Batman – Die Maske im Spiegel 1

Ein gesprungener Spiegel, zu dem Batman mit dem Rücken steht und in den er mit seiner Maske, über die Schulter gebeugt, hineinschaut. Erwartet uns hier ein Spiegellabyrinth der Zerrissenheit? Ist Batman nunmehr nur ein Schatten seiner selbst? Band 1 der neuen DC Black Label-Trilogie lässt tief blicken.

von Daniel Pabst

„Batman – Die Maske im Spiegel 1“ ist der Auftaktband einer Trilogie, die im Jahre 2021 erschienen ist. Der Originaltitel lautet: „Batman: The Imposter“ und ist Teil des DC Black Labels. Autor der Trilogie ist Mattson Tomlin. Die Zeichnungen lieferte Andrea Sorrentino. Die Farben stammen von Jordie Bellaire, das Lettering von Tatiana Bonora und die Übersetzung von Josef Rother. Die deutsche Version des Comics hat uns Panini Comics ermöglicht. Was bietet der Band 1 von „Die Maske im Spiegel“? Welchen Auftritt legt die berühmte Fledermaus „Batman“, geschaffen von Bob Kane und Bill Finger, diesmal hin?

Der Autor Mattson Tomlin stellt uns in diesem Comic-Band den Philanthropen Bruce Wayne zu Beginn seiner Maskerade als „Batman“ vor, der sich nach Gerechtigkeit sehnt und dabei die Verbrechensbekämpfung selbst übernimmt. Doch er sieht sich mit einem Problem konfrontiert, bei dem ihm seine stählernen Muskeln nicht aushelfen können. Der Polizei, beziehungsweise dem GCPD (Gotham City Police Department), werden Aufzeichnungen vom Tod dreier Verbrecher zugespielt, bei denen auch der Täter zu sehen ist. Dieser ist: Batman! Das GCPD muss dieser Spur nachgehen, und so gerät Batman in Bedrängnis.

Hat der Mitternachtsdetektiv tatsächlich eines seiner wichtigsten moralischen Grundprinzipien: „Niemals töten!“ gebrochen? Sollte Batman die Sache der Polizei überlassen und sich stellen, um zu beweisen, dass der Mörder nur einen gleichen Umhang und die ikonische Maske bei der Tat trug? Oder kann er dem GCPD nicht trauen und muss die Aufklärung selbst in die Hand nehmen? Wer gibt sich als mordlustiger Doppelgänger des geflügelten Rächers aus? Und dann wäre da noch Bruce Waynes selbstgesetzter Schwur, sich nicht von der Angst, dem Schmerz und der Wut zu reinigen, sondern als Batman zu all dem gemeinsam zu werden. Steckt hinter der Maske also doch mehr, als wir erahnen können?

Die Polizei ermittelt gegen Batman, wie wir erfahren, durch eine neu gebildete Task Force, zu der auch die Detektivin Blair Wong delegiert wurde. Jedoch traut sie der gesamten Geschichte nicht, und so begibt sie sich auf eigene Faust auf die Suche nach der Fledermaus, die drei Verbrecher vom Dach getreten hat. Sie fragt sich, wer Interesse daran haben könnte, dass Batman am Ende als Verbrecher inhaftiert wird und seine nächtlichen Gerechtigkeitstouren durch Gotham City aufgeben muss. Aus ihren Ermittlungserfahrungen glaubt sie zu wissen, dass Batman nicht „die Seiten gewechselt“ hat und zu einem mordenden Rächer geworden ist. Da sich die Mächtigen dieser Stadt – „Cobblepot“, „Sionis“ und „Wesker“ – durch die Fledermaus in ihren kriminellen Machenschaften gestört fühlen, muss Wong abwägen, wem zu trauen ist. Wie aber lässt sich ihre Ego-Tour mit dem Schwur, dem GCPD zu dienen, vereinbaren? Es stehen wohl nicht nur für Batman schwierige Zeiten bevor.

Als dritter Protagonist wird uns die Psychotherapeutin Dr. Leslie Thompkins vorgestellt. Diese versucht Batmans Vergangenheit mit ihm zu bewältigen, die ihn quält und wie ein Stachel tief festsitzt und schmerzt. Vielleicht muss man sich erst selbst erkunden, um die Gedanken potenzieller Gegenspieler zu verstehen? Bruce Wayne, alias Batman, begibt sich auf dünnes Eis, als er nach einer Verfolgungsjagd bei Dr. Thompkins anklopft und zusammenbricht. Ist er in dieser Nacht zu weit gegangen? Kann die Ärztin Bruce überhaupt noch helfen? Auch sie steht kurz davor, ihren Schwur, die ärztliche Schweigepflicht, zu brechen und das GCPD von Bruces Erscheinen und Erlebten zu unterrichten.

