von André Frenzer
Fast scheint es zum guten Ton in der Spielebranche zu gehören, auch einmal Tentakel in sein Spiel zu implementieren. So gibt es von diversen Brett- und Kartenspielklassikern cthuloide Versionen – sogar eine „Monopoly“-Variante hat es schon auf so manchen Spieltisch geschafft. Da verwundert es nicht, dass auch das erfolgreiche Kennerspiel „Tides of Time“ eine cthuloide Variante erfahren darf.
„Tides of Madness“ lautet der gewählte Titel dieser cthuloiden „Im Strom der Zeit“-Variante. In diesem Spiel treten zwei Spieler gegeneinander an und spielen um blasphemisches Wissen, uralte Mächte – und darum, ihren Verstand nicht zu verlieren. Der eigentliche Spielmechanismus ist dabei recht simpel. Verschiedene cthuloide Artefakte, Kreaturen oder Orte werden jeweils auf einer Karte dargestellt. Diese insgesamt 18 Karten generieren Siegespunkte, wenn ihre Siegbedingungen erfüllt werden. Wer zum Ende des Spiels mehr Siegespunkte besitzt, gewinnt.
Wie aber kommt man nun an diese Siegespunkte? Jede Karte ist einer bestimmten Kategorie zugeordnet – beispielsweise „Äußere Götter“, „Manuskripte“ oder „Orte“. Diese Kategorien werden durch Symbole dargestellt. Die meisten Siegesbedingungen der einzelnen Karten zielen nun auf die Symbole ab: Spiele ich beispielsweise mehr „Orte“ als mein Gegenspieler aus, spendiert mir Yog-Sothoth 7 Siegespunkte. Auch Kombinationen von Symbolen oder fehlende Symbolarten sind gefragt.
Der besondere Clou bei „Tides of Madness“ ist aber wohl die Kartenwahl: Statt einfach eine bestimmte Anzahl von Spielkarten zu ziehen, wird nach jeder Runde die Hand mit dem Gegenspieler getauscht. So muss man nicht nur die eigenen Optionen im Auge behalten, sondern auch die Karten des Gegners genau studieren, um seine Pläne zu durchkreuzen. Vielleicht ist es sinnvoller, eine Karte selbst auszuspielen, statt sie dem Gegner zu überlassen, auch wenn sie die eigene Symbolkombination nicht unterstützt. So entsteht ein angenehm taktischer Austausch, der die grauen Zellen anregt.
Für die cthuloide Überarbeitung wurde grafisch noch einmal aus dem Vollen geschöpft. Die cthuloiden Motive sind sehr gut getroffen. Die Verarbeitung der 18 Spielkarten ist absolut hochwertig und stabil und die mitgelieferten Marker sind aus festem Karton. Haptisch gibt es damit nichts zu meckern.
Fazit: „Tides of Madness“ ist ein gelungenes Kartenspiel für zwei Spieler mit einer interessanten Spielmechanik. Durch den regelmäßigen Kartentausch mit dem Gegner entsteht trotz der simplen Grundmechanik ein taktischer Schlagabtausch. Die geringe Spieldauer von 15 bis 20 Minuten pro Runde lädt zu mehreren Partien hintereinander ein. Einziger Wermutstropfen mag sein, dass die Konversion rein kosmetischer Natur ausgefallen ist; wer „Tides of Time“ bereits sein Eigen nennt, findet hier schlussendlich nur neue Grafiken in einem anderen Kontext.
Tides of Madness – Wogen des Wahnsinns
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