Star Wars Marvel Comics-Kollektion 1: Skywalker schlägt zu!

Die „Star Wars Comic-Kollektion“ ist mit Band 120 zu Ende gegangen – zur Trauer vieler Fans ohne alle Lücken zu schließen (das Ende der Abenteuer der Renegatenstaffel werden wir wohl nie auf Deutsch zu lesen bekommen). Unterdessen legt Panini Comics gleich mit der nächsten Kollektion nach. Auf 60 Bände angelegt, soll die „Star Wars Marvel Comics-Kollektion“ die Anfänge des neuen Disney-Kanons (ab 2015) im schicken, kommentierten Hardcoverformat mit durchgehendem Motivrücken neuen Lesern nahebringen. Den Auftakt macht – zum Schnapperpreis – „Skywalker schlägt zu!“.

von Frank Stein

„Skywalker schlägt zu!“ (engl. „Skywalker Strikes!“) ist ein Reprint des deutschen Sammelbandes aus dem Frühjahr 2016. In diesem waren die drei Panini-Comic-Magazine „Star Wars #1-#3“ (August bis Oktober 2015) versammelt worden, die wiederum die deutschen Übersetzungen der sechs Marvel-US-Comic Hefte „Star Wars #1-6“ (Januar bis Juni 2015) waren. Mit diesen Comics startete einmal mehr eine Reihe über die Abenteuer von Luke Skywalker, Han Solo und Prinzessin Leia zwischen „Episode IV: Eine neue Hoffnung“ und „Episode V: Das Imperium schlägt zurück“. Waren solche Abenteuer bislang stets dem Expanded Universe zugeordnet, sollten die neuen Panel-Geschichten diesmal offizieller Kanon sein, also gleichwertig zu den Kinofilmen. Ob das funktionieren kann?

Aber eins nach dem anderen. Die Handlung von „Skywalker schlägt zu!“ trägt sich kurz nach der Zerstörung des Todessterns über Yavin IV zu. Um das Imperium endgültig seiner Macht zu berauben, begibt sich ein kleines Einsatzkommando, bestehend aus Luke, Han, Leia, Chewbacca und den beiden Droiden C-3PO und R2-D2 zur imperialen Industriewelt Cymoon 1. Dort sollen die gewaltigen Fabrikationsanlagen, die rund um die Uhr neue Kriegsmaschinerie ausspucken, zerstört werden. Die Operation verläuft allerdings nicht wie geplant. Und so kommen unsere Helden gehörig in die Bredouille. Knackige Action steht hier absolut im Vordergrund.

Im zweiten Teil des Comics zerfasert die Handlung ein wenig. Luke will mehr über die Macht erfahren und begibt sich alleine auf eine Reise nach Tatooine. Gleichzeitig will Leia eine neue Basis für die Rebellion finden und nimmt Han als Piloten mit. Eine gestohlene imperiale Fähre dient ihnen als Transportmittel (übrigens scheinen die Fähren im neuen Kanon unbewaffnet zu sein, denn gegen zwei TIE-Jäger macht die Lambda-Klasse ein ziemlich schlechtes Bild, was allem widerspricht, was Fans bisher darüber dachten – vor allem jene, die das alte PC-Spiel „Tie-Fighter“ kennen). Obendrein geben sich noch Darth Vader und Boba Fett die Ehre, wobei der Kopfgeldjäger für den dunklen Lord herausfinden soll, wer dieser seltsame Pilot war, der den Todesstern vernichtet hat. Witzigerweise haben die ersten neuen „Star Wars“-Comics damit zumindest in diesem Teil die gleiche Handlung, wie die vor vielen Jahren erschienen neuen Comics bei Dark Horse. Auch im Vierteiler „Vaders Rache“ von 1999 ging es damals unter anderem um die Suche des Sith-Lords nach Luke.

Ich muss ja ganz ehrlich gestehen, dass ich nicht mehr versuche, die verschiedenen Werke zu einer einheitlichen Zeitlinie zusammenzusetzen. Selbst wenn man nur den neuen Disney-Kanon zugrunde legt, fühlt es sich an, als würden Comics, Jugendromane und Romanwerke alle irgendwie im gleichen Zeitfenster operieren und jeder seiner eigenen Handlungslinie folgen. So fällt „Skywalker schlägt zu!“ mit den Romanen „Der Erbe der Jedi-Ritter“ und „Die Waffe eines Jedi“ zusammen. Ob das passt? Das müssen Fans mit mehr Zeit zum Vergleich entscheiden. Ich habe beschlossen, mich damit zu begnügen, jedes Werk für sich zu betrachten und weniger im großen Kontext, der Dank zweier kompletter Expanded Universes zunehmend unübersichtlich wird.