Wie bei einem Krimi werden die Leserinnen und Leser in diesem Comic angeregt, mitzurätseln. Es werden ausreichend Spuren auf den Seiten dieses Comics gelegt, denen man folgen kann. Der Band 1 von „Die Maske im Spiegel“ verfolgt insgesamt einen realitätsnahen Ansatz. Dadurch fehlen hier große Explosionen und schillernde Superschurken. Vielmehr ist die Bedrohung für Gotham und Batman subtil dargestellt worden, denn der Stadt droht durch die Inhaftierung der Fledermaus und deren Vertrauensverlust ein Abrutschen in die organisierte Kriminalität, in der Banden mit der Polizei Katz und Maus spielen werden. Für Batman selbst ist die Gefahr schleichend, da er sich mit jeder Aktion der eigenen Sicherheit beraubt und gleichzeitig seine Unschuld beweisen möchte.

Man merkt beim Lesen dieses Bandes schnell, dass man einen Comic aus der DC Black Label-Serie in Händen hält und dieser erst Band 1 einer Trilogie ist, denn er liest sich gut, auch ohne Vorkenntnisse über Batman, und hält die Spannung für zwei weitere Bände hoch. Für Batman-Fans wurde mit der Person der Doktorin Thompkins auch ein interessanter Fokus auf eine alt-bekannte Figur aus Gotham City gerichtet.

Der Auftritt von Batman enthält gewohnte Elemente und ist dennoch anders. Dies mag an der Aufteilung der Panels, dem Handlungsaufbau und auch dem Lettering liegen. Gewohnt ist man den Schmerz und den Drang nach Gerechtigkeit, der aus der Ermordung von Bruce Waynes Eltern resultiert, bei der er als Kind Zeuge sein musste. Anders ist der Auftritt, wenn man die Panels betrachtet, die sehr wild und kreativ die Seiten abwechseln. Mal sieht man Batman als weiße Schablone auf einem weißen Turm stehen, umgeben von weißen Fledermäusen, dann dringt eine schwarze Fledermaus aus der Seitenmitte hervor, die auf der Brust das Fledermaus-Emblem hat. Und ein anderes Mal sehen wir eine Nahaufnahme des Gesichts von Bruce Wayne, über dem drei rote Fledermäuse thronen, deren Inneres Einblicke in Bruce Waynes Vergangenheit geben.

Ebenfalls sehr gelungen sind die kleinen zeichnerischen „Zoomeinstellungen“ in Kampfszenen, die in schwarz-weiß gehalten sind, und so wie eine Zeitlupe wirken. Auch gehen diese Zooms wortwörtlich unter die Haut, indem sie mehr zeigen, als das Auge in solchen Situationen erkennen würde. Das ist besonders experimentell, und kennt man in dieser Art eher aus Videospielen. „Die Maske im Spiegel 1“ ist somit äußerst kreativ gestaltet worden, was beeindruckt.

Die Handlung ist bislang krimitechnisch interessant, aber nicht sehr spannend. Es sei denn man verdächtigt, wie das GCPD Bruce Wayne, wofür es – ehrlich gesagt – aber bislang außer einer schlechten Kameraaufnahme keine Beweise gibt. Der perfide Plan, der Batman drei Morde anhängen soll, wirkt aus Lesersicht noch nicht besonders ausgeklügelt. Man darf auf baldige Spannungssteigerung in Band 2 und Band 3 hoffen, da diese noch in diesem Jahr erscheinen werden. Negativ fällt die Schriftart der streckenweise textlastigen Geschichte auf. Das mag Geschmacksache sein, aber die Schriftartwechsel für einzelne Charaktere, sowie die ständige Fettschrift einzelner Wörter, lenkt von der Handlung und den bildstarken Szenen ab. Das hätte es nicht gebraucht.

Fazit: „Batman – Die Maske im Spiegel 1“ ist ein Krimi unter dem (Deck-)Mantel von „Batman“. Wer bisher die Fledermaus nicht kennt, erhält hier Einblicke in die Gedankenwelt und Zerrissenheit von Bruce Wayne, nicht aber einen „klassischen“ Batman-Comic. Für Fans ist die DC Black Label-Geschichte ein guter erster Band, der (vielleicht unfreiwillig) auch mit kleinen Anspielungen aufgewertet wurde (wenn zum Beispiel ein maskierter Räuber Batman hämisch entgegenruft: „Das ist kein Witz“, so muss man an Batmans „Lieblingsbösewicht“, den Joker, denken). Es bleibt daher insgesamt ein sehr bildstarker und kreativer Auftakt, bei dem noch abzuwarten bleibt, ob die Handlung an Fahrt aufnehmen wird.

Batman – Die Maske im Spiegel 1
Comic
Mattson Tomlin, Andrea Sorrentino
Panini Comics 2021
ISBN: 978-3-7416-2547-3
60 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 13,00

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