The Walking Dead 16: Eine größere Welt

Soll man sicher und glücklich mit dem Erreichten sein oder dem menschlichen Verlangen des Entdeckens und Verbessern nachgehen? Vor dieser Entscheidung stehen die Überlebenden, als sie Bekanntschaft mit weiteren Überlebenden schließen können. Es ist also doch eine größere Welt.

von Lars Jeske

Vorbei ist die Zeit es Einigelns, Wundenleckens und der Prokrastination. Das Leben in Alexandria muss weitergehen und es herrscht neue Aufbruchsstimmung. Eine Motivation, die nun weniger das Überleben, sondern mehr das Leben in den Fokus der Menschen rückt. Wie durch Zufall trifft eine Gruppe bei ihren Streifzügen rund um das Lager keinen Geringeren als Jesus höchstpersönlich. Also einen Mann, der Konflikte lieber verbal als mit Waffengewalt löst und darum von seinen Freunden Jesus genannt wird. Er erzählt ihnen zwar nicht vom Gelobten Land, jedoch von „der Anhöhe“ (im Original des Comics sowie der TV-Serie dem entsprechend „Hilltop“). Ein ebenso befestigtes Gelände wie Alexandria mit ein paar hundert Einwohnern, welche bereit sind, mit umliegenden Lagern zu handeln.

Rick ist reflexartig wie immer überaus reserviert und skeptisch, was bei Weitem nicht allen gefällt; zumal er als inoffizieller Anführer eine der seltenen Chancen verspielen könnte, Verbündete zu gewinnen. Nach einigem Hin- und Her besucht eine größere Abordnung die Anhöhe und ist echt überrascht, wie gut sie hier das Leben und den Anbau von Nahrung bereits vorangetrieben haben. Da die Vorräte in Alexandria eher erschöpft sind, gibt es aktuell keine großartigen Güter, die getauscht werden könnten. Aber da erfährt Rick bei einem Zwischenfall, dass ein gewisser „Negan“ für Ärger sorgt. Er ist Anführer einer Schlägertruppe namens „die Erlöser“ (Saviors), welche sich die Hälfte von allem der Anhöhe als Geschenke überbringen lässt, was also nichts Anderes als Schutzgeld ist. Egal wie die Welt sich veränderte, einige Strategien wird es immer geben. Da hat Rick eine Idee. Denn wenn er eines in den Jahren nach der Apokalypse gelernt hat, dann ist es sich durchzubeißen und trotz aller Widrigkeiten zu überleben. Er schlägt einen Deal vor, der nur allzu gern von ihren neuen Verbündeten angenommen wird …

Der nunmehr 16. Band „Eine größere Welt“ stößt wirklich das Tor in eine neue Welt ungeahnter Möglichkeiten auf. Anstatt anzunehmen, dass sich in Alexandria die letzte Bastion der Menschheit befindet, haben die Einwohner Glück. Ganz in der Nähe gibt es weitere Siedlungen und Menschen, mit den man entweder klarkommen will oder muss. Nun wird der Leser natürlich gleich wieder neugierig gemacht, welche sozialen Strukturen sich anderswo entwickelt haben, den Blick von außen nach innen zu bekommen und damit auch neue Charaktere kennenzulernen. Ebenso gibt es bereits Andeutungen bezüglich der neuen Antagonisten. Da es nur eine Frage der Zeit war, bis auch in „The Walking Dead“ wieder eine Gruppierung auf den Plan tritt, die die Schurken der Welt vereint und die Gegend terrorisiert. Denn der Mensch ist eben nur so gut wie er sein kann. Den Luxus einer Moral, wie wir nicht erst seit Brecht wissen, kann sich in Zeiten existenzieller Not eben nur derjenige leisten, der keine anderen Sorgen hat. (Da die TV-Adaption sehr viele Parallelen aufweist, hat man durch den „Spoiler“ von dort nunmehr eine gewisse Erwartungshaltung, denn dieser Comic ist eindeutig die Vorlage für den Beginn der 6. Staffel.)

Fazit: „Eine größere Welt“ vereint einmal mehr alle bekannten Stärken dieser populären Comic-Reihe: Blutige Action (abgemildert durch die durchgängig in Schwarz-Weiß gehaltenen Bilder), moralische Dilemmata durch wegweisende Entscheidungen, neue Orte und Charaktere und den Ausblick auf eine viel größere Welt, die in den Jahren seit Beginn der Zombieseuche immer weiter geschrumpft ist. Die Macher haben sich somit viele Möglichkeiten geschaffen, die Geschichte inhaltlich im verschiedene Richtungen voranzutreiben und man darf bereits gespannt sein, wo die kommenden Schwerpunkte der Comics liegen.

The Walking Dead 16: Eine größere Welt
Comic
Robert Kirkman, Charlie Adlard, Cliff Rathburn
Cross Cult 2019
ISBN: 978-3-95981-151-4
132 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 8,99

bei amazon.de bestellen