Buffy – the Vampire Slayer 1: Schule ist die Hölle

Ende der 1990er feierte eine TV-Serie ihren Einstand, die über Jahre hinweg der heiße Scheiß in Sachen Genre-Unterhaltung sein sollte: „Buffy – the Vampire Slayer“ von Joss Whedon, eine humorvolle, actionreiche, dramatische Teenie-Grusel-Soap um die Jägerin Buffy Summers und ihre Freunde, die in der Kleinstadt Sunnydale gegen Vampire, Dämonen und anderes Höllengezücht zu Felde zogen. Die Serie war damals ein Riesenhit. Jetzt wird Buffys Geschichte erneut erzählt: in diesem Comic-Reboot.

von Frank Stein

Die Entscheidung, Buffy im Comic wiederzubeleben, ist dabei nicht so seltsam, wie es einem erstmal vorkommt. Serienschöpfer Whedon war schon immer auch ein Comic-Fan. Tatsächlich wurde die TV-Serie damals (ebenso wie ihre Spin-Off-Serie „Angel“) nach ihrer Absetzung im Jahr 2003 bereits im Comic weitererzählt. Staffel 8 bis 12 präsentierten sich zwischen 2008 und 2019 als stellenweise hemmungslose und von allen Budgetbeschränkungen befreite Abenteuerhandlung, nicht immer ganz gelungen, doch unterm Strich höchst lesenswert für alle Fans. Nachdem mit Staffel 12 nun „die alte Buffy“ endgültig in Rente geschickt wurde, startet ihre jüngeres Pendant mit diesem Reboot neu durch. In Amerika hat die Auserwählte dabei im Comic-Verlag BOOM! eine neue Heimat gefunden, auf Deutsch geht es nahtlos bei Panini Comics weiter.

Der erste Sammelband aus der Feder von Jordie Bellaire umfasst die Ausgaben 1 bis 4 und führt auf 128 Seiten in die Welt von Buffy und ihren Freunden ein. Wir lernen Buffy kennen, die mit ihrer Mutter und deren Partner neu nach Sunnydale gekommen ist und auf der Suche nach Freunden auf das Mädchen Willow und ihren Kumpel Xander stößt (kein Paar! – obwohl Xander gern was mit Willow anfangen würde). Wir treffen auf ihren Mentor Giles, den Bibliothekar der Schule, und erfahren, dass Buffy eine sogenannte Jägerin ist, also eine Frau mit besonderer Stärke und dem Talent, widernatürliche Kreaturen zu bekämpfen. Von denen tummeln sich in Sunnydale mehr als nur ein paar, ein Umstand übrigens, der langjährigen Bewohnern durchaus bekannt ist und der zwar immer noch Angst hervorruft, aber kaum Überraschung.

Für Neuling im Buffyverse ist das erstmal bloß eine nette weitere Story über eine Jugendliche mit besonderen Kräften. In der heutigen Zeit keine ausgesprochen innovative Idee. (Dabei ist Buffy ironischerweise doch die Urmutter so vieler, ähnlich gearteter Geschichten.) Bei der Fülle an Figuren muss man sich auch zunächst ein wenig sortieren. Da wäre etwa die Schulschönheit Cordelia, ein bisschen naiv und zugleich ein bisschen hinterhältig. Außerdem gibt es in Sunnydale offenbar eine Dämonenhexe in Menschengestalt namens Anya, die einen geheimen Okkultshop betreibt. Auf Seite der Bösen taucht das Bonnie-&-Clyde-artige Vampirpärchen Drusilla und Spike auf. In Nebenrollen sind Willows Punk-Geliebte Rose, ein Football-Spieler names Robin, der ein Auge auf Buffy geworfen hat, sowie Cordelias oberflächliche Freundin Harmony mit von der Partie. Und eine „zahme“ Vampirkiller-Riesenfledermaus namens Camazotz. Und am Ende steht ein geheimnisvoller Mann in den Schatten, der sich erstmal nicht richtig einordnen lässt (also für Nicht-Kenner).

