Buffy – the Vampire Slayer 6: Geheimnisse der Jägerin

Eine in Abendrot gefärbte Straße wird zum Großteil von einem Schatten verdeckt. Am Straßenrand wartet jedoch keine Anhalterin, sondern eine Frau, die mit ihrer rechten Hand einen kleinen Holzpfahl umklammert. Im Himmel prangt die Überschrift: „Buffy the Vampire Slayer“. Da wissen wir, dass wir das Titelbild eines Comics vor uns haben, der in Sunnydale spielen wird. Buffy, Kendra, Faith kennen wir – doch gibt es noch weitere Jägerinnen da draußen?

von Daniel Pabst

„Buffy – the Vampire Slayer 6: Geheimnisse der Jägerin“ ist der neueste Band des „Buffy“-Comic-Reboots. Wie schon im Vorgängerband haben sich Jordie Bellaire und Jeremy Lambert für die Story zusammengetan. Der bei Panini Comics erschienene Band beinhaltet das Kapitel 21, das Kapitel 22 und die Erzählung „Faith“. Wieder einmal sind die Zeichnungen und Farben von unterschiedlichen Künstlerinnen und Künstlern beigesteuert worden. Am Ende dieses Bandes erwartet uns eine Cover-Galerie – diesmal mit Zeichnungen von Becca Carey, Marguerite Sauvage, Naomi Franquiz, Kevin Wada, Joe Quinones, Dani, Tamra Bonvillain und David López (von dem auch das vielsagende Cover dieses Bandes stammt).

Das Positive an diesem Band gleich zu Beginn: Dem Fernseher darf eine kurze Pause gegönnt werden. Denn statt dem Anschauen der nächsten „Buffy“-Folge von Joss Whedon kann zu diesem Comic gegriffen werden. Die Geschichte bietet neue Aspekte über die Jägerinnen, die am meisten damit zu kämpfen haben, dass sie als „Auserwählte“ die Bürde tragen, die Welt vor Unwesen zu befreien, statt ein normales Teenagerleben zu haben. Besonders stark ist die Geschichte „Faith“ (Zeichnungen: Eleonora Carlini, Farben: Mattia Iacono). Ebenfalls besser als die Vorgängerbände macht diesen Band, dass er einen Einblick in den Kreativprozess gibt. Auf einer Doppelseite sehen wir das Charakterdesign von Eleonora Carlini zu „Faith“.

In Kapitel 21 erleben wir Anya, die der einen oder dem anderen aus der TV-Serie bekannt sein wird. Sie verkauft in ihrem Laden – der „Magic Box“ – nicht nur allerlei geheimnisvolle Antiquitäten, sondern trifft sich dort mit einer jungen Frau namens Morgan Palmer. Die mysteriösen Morde der Wächter, die in „Buffy – the Vampire Slayer 5: Das böseste Böse“ begannen, nehmen immer größere Maßstäbe an, da nun auch Jägerinnen ermordet werden sollen. Und irgendetwas hat Morgan Palmer damit zu tun. Wie weit ist Anya nur in die Sache verstrickt? Auf weniger als zehn Seiten wird dieser Krimi aufgelöst. Die Farben von Raúl Angulo und die Zeichnungen von Andrés Genolet hierzu überzeugen ebenso wie die schockierenden Enthüllungen.

Das Kapitel 22 dagegen kann man beinahe überblättern. Die Handlung und die Zeichnungen überzeugen nicht. Der lustige Dämon, den Ramon Bachs gezeichnet hat, könnte einzig einen Moment der Unterhaltung bieten. Ansonsten sind die Charaktere unglücklich figurbetont, und deren Gesichter schwanken zwischen kindlichem Aussehen und zombiehaften Zügen. Leider sucht man auch die Logik vergebens. Deutlich wird dies, als Giles für Buffy und sich Eis mit zwei Löffeln holt, welches in zwei rosafarbenen Bechern verpackt ist. Im nächsten Panel sind die Becher dann weiß, und aus den zwei Löffeln wurden drei! Giles hält einen Löffel, ein zweiter steckt im Becher, und auch Buffy hat einen. Als Giles fragt: „Wie machen wir das? (…) Hätte ich dazu Waffeln besorgen sollen? Und wo bekommt man …?“, worauf Buffy antwortet: „Direkt aus dem Becher alter Mann“, und Giles antwortet: „Gute Güte …“, schüttelt man angesichts der Unschlüssigkeit nur mit dem Kopf.      

Das Weiterlesen lohnt sich dennoch. Denn was folgt, ist das Highlight der Reboot-Serie! Das von Eleonora Carlini gezeichnete Erlebnis von Faith ist so gut, dass man sich einen von ihr alleine gezeichneten Comic über die Jägerinnen wünscht. Auf 40 Seiten erleben wir, wie Faith in einem Kinosaal sitzt und in Erinnerungen schwelgt. Dabei vermischen sich die Wirklichkeit, die Vergangenheit und eine Traumwelt. Faith weiß nicht mehr, woran sie glauben soll ... Es werden zahlreiche Ideen geboten, die auch Fans der TV-Serie erfreuen werden. Die Farben von Mattia Iacono lassen die sehr lebendigen, großen und actionreichen Panels hervorstechen. Auch sehr eindrucksvoll sind die Panels, in denen wir die Vergangenheit von Faith sehen, welche Mattia Iacono in Grautönen wiedergibt – einzig die Zähne der Menschen um die junge Faith herum leuchten in Gelb und das Zahnfleisch wurde grausig in Rot getönt. Durch diesen klasse Effekt verwandeln sich die Figuren rund um Faith zu einer berühmten Figur aus dem „Batman“-Universum: dem „Joker“!

Fazit: Dieser Comic ist dank Eleonora Carlini der Lesenswerteste aus der gesamten Reboot-Reihe. Durch den Anfang, der Anya gewidmet ist, und das Ende, das Faith gewidmet ist, sind diese beiden Frauen der Dreh- und Angelpunkt von „Buffy – the Vampire Slayer 6: Geheimnisse der Jägerin“. Wer insbesondere einen schön zu lesenden und stark gezeichneten 40-seitigen Comic über Faith sucht, dem kann dieser Band sehr empfohlen werden. Alle, die „ihre“ Buffy, Willow, Kendra, Xander oder gar Angel sehen wollen, werden hier nicht fündig – dafür gibt es die TV-Serie von Joss Whedon…

Buffy – the Vampire Slayer 6: Geheimnisse der Jägerin
Comic
Joss Whedon, Jordie Bellaire, Jeremy Lambert u. a.
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-3079-8
116 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 15,00

bei amazon.de bestellen