von Markus Kolbeck
Aufmachung
Der 192-seitige Hardcover-Band ist in der Erstauflage 2018 bei Ulisses Spiele auf Deutsch als Übersetzung des englischsprachigen „Xanathars Guide to Everything“ erschienen und wurde seitdem mehrfach neu aufgelegt. Für das Buch ist ein ganzes Team von Redakteuren, Künstlern und Spieltestern verantwortlich, darunter als leitende Entwickler Jeremy Crawford und Mike Mearls. Das Layout ist angenehm für die Augen und die Bebilderung einschließlich des Coverbilds sind alle in Farbe gehalten. Der Band enthält sowohl viertelseitige als auch halbseitige und ganzseitige Abbildungen. Auf dem Coverbild von Jason Rainville ist der Betrachter Xanathar abgebildet, wie er seinen hoch geliebten Goldfisch Sylgar betrachtet.
Inhalt
Im gesamten Band sind Kommentare von Xanathar eingestreut, die teils lustig, teils zynisch sind. Das Rollenspiel-Regelwerk enthält drei Kapitel, eine Einleitung und zwei Anhänge. In der Einleitung wird kurz darauf eingegangen, wie man dieses Buch verwendet und es werden zehn Faustregeln für das Spiel aufgeführt. Das führt noch einmal eventuelle Problemstellen im Grundregelwerk und Lösungsansätze dafür vor Augen.
Das Kapitel 1 widmet sich neuen „Optionen für Charaktere“. Es werden sage und schreibe zusätzliche 31 Unterklassen für alle Charakterklassen aus dem Grundregelwerk benannt, für jede Klasse ein bis vier neue Unterklassen. Für den Kämpfer gibt es beispielsweise den Kavalier oder den Samurai, für den Magier den Kriegsmagier, für den Mönch u. a. den Weg des Kensei und für den Schurken als Beispiel den Strippenzieher. Neben diesen Unterklassen gibt es auch noch einen Abschnitt, der sich dem Leben eines Charakters widmet. Viele Tabellen ermöglichen das Auswürfeln oder Auswählen, wer die Familie des*der Abenteuers*in ist, wie er*sie aufgewachsen ist und welche Karriere er*sie vor seiner*ihrer Klassenwahl gemacht hat. Es wird praktisch eine kurze Biografie erstellt. Ferner gibt es noch Volkstalente als optionales Angebot.
Das Kapitel 2 richtet sich dann mehr an Spielleiter*innen und bietet noch mehr „Handwerkszeug des Spielleiters“. Es werden beispielsweise Stürze, Schlaf, Übung mit Werkzeugen einschließlich Werkzeugen wie Alchemistenlabor und Diebeswerkzeug, Zaubern, Begegnungen erschaffen und zufällige Begegnungen samt zahlreicher geländespezifischer Tabellen, unterteilt nach Stufenbereich, abgehandelt. Ein gesonderter Abschnitt wird Fallen, unterschieden nach einfachen und komplexen Fallen, gewidmet. Es gibt Beispiele für beide Arten. Auch erwähnt wird, was man in der Zeit zwischen den Szenarien machen kann und wie man die Gruppe so beschäftigt hält. Auch magischen Gegenständen als Belohnung wird ein eigener Abschnitt zuteil. Es wird differenziert zwischen gewöhnlichen und mächtigen magischen Gegenständen. Beispiele für gewöhnliche magische Gegenstände werden mitgeliefert. Es gibt Tabellen für diese beide Arten.
Das Kapitel 3 steht ganz im Zeichen des „Zauber“. Es werden fast 100 neue Zauber und Zaubertricks für alle Zauberkundigen, verteilt über fast alle Zaubergrade, genannt.
Noch kurz zu den beiden Anhängen: Anhang A („Geteilte Kampagnen“) bietet Hinweise für das Entwerfen von Abenteuern, die Charaktererschaffung und Regelvarianten gemäß dem Gebrauch der Adventurers League. Geteilte Kampagnen sind Kampagnen, die von mehreren Spielleiter*innen geleitet werden, wobei jeweils ein Abenteuer in einer Spielsitzung abgeschlossen sein sollte, damit der Wechsel zwischen den SL leichter fällt. Anhang B liefert dann noch „Namen für Charaktere“. Es gibt sowohl nichtmenschliche Namen für die Völker aus dem Spielerhandbuch, als auch Namen für Menschen, die aus dem Fundus unserer Kulturen wie der ägyptischen oder der mesoamerikanischen schöpfen.