Und so gesehen leisten Autor Jeremy Barlow und Zeichner Colin Wilson eigentlich saubere Arbeit. Gerade in der ersten Hälfte geht es kräftig zur Sache. Die Action ist gelungen und die Charakterisierungen der Protagonisten sitzen. Schön, man mag sich fragen, warum kein einziger Elitesoldat der Rebellion an dem Angriff auf Cymoon beteiligt ist, sondern stattdessen ein Farmer, ein Schmuggler und eine Prinzessin geschickt werden, von denen zumindest die letztere bereits auf der Abschussliste steht (und nach Solo dürfte im Anschluss an die Flucht von Tatooine in „Episode IV“ auch gefahndet werden – oder auch nicht). Na ja, Kopf ausschalten und rein ins Vergnügen. Mehr will „Star Wars“ schon seit Jahren nicht, und seit der Disney-Übernahme ist diese Politik noch deutlicher geworden.

Im zweiten Teil übertreibt es Barlow dann vielleicht ein wenig mit den Cameos. Dass neben Vader unbedingt noch Jabba und Boba Fett auftauchen müssen, mag als Fan-Service gedacht sein – und beide Schurken geben auch eine eindrucksvolle Figur ab –, aber das macht das Universum sehr klein. Noch kleiner wird es, wenn sich Han und Leia später mit einer auf Unterlicht fliegenden Raumfähre eine Verfolgungsjagd mit zwei TIEs liefern, die sich bis zu einem „ein paar Lichtjahre“ entfernten System erstreckt. Ich will nicht wissen, wie lange sie dorthin gebraucht haben – ohne Flug durch den Hyperraum. Erstaunlich, dass sie pünktlich zu „Das Imperium schlägt zurück“ wieder auf Hoth waren. Aber mit Entfernungen geht „Star Wars“ ja ohnehin notorisch lax um.

Klingt das kritisch? Ja, vielleicht. Ich bin nicht so gut darin, den Kopf abzuschalten. Plotmängel springen mich einfach an, wo sie auftauchen. Erstlesern des Comics mag auch die besondere Wendung am Schluss, die ich jetzt nicht spoilern werde, etwas aufstoßen. Die Absicht dahinter, nämlich der Protagonistenriege eine starke, dunkelhäutige Frau hinzuzufügen, mag völlig okay sein in heutiger Zeit, aber die Verbindung zur alten Garde fühlte sich zumindest für mich damals ziemlich erzwungen an. Ein etwas zu gewollter WTF-Moment. Insofern ist die Handlung für mich, wenngleich fraglos unterhaltsam, nicht ganz so überzeugend, wie das, was der Verlag Dark Horse zuvor in der Regel geboten hatte.

Aber die Zeichnungen, das kann uneingeschränkt gesagt werden, bewegen sich auf angenehm hohem Niveau! Wilson trifft nicht nur die Helden und Schurken stellenweise filmreif, er kann auch die Kriegstechnologie souverän abbilden. Da hat man ganz andere Comics im Laufe der Jahre gesehen.

Die Aufmachung der „Star Wars Marvel Comics-Kollektion“ ähnelt der der Vorgängersammlung. Die Bände erscheinen im schicken schwarzen Hardcover mit rechteckigem Covermotiv unter großem weißem „Star Wars“-Schriftzug. Eine einseitige Einleitung und ein Zeitstrahl ordnen die Geschichte ein. Am Ende steht eine mehrseitige Cover-Galerie, die hier aber sehr mager ausgefallen ist, wenn man bedenkt, wie viele Variant-Cover Marvel zum Neustart der „Star Wars“-Comics anfertigen ließ. Da hätte man etwas in die Schatzkiste greifen können. Insgesamt wirkt die Ausstattung ein klein wenig magerer als bei der letzten Kollektion, am Ende interessiert aber natürlich vor allem der Comic selbst. Und den kann man absolut lesen.

Fazit: Ein guter Einstieg in die „Star Wars Marvel Comics-Kollektion 1“. „Skywalker schlägt zu!“ erzählt zunächst von einer krachenden Kommando-Operation der Rebellen und ab der Mitte dann die von Alt-Fans bereits häufiger gelesene Geschichte von der Suche der Allianz nach einer neuen Rebellenbasis und Vaders Jagd nach dem Todesstern-Piloten – nur eben für den neuen Kanon frisch aufbereitet. Ein paar Plotfehler und eine in meinen Augen etwas fragwürdige Wendung kurz vor Schluss schmälern leicht das Gesamtbild. Aber unterm Strich ist die Optik des Comics klasse und auch die Handlung weiß spannend zu unterhalten. „Star Wars“-Fans, die 2016 noch nicht zugeschlagen haben, sollten sich den Comic nicht entgehen lassen, zumal er für 5,99 Euro ein echtes Schnupperschnäppchen ist.

Star Wars Marvel Comics-Kollektion 1: Skywalker schlägt zu!
Comic
Jeremy Barlow, Colin Wilson
Panini Comics 2021
ISBN: 978-3-7416-2315-8
148 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 5,99

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