Die Grabgewölbe von Yoh-Vombis

Diese Kurzgeschichten-Sammlung mit Horror-Geschichten von Clark Ashton Smith, eines Zeitgenossen von H. P. Lovecraft, ist der zweite Band (von sechs) der gesammelten Erzählungen des Autors. Die Anthologie ist in der Reihe „H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens“ als Band 26 erschienen. Einigen gilt Smith als der bessere Lovecraft! Was ist daran an dieser Behauptung?

von Markus Kolbeck

„Die Grabgewölbe von Yoh-Vombis“ ist 2012 als Hardcover mit Lesebändchen auf Deutsch im Festa-Verlag erschienen, umfasst 414 Seiten und kostet 28,- Euro. Der Band umfasst 13 Kurzgeschichten und drei Aufsätze. Clark Ashton Smith (CAS) (1893-1961) gilt als literarischer Gefährte von H. P. Lovecraft (1890-1937), der wohl der bedeutendste Autor umheimlich-phantastischer Literatur des 20. Jahrhunderts ist, und hat auch wie dieser unter anderem im Pulp-Magazin „Weird Tales“ veröffentlicht. Zuvor ist Band 1 der gesammelten Erzählungen mit dem Titel „Die Stadt der Singenden Flamme“ als Band 24 der „Bibliothek des Schreckens“ erschienen.

Inhalt

Zum Inhalt will ich erst mal nur die erste Kurzgeschichte angeben, da eine Inhaltsangabe für alle 13 Geschichten zu lange wäre. Sie heißt „Die unentdeckte Insel“ und umfasst 15 Seiten, ist somit eine der kürzesten. Mark Irwin, erster Maat des Frachters Auckland, ist nach einem Brand auf dem Schiff schiffbrüchig und treibt mit seinem Boot auf dem Meer. Er landet an einer seltsamen Insel, die sich schnell als urzeitlich herausstellt. So wirkt die Pflanzenwelt als archaisch auf Irwin. Er trifft auf eine rätselhafte Stadt, mit deren Bewohnern er nicht kommunizieren kann. Er glaubt, die Bewohner stammen aus einer anderen Zeit oder Dimension. In einer Art Tempel wird er Zeuge einer rituellen Anbetung eines dunklen Götzen und einer Opferung! Irwin beschließt, von der Insel zu fliehen.

Die Kurzgeschichten in diesem Band reichen von Horror bis zu Science-Fiction. Zu letzteren gehören „Der Brief aus Mohaun Los“ und „Die Unsterblichen des Merkur“. Zu nennen sind hier auch die drei Geschichten aus CAS' Mars-Zyklus: „Die Grabgewölbe von Yoh-Vombis“, „Der Herrscher der Tiefe“ und „Vulthoom“. Die Kurzgeschichten spielen auf entlegenen Inseln, in Dunkelheit gehüllten Höhlen und Katakomben, in megalithischen Ruinen oder im tropischen Urwald. Sie handeln von anderen Welten, Dimensionen, Zeitreise, Robotern, Monstern und anderen Themen.

Die drei Aufsätze haben die Titel „Der Mars-Zyklus von Clark Ashton Smith“ (Autor ist Will Murray), „Erinnerungen an Klarkash-Ton“ (E. Hoffman Price) und „Anmerkungen zu den Erzählungen“ (Scott Connors und Ron Hilger).

Kritik

Die Kurzgeschichte „Die unentdeckte Insel“ gemahnt an Lovecrafts „Dagon“ und ist eine der am schlichtesten gestrickten Geschichten des Bandes. Insofern hat man sich keinen Gefallen getan, sie an den Anfang zu stellen. Der Schlussakzent geht in Richtung Horror, aber eigentlich ist sie mehr eine Mystery-Story. Der Horror ist hier auf alle Fälle sehr zurückhaltend eingesetzt worden.

Das gilt aber nicht für alle Kurzgeschichten. So kommt etwa in „Die Knospen des Grabes“ expliziter Schrecken zum Tragen! CAS' Tendenz, Horror in seine Science-Fiction-Geschichten, wie im Mars-Zyklus, einfließen zu lassen, hat ihm Kritik von seitens der mehr technologiebegeisterten Sci-Fi-Fans eingebracht. Man kann hier von extraterrestrischem Horror sprechen. Sie atmen den Geist ihrer Zeit, was die technologischen Ideen betrifft, das tut aber keinen Abbruch. Die Geschichten haben hin und wieder ein tragisches Ende. Dies ist für Horror-Geschichten angemessen, da kann man wohl auch mal auf ein Happy-End verzichten. Das macht einen Teil des besonderen Reizes aus. Der Mars-Zyklus ist mit drei Geschichten unvollendet geblieben; CAS hat noch am Abschluss des Zyklus in Form einer vierten Kurzgeschichte gearbeitet, sie aber nicht fertig geschrieben. Man mag dies als Kritikpunkt ansehen. Manchmal fließt auch wohlformulierte Satire in seine Schriften ein, wie in „Das Ungeheuer aus der Prophezeiung“.

Andere Geschichten erinnern wiederum mehr an die Traumlande-Geschichten von Lovecraft. Sie sind als bizarr und ideenreich zu bezeichnen. Eine große Vielfalt der Schauplätze und Themen zeichnen sie aus. Die Ähnlichkeit mancher Geschichten zu Lovecrafts schriftstellerischer Welt kommt wohl daher, dass CAS und Lovecraft Zeitgenossen waren und sich im Hinblick auf ihre Ideen austauschten. So hat Lovecraft in seinen Geschichten die Namen seiner Briefpartner oft verballhornt, etwa Clark Ashton Smith zu Klarkash-Ton. Die Horror-Geschichte „Die Epiphanie des Todes“ wiederum wurde von CAS H. P. Lovecraft gewidmet. Trotz teilweiser Parallelen hat der Autor ein eigenständiges Werk geschaffen, er ist mitnichten ein Nachahmer von Lovecraft. Auch wenn das Werk von CAS einmalig ist und herausragend, ich persönlich würde ihn nicht als den besseren Lovecraft bezeichnen. Er ist ihm höchstens ebenbürtig! Wie CAS anmerkte, habe er seine künstlerische Integrität gewahrt, in dem er nicht zum reinen auf den Erfolg und den Verkauf seiner Werke schielenden Lohnschreiber wurde. Auch hier haben wir eine Parallele zu Lovecraft!

Die drei Aufsätze sind noch ein interessantes Extra, erfährt man doch hier Details aus Leben und Werk des Autors, zum Teil auch Amüsantes. Das sprachliche Niveau ist angenehm und das Buch lässt sich gut und flüssig lesen. Die Aufmachung als Hardcover ist wertig, der Preis von 28,- Euro geht auch bei einem Umfang von deutlich über 400 Seiten in Ordnung.

Fazit: Da H. P. Lovecraft leider früh verstorben ist und Fans von ihm nicht genug von seinem schriftstellerischen Werk bekommen können, stellt sich die Frage nach Alternativen. In Clark Ashton Smith habe ich solch eine Alternative gefunden! Seine Darstellung der behandelten Themen ist gruselig, bizarr und ideenreich. CAS ist leider heute weitgehend unbekannt, doch gebührt ihm im Gedenken eine Rolle neben Lovecraft. Ich kann „Die Grabgewölbe von Yoh-Vombis“ allen Fans von Lovecraft, Smith und der Reihe „H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens“ empfehlen!

Die Grabgewölbe von Yoh-Vombis
Horror-Anthologie
Clark Ashton Smith
Festa Verlag 2012
ISBN: 978-3-86552-089-0
414 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 28,00

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