War of Gods – Krieger des Nordens

Ein Krieger von Gottes Gnaden schien er zu sein, dieser Hadding. Seinem Leben, welches mehr an eine Sage erinnert, wird dieser Roman insofern gerecht, als dass es kein Denkmal ist, sondern denkwürdige Momente mit aller Klarheit wiedergibt, damit man sich selber ein Urteil bilden kann. Eine Biographie, ein paar hundert Jahre nach Haddings Leben verfasst.

von Lars Jeske

Wer kennt ihn nicht, den aufrichtigen Dänenkönig Hadding. – Nun, vermutlich die meisten Menschen auf der Welt. Darum schrieb Poul Anderson (seines Zeichens Amerikaner mit skandinavischen Wurzeln) dessen Biographie. Aber da Hadding, wenn überhaupt, vor über Tausend Jahren gelebt hat, sind dessen Lebensumstände eher vage bekannt. Ebenso beruft sich der Autor auf eine Sekundärquelle des 6. Jahrhunderts, die beinahe ebenso mysteriös ist, wie Hadding sagenumwoben. Was lag da also für den Fantasy- und SciFi-Autor Poul Anderson näher, als die bekannten Informationsfetzen in einer spannenden Fantasy-Geschichte zu verarbeiten. Dabei entstanden ist sein 1997 veröffentlichtes Spätwerk „War of Gods“, welches endlich im Mantikore-Verlag auch auf Deutsch erschien.

Dreh- und Angelpunkt des mit „Krieger des Nordens“ untertiteltem Werk ist Hadding, dessen gesamtes Leben auf knapp 400 Romanseiten eingepasst wurde. Gleich zu Beginn gibt es ein Trommelfeuer aus Orten, Namen und Charakteren, was man als Leser erst einmal für sich sortieren muss. Verhältnismäßig ruhig ist dann der erste Lebensabschnitt von Hadding bei den Jötunen Vagnhöfdi, Haflidi und Hardgreip. Während der Protagonist erwachsen wird, dreht sich unterdessen die Welt weiter. Erst nachdem wieder Besucher zu den Riesen kommen und vom Lauf der Welt erzählen, sieht Hadding sein Schicksal vor sich. Er will sich das Land zurückerobern, welches sein Vater Gram bereits vereint hatte. Er will als König der Dänen sein Recht bekommen und Großes vollbringen, um als Held in die Geschichte einzugehen. Ergo muss er in die Welt hinaus, um sich einer Gefolgschaft zu vergewissern, die ihm so loyal ergeben ist, dass es ihm gelingt, Svipdags Einfluss zu brechen.

Der geheimnisvolle Gangleri ebnet Hadding dabei dem Weg, ohne dass diesem jetzt schon gewahr wird, welche Prophezeiung mit ihm manifestiert werden soll. Es folgen lange Jahre des steten Aufstiegs, welche jedoch nicht nur glanzvoll waren, sondern auch von zahlreichen Rückschlägen und Entbehrungen, Elend und Glück im Unglück geprägt waren. In ausgewählten Passagen, die nur Schlaglichter auf Ausschnitte eines langen Lebens sein können, setzt der Autor wohl akzentuiert Schwerpunkte. Er hangelt sich nicht nur an Haddings Lebenslauf entlang, sondern schafft es, Einblicke in dessen Wesen zu gewähren, die so oder so ähnlich durchaus wahr gewesen sein könnten. Im Fokus sind dabei jedoch ebenfalls die größeren geopolitischen Entwicklungen im Laufe der vielen Jahre. Anderson setzt dabei darauf, dass der geneigte Leser ein bisschen Wissen über die nordischen Gepflogenheiten und die Geographie Skandinaviens mitbringt. Als Kenner der Materie lässt der Autor hierbei sein Wissen mehr als deutlich aufblitzen.

Da bei richtigen Kriegern jedoch auch die Gewalt und das Gemetzel nicht zu kurz kommen dürfen, gibt es auch mehr als einmal Gelegenheit, hier als Leser blutigste Gräueltaten vom allerfeinsten als Kopfkino zu durchleben. Da spritzen die Gedärme nur so, und es wird einem ein ums andere Mal klar, dass Krieg immer dreckig und skrupellos ist, egal zu welcher Zeit und mit welchen Mitteln er stattfindet. Geschickt erfolgt in diesem Roman der Wechsel zwischen einzelnen Episoden, die detailliert wiedergegeben werden, und dann wieder Jahrzehnten,  die in ein paar Sätzen abgehandelt werden, da deren Relevanz für den Fortgang der Geschichte um Hadding sekundär ist. Als Hadding König ist, wird jedoch die Geschichte nicht beendet, da sie quasi als Biographie dessen gesamtes Leben und seine Schaffensperiode abbildet. Selbst das Ende des Romans kann überraschen und ist dennoch konsequent, wenn man eingedenk des Zirkelbezugs den Kontext berücksichtigt.

Im Nachwort gibt Poul Anderson ein paar seiner Quellen und Inspirationen preis, die ebenso interessant und fantasylastig sind, wie die zusammengestrickte Geschichte. Der Roman ist ein Beweis dafür, dass die Zeitalter vor der „zivilisierten Welt“ sowohl roh, als auch ehrlich und sagenhaft waren. Hier wird Geschichte erlebbar gemacht, ohne dass man sie an Jahreszahlen eine Epoche erklären muss.

Fazit:
„War of Gods“ ist eine fantastische Biographie über einen glorifizierten Helden der nordischen Sagenwelt, ohne ihn zu glorifizieren. Dieser Einzelroman ist vor allem für Interessierte der skandinavischen Geschichte geeignet, die es auch einmal derber mögen und der Fantasy gegenüber nicht abgeneigt sind. Ein kurzweiliger Roman, deren Seitenumfang optimal ist. In ihm verschwimmen die Grenzen von Heldensaga, Wahrheit und Fiktion derart gut mit einander, dass man gewillt ist, jedes Wort für bare Münze zu nehmen. Oder um einmal einen anderen Großen seiner eigenen Zunft zu zitieren: „Und ist es nicht wahr, so ist es doch schön erfunden.“

War of Gods – Krieger des Nordens
Fantasy-Roman
Poul Anderson
Mantikore Verlag 2018
ISBN: 978-3-96188-015-7
420 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 14,95

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