von Markus Kolbeck
Das Hardcover ist als 27. Band der Reihe „H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens“ im Festa-Verlag erschienen. Es gibt weitere Veröffentlichungen dieses Autors in der Reihe, so ist bereits als 23. Band der Reihe „Volk der Finsternis“ vom gleichen Autor erschienen.
Inhalt
Der US-Amerikaner Robert Ervin Howard (1906-1936) hat nicht nur das Sword-&-Sorcery-Genre bedient, sondern eine Vielzahl von literarischen Bereichen bearbeitet: Abenteuer, Fantasy, Horror, Mantel & Degen und mehr. Der Band gliedert sich in drei Teile: Zehn Kurzgeschichten und eine Erzählung („Das Schädelgesicht“, 118 Seiten) bilden den ersten Teil des 350-seitigen Buches und stellen zu einem guten Teil historisch-unheimliche Storys dar. Es gibt da Geistergeschichten (wie auch immer wieder Untote in Howards Geschichten auftauchen), Western und Voodoo-Geschichten, die aber alle in diesem Band von Horror- und Action-Elementen durchzogen sind. Schauplätze hier sind oftmals England, Irland und die USA.
Im zweiten Teil sind eine Auswahl von „Solomon Kane“-Kurzgeschichten abgedruckt, fünf an der Zahl. Solomon Kane ist ein englischer, schwarzgekleideter Puritaner in historischem Kontext zur Zeit der Steinschlosspistolen, der seine Abenteuer hier in England, Afrika und Deutschland (im Schwarzwald) erlebt. Er begegnet übernatürlichen Ereignissen mit einer gehörigen Portion Skepsis (er unterstellt oftmals Aberglauben bei diesen Vorkommnissen) und wird aber immer wieder durch das reale Grauen des Spuks, etc. überrascht. Christian Endres hat in seinem Nachwort die „Solomon Kane“-Storys stimmigerweise als „Mantel-und-Degen-Abenteuer-Fantasy-Horror-Geschichten“ bezeichnet.
Im dritten Teil gibt es einen Nachruf von Lovecraft auf den viel zu früh verstorbenen Howard: „In Memoriam: Robert Ervin Howard“ und ein informatives Nachwort von besagtem Christian Endres: „Dunkle Träume aus Texas“.
Ich denke, dass die Geschichten zu viele sind, um für alle eine Inhaltsangabe abzugeben (ich will zudem auch nicht soviel verraten), doch will ich zu einer der „Solomon Kane“-Kurzgeschichten den Inhalt kurz schildern. Es handelt sich dabei um das 15-seitige „Schädel inmitten der Sterne“. Zwei Straßen führen nach Torkertown. Die kürzere führt über ein totes Hochlandmoor, doch die Dorfbewohner raten Solomon Kane davon ab, da dieser Weg zu gefährlich sei. Er tut Einwände von übernatürlichen Geschehnissen als Aberglaube ab und schlägt diesen Weg ein. Doch wird er auf dem Weg von einer körperlosen Gestalt angegriffen und gerät schwer in Bedrängnis. Da sein Gegner keinen Körper hat, kann Kane nichts ausrichten. Jedoch stellt sich heraus, dass ihm eine Waffe bleibt: der Mut! Denn schließlich lässt die Spukgestalt von Kane ab, als dieser sie mit unbezwingbarer Tapferkeit bekämpft, jedoch nicht, ohne ihm noch etwas zuzuflüstern! Kane geht ins Dorf zurück und stellt zusammen mit dessen Bewohnern den alten Geizhals Ezra. Dieser hat nämlich – zu Beginn des Spuks – seinen Vetter, den verrückten Gideon, erschlagen, und dessen Geist ruht nicht eher, bis dass das Verbrechen gesühnt ist. So beschließt Kane Ezra an den Geist auszuliefern und bindet ihn an den Baum im Hochlandmoor fest, in dem Ezra die Leiche von Gideon versteckt hat. Der alte Ezra kann seinem Schicksal nicht entgehen!
Kritik
An „Schädel inmitten der Sterne“ haben mir besonders die Pointen gefallen, die etwas vom üblichen Weg eines Helden abweichen, den Schrecken direkt im Kampf zu besiegen. Die Kurzgeschichten sind oftmals in die lokale Mythologie eingebunden und wirken so eigentlich immer authentisch (trotz des Sujets). Jedoch sind sie aufgrund der Kürze oft nicht ganz ausgereift und entfalten sich so nicht richtig. Es sind simple Geschichten, die aber auch heute noch lebendig sind. „Schemen im Dunkel“ ist zudem nur ein 17-seitiges Fragment, das für sich zwar vielversprechend ist, aber unvollendet bleibt. Man erwartet schon hin und wieder mehr von den Horror-Storys. Ansonsten wissen sie zu gefallen, insbesondere auch wegen der herausragend verwendeten Action-Elemente.
Ein paar Sätze noch zum Frauen- und Menschenbild von Howard: Die Rolle der Frau in seinen Geschichten ist oftmals eine eher passive, die Frau bangt als zarte Geliebte um ihren Helden (auch wenn sie wie in „Das Schädelgesicht“ eine wichtige Rolle in der Handlung spielt) oder sie wendet sich schutzsuchend an den Helden, wie in der „Solomon-Kane“-Geschichte „Die Berge der Toten“. Howard billigt der Frau nur eine eher untergeordnete Rolle zu, was wohl dem damaligen Zeitgeist geschuldet ist. Manch einer mag sich daran stören, weil es nicht mehr dem heutigen Rollenbild der Frau entspricht. Ich denke aber, man kann einigermaßen über solche Passagen hinweglesen und die Texte wohl trotzdem genießen. Auch Araber und Schwarzafrikaner kommen bei Howard eher schlecht weg, wenn auch nicht alle. Zum Teil werden sie als skrupellose Sklaventreiber beschrieben, zum Teil als wenig wehrhafte Sklaven, die sich ohne nennenswerte Gegenwehr versklaven haben lassen. Auch hier müsste man ein Auge zudrücken.
Fazit: Mir persönlich hat das Buch „Tote erinnern sich“ im Prinzip gefallen. Die verschiedenen Genres sind abwechslungsreich und lassen keine Langeweile aufkommen. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Kürze vieler Geschichten ein Vorteil, da sie knackiger herüberkommen. Jedoch wirken sie manchmal – wie oben bereits geschrieben – etwas unausgereift. So ist der Band eine vielseitige, interessante Horror-Kurzgeschichten-Sammlung mit kleineren und größeren Nachteilen (Unausgereiftheit, Frauenbild, Menschenbild). Fans der Reihe „H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens“ und Fans von Robert E. Howard können aber gern einen Blick in dieses Buch riskieren!
Tote erinnern sich
Horror-Anthologie
Robert E. Howard
Festa-Verlag 2012
ISBN: 978-3-86552-090-6
350 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 28,00
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