Voll Dampf: Fiktionale Steamgeschichten

Das Genre des Steampunks erfreut sich aktuell einer großen Beliebtheit. Edle, viktorianisch angehauchte Welten, angefüllt von fantastischer, dampfgetriebener Technologie gepaart mit abenteuerlichen, ja pulpigen Geschichten – diese Kombination funktioniert nicht nur im Rollenspiel, sondern auch in der Literatur. Der Amrun Verlag legt mit „Voll Dampf“ eine Kurzgeschichtensammlung in eben diesen steampunkigen Welten vor. Lohnt sich die Anschaffung?

von André Frenzer

Die in der deutschen Rollenspielbloglandschaft nicht unbekannten Blogger Ingo „Greifenklaue“ Schulze und André „Würfelheld“ Skora fungierten als Herausgeber für diese Anthologie. Ihre Wahl fiel auf insgesamt neun Kurzgeschichten, die dem geneigten Leser auf 165 Seiten präsentiert werden.

Die so entstandene Mischung spielt mit dem Genre „Steampunk“ auf interessante Weise. So werden ganz unterschiedliche Szenarien eines alternativen Geschichtsverlaufs gezeichnet. Mal haben die Dampftriebwerke sogar den Weg in die Unendlichkeit des Weltraums geebnet, mal sind sie nur eine Randnotiz in einer ansonsten realitätsnah erscheinenden Geschichte. Dabei können sich die Segnungen der dampfgetriebenen Wissenschaften als Fluch oder Segen entpuppen. Die Bandbreite vorgestellter Welten und Hintergründe ist also hoch. Vielen Autoren gelingt es darüber hinaus, trotz der wenigen Seitenzahlen, die ihnen zur Verfügung stand, gelungene Charakterzeichnungen anzulegen. Bei einigen Geschichten ist man sogar fast enttäuscht, den Eskapaden und Abenteuern der Protagonisten nicht länger folgen zu können.

Eine Einzelkritik der vielen Geschichten würde wohl den Rahmen dieser Rezension sprengen. Allerdings möchte ich es nicht versäumen, meine persönlichen Highlights aus dem Band kurz vorzustellen. Da wäre zunächst einmal die Geschichte „Schwarzfall“ zu nennen, die schonungslos – ja, geradezu brutal – aufzeigt, wie der Zusammenbruch einer modernen, aufgeklärten aber eben auch technikabhängigen Gesellschaft ablaufen mag, wenn die so wichtige Technik plötzlich den Dienst versagt. „Mach mal Dampf“ wiederum geht ähnlich schonungslos zu Werke, ist aber deutlich actionorientierter und würde sicher auch als Kinostreifen funktionieren. Die beiden Geschichten „Träum weiter“ und „Ein Gott über den Wolken“ lesen sich ähnlich – aber beide ähnlich interessant, haben sie doch den Krieg und die Wahl der Waffen zum Hintergrund. Hier wird fantastische Technologie dargeboten, aber eben auch gepaart mit all den menschlichen Abgründen, die sich in einem Kriegsszenario auftun können. Mein persönlicher Favorit – und gleichzeitig Schlusspunkt des Bandes – ist aber „Natürliche Auslese“. Interessante Charaktere auf Forschungsreise erwehren sich Meeresmonstern ebenso wie der spanischen Inquisition mit Wortwitz, Eleganz und viel Technik.

Abgerundet wird der Band mit einem nett geschriebenen Vorwort, das der Raum-Zeit-Kapelle „Drachenflug“ zu verdanken ist, sowie der obligatorischen Übersicht des Amrun-Verlagprogramms.

Fazit: Es ist eine runde Mischung unterschiedlicher Schreibstile und Herangehensweisen, welche die beiden Herausgeber für den Amrun Verlag zusammengetragen haben. Nicht jede der neun Geschichten hat dabei voll meinen Geschmack getroffen, doch überwiegt durchaus der positive Eindruck. Wer steampunkigen Fantasie-Gebilden etwas abgewinnen kann, der kann auch „Voll Dampf“ getrost eine Chance geben.


Voll Dampf: Fiktionale Steamgeschichten
Steampunk-Kurzgeschichtenband
Torsten Küper, Frank Hebben, Matthias Falke u. a.
Amrun Verlag 2014
ISBN: 978-3944729152
180 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 11,90

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