Batman R.I.P.

Seien wir ehrlich: Die Superhelden-Universen von Marvel und DC neigen zu einer Komplexität, die es Quereinsteigern nie leicht macht, sich in diesen Abenteuerwelten zurechtzufinden. Nicht umsonst wird regelmäßig rebootet, nicht umsonst erzählen die erfolgreichen Kinofilme meist viel stärker fokussierte Geschichten als die Comics. Immer wieder erscheinen Sammelbände, die von sich behaupten, spannende und in sich abgeschlossene Episoden zu erzählen. Doch stimmt das wirklich? Schauen wir in „Batman R.I.P.“.

von Kurt Wagner

Der Ende 2009 in deutscher Übersetzung bei Panini erschienene Sammelband enthält laut Klappentext „die abgeschlossene Saga BATMAN: R.I.P. aus den US-Heften DC Universe 0 und Batman 676-683“. Das direkte Zusammenhängen der Einzelausgaben könnte einen hoffnungsfroh stimmen, dass man hier wirklich ein Abenteuer aus einem Guss hat. Aber das Universum von „Batman“ erzählt nicht nur im Kern die Geschichte von maskierten Psychopathen, von Dunkelheit, Wahnsinn, Drogen, Täuschung und Illusion, es ist auch – wie an der Heftnummer erkennbar – uralt. Und das versetzt der Verständlichkeit leider einen herben Dämpfer.

Aber worum geht es eigentlich? Batman sieht sich einer ominösen Verbrechervereinigung namens „Black Glove“ gegenüber, die nichts weniger zum Ziel hat, als den Dunklen Ritter ein für alle mal zu brechen. Er soll nicht in Frieden ruhen, sondern im Fegefeuer brennen – das R.I.P. steht für „Rot in Purgatory“, wie an anderer Stelle im DC-Comicheftuniversum nachzulesen ist. Im Zentrum von „Black Glove“ steht ein Mann namens Dr. Hurt, der Batman bereits früher in Behandlung hatte und dabei schon darauf vorbereitete, seinen Geist zu brechen.

Leider hat er nicht mit der strategischen Weitsicht Batmans gerechnet. Wie ein Schachspieler hat sich der Dunkle Ritter auf einen möglichen Persönlichkeitsverlust vorbreitet und ein finsteres Backup in sich abgelegt, das die Kontrolle übernimmt und ihm hilft, den Gangstern, die sich zum makabren Totentanz in Arkham versammelt haben, das Handwerk zu legen. Und noch eins haben die Salonbösewichte, die sich vor allem aus gestörten Superreichen rekrutieren, nicht bedacht. Man sollte niemals den Joker zu einer Party einladen, wenn man nicht imstande ist, seine Art von Humor zu ertragen ...

Auf der einen Seite ist „Batman R.I.P.“ gewohnt düstere und wirklich nicht schlechte Genre-Kost. Die Idee, Batman erst wahnsinnig und dann zum Spielball eines fiesen Spiels zu machen, bei dem die Zuschauer wetten dürfen, ob er überlebt oder daran zerbricht, hat alle Qualitäten, die man von einem Abenteuer in der Welt des Dunklen Ritters erwartet. Auch die Backup-Persönlichkeit von Batman hat ihren Reiz, ebenso das Gastspiel des Jokers, der wirklich als Gestalt jenseits von Gut und Böse charakterisiert wird.

Leider tappt Autor Grant Morrison in die Falle, in die viele Schreiber tappen, wenn sie in einer Materie zu tief drin sind. Er schmeißt den Leser mit Querverweisen und Anspielungen auf frühere Episoden zu, die einem ständig das Gefühl geben, nicht ganz mitzubekommen, was eigentlich gerade geschieht. Darüber hinaus wird ein unnötiges Arsenal an kostümierten Nebenfiguren und Seitenfraktionen bemüht, so als ginge es primär darum, das Graue von Batmans Welt durch verrückte Kostüme bunt zu färben. Vieles davon wäre absolut nicht nötig gewesen und dient der Geschichte selbst eigentlich gar nicht. Eine Konzentration auf den eigentlichen Konflikt hätte nicht nur dem Abenteuer zu mehr Geschlossenheit verholfen, sondern es auch inhaltlich noch etwas aufgewertet.

Regelrecht unverständlich wird der Comic in der der eigentlichen Handlung nachgesetzten Doppelepisode „Der Butler war es“ und „Was der Butler sah“. Hier ist Batman irgendwie in einer Maschine gefangen, die seine Erinnerungen aufsaugen soll. Dabei jagen die Panels in einem wilden stream of consiousness durch die Jahre von Batmans Leben. Es ist, als wolle Morrison die ganze Comic-Serie schlaglichtartig noch einmal zusammenfassen, wobei die Frage gestellt wird, ob Batmans Dasein eigentlich einen Sinn hat und was wäre, wenn Bruce Wayne nicht zum maskierten Rächer geworden wäre.

Beide Geschichten enden im Grunde offen – sowohl die „R.I.P.“-Storyline als auch dieser Epilog. Das ist ein bisschen ärgerlich, denn eine „abgeschlossene Saga“ hätte auch einen runden Schluss verdient.

Fazit: Im Kern hat „Batman R.I.P.“ ein paar wirklich gute und unterhaltsame Ideen. Leider hagelt es geradezu Querverweise, Anspielungen und Auftritte von kostümierten Nebenfiguren, sodass man das Ganze eigentlich nur genießen kann, wenn man deutlich mehr DC-Comics gelesen hat. Zumindest „Batmans Sohn“ und „Batman: Black Glove“ werden begleitend angeraten, die beiden Vorgängerabenteuer aus der Feder von Grant Morrison. Wen das etwas offene Ende stört, muss in die später erschienen „Final Crisis“ reinlesen, etwas, das ich jedoch nur eingefleischten DC-Kennern empfehlen kann. Unterm Strich eine nur halbwegs befriedigende Lektüre.


Batman R.I.P.
Comic
Grant Morrison, Tony S. Daniel
Panini Comics 2009
ISBN: 978-3-86607-881-9
212 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 19,95

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