am See 1

Endlich Sommer! Jetzt werden die Füße hochgelegt und die Seele darf an einem See bei Gluthitze baumeln. Aus der Bluetooth-Box ertönt Peter Fox' Strophe: „Hier bin ich gebor'n, hier werd' ich begraben“, und statt zum x-ten Mal zum eisgekühlten Getränk zu greifen, hältst du einen Panini-Comic in deinen Händen. Siehe da, es ist der DC Schocker „Das Haus am See“. Wenn ich so daran denke, kann ich's eigentlich kaum erwarten …

von Daniel Pabst

Dieser Comic enthält die ersten sechs Kapitel der neuen DC Schocker-Comic-Reihe des DC Black Labels. Der Originaltitel lautet „The nice House on the Lake“ und wurde erdacht von James Tynion IV, der unter anderem für die neue Comic-Reihe „Der Joker“ oder „Something is Killing the Children“ bekannt ist. Unterstützt wurde er von Álvaro Martínez Bueno (bekannt für „Justice League Dark“), der die Cover und Zeichnungen anfertigte, sowie Jordie Bellaire (bekannt für die Reboot-Serie „Buffy – the Vampire Slayer“), die die Farbgebung übernahm. Ist dies der Beginn einer grausam zu lesenden Comic-Reihe, oder gibt es hier einen wirklichen „Schocker“? Das Cover stimmt auf eine sehr makabre Geschichte ein, bei der einzig das warm beleuchtete Haus einladend wirkt. Dass die Stimmung trügerisch ist, zeigt der panisch-dreinblickende Frauenkopf im See …

Die Handlung setzt mit einer Einladung zu einem kurzen Sommerurlaub ein, der 7 Tage andauern soll. Die Gäste sind zehn Personen, die sich mehr oder weniger schon einmal begegnet sind. Der Ort des Urlaubs: ein gigantisches Haus am See, dessen Inneres über eine Grotte mit Pool, einen Spa, einen Floating-Tank, einen Kinosaal, eine Bücherei und eine Empfangshalle mit Konzertflügel verfügt. Die Kühlschränke sind gut gefüllt und die Zimmer der Gäste schön hergerichtet. Einzig der Gastgeber hat sich noch nicht blicken gelassen. Als Leserin oder Leser kommt einem dieses Setting für Horrorgeschichten relativ bekannt vor, und man ist verleitet, die Seiten in der Erwartung umzuschlagen, dass sich gleich Unbehagen ausbreiten, ein „Spiel“ beginnen und einer nach dem anderen ums Überleben kämpfen wird. Doch weit gefehlt! Der DC Schocker verspricht anderen Inhalt. Walter, der Gastgeber, begrüßt die Anwesenden herzlich und hat Steaks mitgebracht.

Die Grillparty am See kann also beginnen! Dort amüsieren sich alle gut, bis die Künstlerin Ryan Cane auf ihr Smartphone schaut und routinemäßig durch die Neuigkeiten wischt. Eine alt-bekannte Frage, die ihr Walter in einer Bar eines Frühsommers nach ein paar Bieren gestellt hatte, ploppt ihr ins Gedächtnis: „Was glaubst du, wie die Welt endet?“. Und mit einem Schwupp ist die Welt eine andere. Der Horror beginnt. Denn die zehn Gäste sollen fortan die einzig lebendigen Menschen sein, nachdem ein „Feuersturm“ über die Erde gezogen ist. Können sie den Nachrichten trauen? Wie lebt es sich in einem Haus am See, wo sich ein Sommermärchen in eine Endstation gewandelt hat? Gibt es einen Punkt, an dem man – entgegen jeder Vernunft – nur noch versucht, der Isolation zu entfliehen? Was hat Walter damit zu tun, und wo ist Walter? Eben war er doch noch da!

Dem Comic „Das Haus am See“ gelingt es, die Spannung zu halten und nicht nur auf bekannte Horroreffekte oder Szenarien zu setzen. Durch die zehn Charaktere wird das Zusammenleben facettenreich. Die Zeichnungen von Álvaro Martínez Bueno sind rau und zeichnen sich durch viele Striche aus. Die Nasen oder Augen der Figuren verschwinden oder sind nur angedeutet. Dann und wann sieht man eine fotorealistische Abbildung. Jordie Bellaires Farben geben dem Ganzen die düstere Stimmung. Im Laufe des Bandes werden die Farben dunkler und von den blauen Strähnen der Künstlerin ist stellenweise nicht mehr viel übrig. Unterbrochen wird die Handlung durch ganzseitige Texte, die wie „authentische Dokumente“ aussehen (was an die Hörspielreihe „Mitschnitt“ von Lübbe Audio, 2007-2009, erinnert). Beinahe könnte man den Eindruck gewinnen, Teil der Party zu sein. Hatte Walter vor Beginn der Katastrophe nicht auch angekündigt, dass es elf Gäste sein werden ...

Leseprobe

Fazit: James Tynion IV, Álvaro Martínez Bueno und Jordie Bellaire haben mit „Das Haus am See“ einen Horrorcomic ans Ufer gespült, der spannend ist. Für ein paar Stunden Abwechslung im Sommerurlaub hat „DC Schocker“ mit diesem Auftakt also gesorgt. Vor dem Kauf dieses Comics sollte man aber wissen, dass eine gute Portion Science-Fiction eingeflossen ist und der Horrortrip von Seite zu Seite unwirklicher wird. Lässt man sich darauf ein, dann wird man nicht wollen, dass der Spuk nach diesem Band ein Ende nimmt, sondern wird gespannt auf den zweiten und letzten Band warten, um dem Rätsel auf den Grund zu gehen.

Das Haus am See 1
Comic
James Tynion IV, Álvaro Martínez Bueno
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-2777-4
196 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 22,00

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