Kenner fühlen sich bei all dem dagegen sofort wie zuhause. Dabei stellt sich, wie bei allen Reboots, vor allem die interessante Frage, was wie früher geblieben ist und was neu interpretiert wurde. Neu sind auf jeden Fall Rose und Robin (und Camazotz), das lesbische Mädchen und der dunkelhäutige Junge. Das dürfte zum einen der heutigen Sensibilität geschuldet sein, nicht bloß weiße, heterosexuelle Helden zu präsentieren. Es kürzt aber auch den großen Subplot ab, der Willow in der TV-Serie ihre Homosexualität entdecken ließ. Das ist nur realistisch. Ein Mädchen von vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahren dürfte im Jahr 2020 bereits ein gutes Gespür dafür haben, ob es auf Jungs oder Mädels steht. Dem wird mit der Beziehung zu Rose hier Rechnung getragen. Ansonsten sind die Figurenkonstellationen weitgehend bekannt, auch wenn ich mich nicht daran erinnere, dass Anya einen Okkultshop gehabt hätte – aber ich muss gestehen, dass ich „Buffy“ damals auch nur im TV gesehen habe, das ist also um die 20 Jahre her.

Auch wenn einem natürlich einiges bekannt vorkommt, macht es Spaß, erneut in Buffys Welt einzutauchen. Die Bedrohungen mögen noch nicht sehr groß sein, es geht vielmehr darum, dass jeder jeden kennenlernt – und die Leser die Figuren. Etwas stärker als früher wird direkt die Seelenlage der Protagonisten betrachtet. So ringt Buffy direkt mit dem Problem, Freunde, Schule, Familie und Jägerinnendasein unter einen Hut zu bringen (diese Sorge hatte sie meiner Erinnerung nach erst in späteren TV-Staffeln). Und Xander fühlt sich schwach und nutzlos, ein Zweifel, der gegen Ende zum echten Problem werden wird.

Nicht nur von der Story her, sondern auch visuell weiß der Comic durchaus zu gefallen. Die Illustrationen von Dan Mora haben einen klaren Strich, die Figuren mögen comichaft stilisiert sein, aber die Schauspieler der TV-Serie sind grundsätzlich gut zu erkennen. Verzerrte Gesichter oder Körper stellen eher die Ausnahme dar. Nett sind die kleinen Insider, die hier und da ins Bild eingestreut wurden, etwa wenn über eine Mattscheibe mal ein bei Kennern beliebtes Raumschiff der Firefly-Klasse fliegt.

Zur Einleitung gibt es übrigens einen hilfreichen Rückblick auf „Buffy“ von Steffen Volkmer. Eine prachtvoll umfangreiche Covergalerie rundet den Band gelungen ab.

Fazit: Ich bin mir nicht ganz sicher, wie sehr der Reboot von „Buffy“ Neuleser abholt. Ein Schulmädchen, das mit seinen Freunden Vampire jagt, gewinnt im Jahr 2020 keinen Innovationspreis mehr. Und dieser erste Band setzt sehr stark darauf, Figuren vorzustellen, derweil es eher wenig spannende Handlung gibt. Die Bedrohungen bleiben auf wenige Panels beschränkt – ein Straßenkampf gegen Vampire hier, ein Überfall auf dem Friedhof da – beziehungsweise werden in Gestalt von Drusilla und Spike noch gar nicht richtig aktiv. Für „Buffy“-Fans ist auch der Reboot natürlich ein Leckerbissen. Es macht Spaß, die bekannten Figuren in behutsam überarbeiteter Form neu kennenzulernen, Beziehungen zu betrachten und über mögliche Konfliktlinien zu spekulieren. Gleichzeitig ist der Charme der früheren Inkarnation – die sympathischen Figuren, die augenzwinkernden Momente und die pointierten Dialoge – komplett erhalten geblieben. In diesem Sinne ein gelungener Einstand, der neugierig auf die Fortsetzung macht.

Buffy – the Vampire Slayer 1: Schule ist die Hölle
Comic
Joss Whedon, Jordie Bellaire, Dan Mora
Panini Comics 2020
ISBN: 978-3-7416-1721-8
128 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 15,00

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