von Alice
Joe ist Privatdetektiv und wird beauftragt, die Tochter von Deutschlands reichster Waffen- und Drohnenfabrikantin zu finden, die in den Wäldern von Brandenburg verschwunden ist, in dem die Cyborg-Wölfe leben. Da der Fall möglichst keinen öffentlichen Skandal auslösen soll, begibt sich Joe allein in die Gefahrenzone. Diese faszinierenden Cyborg-Wölfe sollen am Leben gelassen werden, doch sind sehr gefährlich, weshalb das Gebiet militärisch bewacht wird. Das verschwundene Mädchen könnte eine Diskussion entfachen, ob die Cyborg-Wölfe doch getötet werden sollen. Es gibt bereits Aktivistengruppen, die sich für den Erhalt der Wölfe einsetzen.
Mit dem verschwundenen Mädchen und der Bedrohung durch die Cyberwölfe ist für Spannung gesorgt, und durch den erfrischenden, humorvollen Schreibstil gibt es auch viel zum Schmunzeln. Während der Recherchearbeiten lernt Joe eine Frau kennen, der er sich auf eher ungeschickte Weise annähert, was für Unterhaltung sorgt. Ebenfalls eine schwierige Beziehung hat Kira, die Leiterin eines Forschungsteams, die sich lieber in ihre Arbeit vergräbt, anstatt ein klärendes Gespräch zu führen.
Neben Joe und Kira gibt es weitere interessante Charaktere, die im Laufe der Handlung immer mehr Tiefe erhalten und ihre eigene Geschichte mit sich bringen. Diese liest man aus unterschiedlichen Perspektiven, die sich zwischen Joe, Kira, Tariq, Marija und DW-7X abwechseln. Bei Marija handelt es sich um eine ehemalige Extremsportlerin, die nach einem Crash ausgerastet ist und dadurch ihre Karriere und Familie ruiniert hat. Da sie ohne regelmäßige Adrenalin-Kicks nicht klarkommt, rast sie mit ihrem Mountainbike als Drogenkurierin durch den Cyberwolf-Wald. Tariq ist ein syrischer Geflüchteter, der bei der Bundeswehr arbeitet. Seine Kameraden sind jedoch rassistisch und demütigen ihn durchgehend, weshalb Tariq versucht, einen neuen beruflichen Weg einzuschlagen. DW-7X ist ein Cyberwolf, dessen Perspektive sich besonders spannend liest.
Der Schwerpunkt des Romans liegt somit auf unterschiedlichen, interessanten Charaktere, die alle ihre eigenen Probleme mit sich bringen. Dies sorgt für reichlich Abwechslung, drängt aber Cyberwolf und Thriller etwas in den Hintergrund. Aus dem Klappentext geht somit nicht ganz hervor, was den Leser eigentlich erwartet.
Zeitlich spielt der Roman in der nahen Zukunft. Wie sich die Umwelt entwickelt hat, wird geschickt mit der Handlung verwoben und zeigt Interessantes auf: Selbst das für die gute Qualität bekannte deutsche Trinkwasser, muss inzwischen vor dem Verzehr aufgekocht werden, ständige Extremwetter sorgen für Probleme in der Landwirtschaft, und aufgrund von Hitzewellen gibt es eine Wasserknappheit, weshalb Duschwasser rationiert wird. Der Wohlstand hat sich verringert, Grundbedürfnisse können immerhin weiterhin gedeckt werden. Man merkt allerdings, dass die Menschheit weiterhin keine ausreichende Lösung für das Klimaproblem hat.
Fazit: „Wolfszone“ bietet abwechslungsreiche, spannende und zugleich humorvolle Unterhaltung, sodass man das Buch nur ungern zur Seite legen möchte. Der einzige Wermutstropfen ist, dass der Roman nicht ganz das ist, was man von einem Cyberthriller erwartet.
Wolfszone
Cyberthriller-Roman
Christian Endres
Heyne 2024
ISBN: 978-3-453-27471-6
512 S., Hardcover, deutsch
Preis: 20,00 EUR
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