Kritik
Das erste Kapitel ist klar eine Ergänzung zum „D&D 5“-Spielerhandbuch und richtet sich auch an Spieler*innen. Ich finde, es ist eine sinnvolle Erweiterung der Charakteroptionen, gibt es doch vielfältige und interessante neue Unterklassen. Man mag sich wundern, was man mit so vielen zusätzlichen Möglichkeiten bei der Charaktererschaffung anfangen soll, aber sie können dann und wann durchaus gut in die eigene Kampagne passen und machen eigentlich alle Sinn.
Das zweite Kapitel ist als Ergänzung zum „Spielleiterhandbuch“ gedacht. Die Regeloptionen sind meiner Meinung nach sehr nützlich, insbesondere durch die vielen Tabellen, und können das Spiel wirklich bereichern, etwa durch autobiographische Elemente, Beschäftigung zwischen den Abenteuern (weg vom reinen Springen zwischen Dungeons!) und neue Herausforderungen, wie Fallen, sowie Belohnungen dafür, wie magische Schätze. Die Möglichkeit, autobiographische Elemente einzubauen, verleiht dem Spiel mehr Tiefe und fördert das Rollenspiel. Außerdem können diese Elemente als Abenteueraufhänger dienen.
Von den Zaubern aus dem dritten Kapitel kann man eigentlich nie genug haben. Sie sind variantenreich und wirken nicht generisch, also nicht wie von der Stange. Für Zauberkundige ergeben sich so neue (taktische) Möglichkeiten. Der*die Spielleiter*in sollte aber klug auswählen, was für Charaktere davon zur Verfügung steht. Bei allen Optionen muss man sich vor Augen halten, dass der*die Spielleiter*in immer das letzte Wort hat, was zur Verfügung steht.
Die beiden Anhänge sind eigentlich auch nützlich für den*die Spielleiter*in, wenn man an Regelvarianten interessiert ist, und Namen für Nichtspielercharaktere kann man immer gebrauchen. Erfreulicherweise enthält das Rollenspielbuch keine neuen Monster, davon gibt es wirklich schon genug im „Monsterhandbuch“ des Grundregelwerks und in Ergänzungsbänden wie „Volos Almanach der Monster“ und „Mordenkainens Foliant der Feinde“! Aufgrund der großen Fülle an neuen Optionen durch Unterklassen, Regeln und Zaubern ist der Band eindeutig für erfahrene Spielleiter*innen, zum Teil auch erfahrenen Spieler*innen, gedacht. Ansonsten wird man von der Vielfalt erschlagen. Das Grundregelwerk ist nämlich schon recht umfassend und bietet schon viele Möglichkeiten.
Der Band enthält einige orthographische und typographische Fehler, die sich aber in Grenzen halten, sodass man darüber hinwegsehen kann. Die gesamte Aufmachung des Bandes ist gelungen und durch die Bebilderung in Farbe, die Gestaltung als Hardcover und den Umfang von immerhin 192 Seiten scheint auch der Preis von 50,- Euro einigermaßen angemessen. Man muss dabei auch berücksichtigen, dass Ulisses Spiele Ausgaben zusätzlich zum Druck hat, wie Lizenzgebühren und Übersetzungshonorare. Trotzdem hat sich „D&D 5“ etwas zum Luxusrollenspiel entwickelt, wenn auch ein etwas edles von Inhalt und Aufmachung her!
Fazit: Ich habe „Xanathars Ratgeber für Alles“ wirklich mit Vergnügen gelesen und finde vieles davon sehr interessant und nützlich! Wenn man bereit ist, den etwas hohen Preis dafür zu zahlen, erhält man viele Optionen für dieses Fantasy-Rollenspiel. Wegen der Fülle an Material, sollte der*die Spielleiter*in aber Erfahrung mit „D&D“ haben. Auch für Spieler, die nach neuen Wegen suchen, kann der Band etwas sein. Ich empfehle ihn allen erfahrenen „D&D“-Spielleiter*innen. Versierte Spieler*innen könnten zumindest mal einen Blick hineinwerfen!
Xanathars Ratgeber für Alles
Regelwerk-Ergänzung
Jeremy Crawford, Mike Mearls u. a.
Ulisses Spiele 2018
ISBN: 978-1-947494-32-9
192 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 50,00
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