Superman ´78

1978 war ein besonderes Jahr für den Superheldenfilm. Natürlich hatte es schon vorher – seit den 1940ern – Serien und Filme mit Cape tragenden Kämpfern für Gerechtigkeit gegeben, aber 1978 wurde das Ganze zum weltweiten Popkultur-Phänomen – dank „Superman – Der Film“ von Richard Donner, dem ersten echten Kinoblockbuster um einen Comic-Helden und Urahn heutiger MCU- und DCU-Streifen. Drei Fortsetzungen schlossen sich bis 1987 an, qualitativ mehr oder minder gelungen. Dieser Comic ist eine weitere und knüpft in jeder Hinsicht an den Klassiker von ´78 an.

von Kurt Wagner

Es könnte so ein normaler Tag in Metropolis sein. Superman hechelt als trotteliger Clark Kent seiner Angebeteten Lois Lane auf dem Weg ins Büro hinterher – und stoppt dabei mit Laseraugen im Vorbeigehen einen Taschendieb –, dann bekommt er vom Chef einen Anpfiff, weil er zu banales Zeug schreibt. Unterdessen bemüht sich Lex Luthor, der auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen wurde, um einen neuen Job, aber Aushilfe in der Cafeteria von Kord Industries zu werden, stand nicht so ganz auf seiner Wunschliste. Alles Alltag also, bis plötzlich eine Mischung aus Forschungssonde und Kampfroboter vom Himmel fällt und auf der Straße für Angst und Schrecken sorgt. Klar, das ist ein Fall für Superman.

Doch indem er den außerirdischen Gast besiegt, beschwört er erst recht das Unheil herbei, denn dadurch weckt er die Aufmerksamkeit des wahnsinnigen Genies Brainiac, eines selbst ernannten galaktischen Bewahrers, der Zivilisationen, die entweder dem Untergang geweiht sind oder sonst irgendwie das galaktische Gleichgewicht stören, einsammelt und miniaturisiert in Flaschen konserviert. Abgesehen davon ist er natürlich ein selbstherrlicher und leicht zu kränkender Egomane, dem Supermans Einmischung überhaupt nicht in den Kram passt. Und so braucht er kaum mehr als eine fadenscheinige Entschuldigung, um erst den Kryptonier und dann gleich die Menschheit mit zur gefährlichen Art zu deklarieren. Ein Kampf zweier Männer um die Erde entbrennt.

„Superman ´78“, den Machern zufolge 2021 als Tribut an Richard Donner erschaffen, der im selben Jahr gestorben ist, fängt die Stimmung der alten „Superman“-Filme wirklich sehr gut ein. Superman tritt hier uneingeschränkt rechtschaffen und gut auf, mit leicht sarkastischen Sprüchen auf den Lippen und stets zu allem entschlossen, um die zu retten, die ihm am Herzen liegen. Als Clark Kent dagegen ist er treffend verhuscht, hier erkenne ich sogar immer mal wieder Schauspieler Christopher Reeves in den Zeichnungen. Auch die weitere Figurenriege fühlt sich filmgetreu an: etwa Margot Kidders Lois Lane, die zwischen Toughness und Verzweiflung changiert, oder – noch besser – der selbstverliebte Lex Luthor, seinerzeit mit sichtlicher Spielfreude von Gene Hackman verkörpert, der hier allerdings nur die zweite Geige spielen darf, was ihn ziemlich wurmt. Jackie Coopers Perry White tritt mürrisch bis cholerisch wie eh und je auf. Und, ja, auch Marlon Brando als Jor-El hat seinen überzeugenden Auftritt.

Das wirkt natürlich alles unglaublich „klassisch“, das ist der Superman aus dem Silver Age der Comics, frei von echter Düsterkeit, Gebrochenheit oder stilistischen Experimenten. Aber genau darum ging es Autor Robert Venditti und Zeichner Wilfredo Torres ja: die Stimmung eines weitgehend harmlosen, warmherzigen Familienabenteuers einzufangen. Es steht durchaus das Schicksal von Metropolis auf dem Spiel, und Brainiac ist ein veritabler Bösewicht. Dennoch bleibt das Abenteuer weitgehend gradlinig, ohne ungeahnte Wendungen, sympathisch in jeder Hinsicht, doch ohne Wow-Effekt. Einziger echter Schwachpunkt ist die Rolle von Lex Luthor gegen Ende. Während es gegen Anfang und Mitte noch ganz vielversprechend gelingt, ihn einzubinden, verschenken die Macher im Finale die Chance, seinem Subplot einen nennenswerten Abschluss zu verleihen.

Der Comic wird von einer Einleitung und einem Schlusswort flankiert, außerdem gibt es eine schöne Covergalerie, die sieben Variant Covers aufführt (drei ganzseitig und vier viertelseitig). Die eigentlichen Cover der sechs Heftausgaben wurden jeweils als Zäsurpunkte in die Geschichte direkt eingefügt, eine Vorgehensweise, die ich mir tatsächlich als Standard für alle Comic-Sammelbände wünschen würde.

Fazit: Mit „Superman ´78“ liegt eine unterhaltsame Fortsetzung des Superhelden-Blockbusters vor, die alle Stärken und Schwächen des Kinofilms von damals teilt. Die Figuren fühlen sich wunderbar nostalgisch an, und Supermans noch uneingeschränkter Glaube an Gerechtigkeit und das Gute wärmen einem als Fan das Herz. Auf der anderen Seite fehlt dem Comic die erzählerische Finesse, das Herausfordernde und Spannende modernerer Comics. Es ist ein Familienabenteuer, das Spaß macht, ohne dem Leser viel abzuverlangen.

Superman ´78
Comic
Robert Venditti, Wilfredo Torres
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-3018-7
148 S., Softcover, deutsch
Preis: 19,00 EUR

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