Batman – Das Reptil 1

Batman, der Retter der Gerechtigkeit, taucht gern aus der Dunkelheit auf. In „Das Reptil“ tritt er aus dem Schatten, um vor einem Gerichtsgebäude Selbstjustiz zu provozieren. So weit, so bekannt. Doch irgendwas ist anders. Seine Fledermausohren recken sich fremdartig steil gen regnerischen Nachthimmel – beinahe teuflisch sieht das aus! Und was sind das für Auswüchse unter seinem wehenden Umhang – cthulhuartigen Tentakeln oder Wurzeln gleichend? Der Autor Garth Ennis und der Zeichner Liam Sharp erzeugen ein sonderbar neues Batman-Feeling, das unter die Haut geht …

von Daniel Pabst

Den Autor Garth Ennis kennt man spätestens durch die Streamingdienst-Adaptionen seiner Werke „Preacher“ oder „The Boys“. Diese zeichnen sich durch ihre rohe, brutale Art und den exzessiven Einsatz schwarzen Humors aus. Das steht im Kontrast zu den oft farbenfrohen, rechtschaffenen Superhelden, wie etwa aus dem Marvel-Universum, die wegen ihres dichten Verkaufsrhythmus weniger Höhen und Tiefen zeigen. Dagegen ruft die düstere Szenerie Gothams beinahe nach einer Ennis-Umsetzung. Nachdem er 1996 mit dem Auftragskiller „Hitman“ und 1997 mit „Batman: Legends of the Dark“ durch Gotham wanderte, erscheint nun die Geschichte „Das Reptil“, die in zwei Bänden abgeschlossen sein wird. Welche Vision hat er von DCs geflügeltem Rächer Batman? Begeben wir uns in die Abwasserschächte Gothams. Warnung: klaustrophobisch!

Doch nicht nur dem Eisner-Award-Preisträger Ennis sollen ein paar Worte gewidmet werden, sondern auch dem Zeichner Liam Sharp. Wie Ennis stammt er aus dem Vereinigten Königreich. Die verschwommenen, physiognomisch und biologisch überzeichneten Figuren in „Das Reptil“ haben etwas Geisterhaftes. Ihre Konturen heben sich vom nebulösen, teils psychedelisch-wirkenden Hintergrund häufig nur dadurch ab, dass sie eine farbliche Umrandung erhalten haben. Umso mehr ist das Gezeichnete von Sharp unwirklich und mysteriös. Die Farbe Grün dominiert, wodurch das (möglicherweise) grüne Reptil trotz seines Verborgenseins omnipräsent ist. Im Vorwort nennt Christian Endres die britischen Künstler Dave Kean („Batman: Arkham Asylum“) und Simon Bisley, deren Zeichnungen Sharps Stil stark ähneln. Künstlerisch fällt dies definitiv aus der Reihe.

Diese Kombination aus Autor und Künstler passt, wie man sich bestimmt schon gedacht hat, sehr gut. Denn wie die Bilder, so ist die Handlung von Ennis düster, verschwommen und wie aus einem Fiebertraum. „Das Reptil“, so der Titel dieses Comics. Damit kann im DC-Universum eigentlich nur Killer Croc gemeint sein, oder? Bei diesem steckt die Brutalität bereits im Namen. Und brutal geht es in dem Comic auch zu. Ein Wesen hat es auf die gesamten Bösewichte Gothams abgesehen. Wie aus dem Nichts ist es aufgetaucht und hinterlässt blutige Fährten. Wenn das so weiter verläuft, könnte Batman bald keine Arbeit mehr haben; was für diesen jedoch kein Grund zur Freude ist. Denn: Batman tötet nicht. In Batmans gutem Glauben an eine bessere Welt sollen die Feinde Gothams ihre letzte Ruhe im Arkham Asylum finden und nicht unter der Erde auf dem Friedhof.

In „Das Reptil“ steht nicht der sonst so häufig auftretende, markante Clown im Vordergrund. Der Joker fürchtet diesmal um sein Leben und ist auf Batmans Hilfe angewiesen. Doch was kann dieser – in diesem Comic so anders aussehende – Batman gegen das unbekannte Wesen tun? Durch die absonderlichen Zeichnungen von Batmans Fledermausohren und den Auswüchsen, die an das mythische Wesen der „Cecaelia“ (so zum Beispiel Ursula aus „Arielle, die Meerjungfrau“) erinnern und stets unter seinem wehenden Umhang hervorragen, werden die Leserinnen und Leser dazu verleitet, Batman nicht mehr eindeutig zu vertrauen. Für Fans von H. P. Lovecraft könnte daher der Ausflug in diese „Batman“-Welt einen besonderen Blick Wert sein. Man darf sehr gespannt sein, ob da im finalen Band 2 von „Das Reptil“ noch mehr dieser Art durchscheinen wird. Auch Fans von Tim Burton könnten hier etwas finden, was sie so von einem „Batman“-Comic nicht erwartet hätten. Die Fans des klassischen Batmans dagegen könnten mit diesem Comic äußerst verstört und ratlos zurückbleiben.

Fazit:
In „Das Reptil 1“ folgen wir Batman auf der Blutspur eines mysteriösen Unholds. Künstlerisch ist das anspruchsvoll, düster und aussagekräftig. Das atypische Design harmoniert mit der sich langsam aufbauenden Spannung sowie den plötzlichen Gewaltausbrüchen der Figuren. Worin diese Spannung kulminieren wird, wissen wir erst, nachdem Band 2 bei Panini Comics erschienen ist. Ob eine Mystery- oder Kriminalgeschichte am Ende überzeugt, hängt zu einem Großteil von ihrer Auflösung ab, welche hier noch sehr offenbleibt. In Erinnerung von „Das Reptil 1“ bleiben schon jetzt die absonderlichen Bilder und die dadurch erzeugten Gefühle.

Batman – Das Reptil 1
Comic
Garth Ennis, Liam Sharp
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-2758-3
84 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 18,00

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