von Frank Stein
„Darth Vader“ heißt diese Ausgabe der „Star Wars Marvel Comics-Kollektion“, die den Reprint des gleichnamigen Panini-Comic-Sammelbandes aus dem Jahr 2016 enthält (der seinerseits damals die ersten sechs Ausgaben der gleichnamigen Marvel-US-Comic-Heft-Reihe gebündelt auf Deutsch herausbrachte). Die Reihe erschien in den USA parallel zu der Reihe „Star Wars“, deren Auftaktband „Skywalker schlägt zu!“ war, und erzählt – inhaltlich zeitgleich – die Geschichte des Bösen nach der Schlacht von Yavin IV. Diverse Verweise von der einen Serie zur anderen gehören dabei zum Programm, ein Umstand, der unwissende Leser etwas irritieren kann. So bringt der Comic etwa früh eine Szene zwischen dem Imperator und Vader, in der sie über Ereignisse reden, die sich in „Skywalker schlägt zu!“ zugetragen haben. Das Geschehen dort muss man nicht kennen – aber es hebt das Lesevergnügen doch ungemein. Gut, dass Panini die Comics ihm Rahmen der Kollektion in der richtigen Reihenfolge herausbringt. Dieser Band folgt auf „Skywalker schlägt zu!“ und ist vor „Showdown auf dem Schmugglermond“ (SWMCK 5) angesiedelt.
Aber worum geht’s eigentlich? Darth Vader ist beim Imperator unten durch. Er hat nicht nur den Todesstern verloren, sondern auch eine wichtige imperiale Waffenfabrik auf Cymoon Eins. Zur Strafe wird er zu Verhandlungen mit dem Hutten Jabba nach Tatooine geschickt. Ein Job unter der Würde eines Dunklen Lords. Außerdem wird Vader dem Großgeneral Tagge unterstellt, was einer Beleidigung gleichkommt. Und schließlich heckt Palpatine offenkundig etwas mit einem neuen Freund aus, einem bizarren Mensch-Rodianer-Cyborg. Doch Vader wäre nicht Vader, wenn er das auf sich sitzen ließe. Und so schlägt er mit aller Macht und Heimtücke zurück. Darüber hinaus setzt er einen Kopfgeldjäger auf den mysteriösen Rebellenpiloten an, der den Todesstern zerstört hat, denn auch mit dem hat er noch ein Hühnchen zu rupfen.
Der Comic hat eine ganz andere Stimmung als etwa „Skywalker schlägt zu!“ hatte. Er ist düsterer und komplexer. Statt Action stehen Intrigen im Vordergrund. Der Imperator gegen Vader, Vader gegen Tagge, Vader gegen den neuen Verbündeten des Imperators. Der Umgang der Bösen untereinander ist einfach ein anderer als der von Held zu Held. Da erstaunt es beinahe, dass Vader zwischendurch fast zu einem Gefühl mürrischer Zuneigung fähig ist. Andererseits ist Doktor Aphra, die mittlerweile innerhalb des Disney-Kanons berühmte, aber hier neu eingeführte Schurkin auf der dunklen Seite, auch ein veritabler Vader-Groupie und erinnert den ehemaligen Anakin womöglich an seine verstorbene Liebe Padmé, an die er im Comic mehr als einmal denkt, obwohl ihr Tod ja schon bald zwanzig Jahre zurückliegt. Aber so sind tragische Helden und Schurken in US-amerikanischen Geschichten. Verluste tragen sie ein Leben lang mit sich herum.
Aber nochmal zurück zu Doktor Aphra. Mit der Einführung dieser Figur sowie ihren zwei Attentäterdroiden Triple-Zero und BT-1 ist Autor Kieron Gillen damals ein kleiner Geniestreich gelungen. So erinnert Aphra mehr als deutlich an eine andere Figur aus der Feder von George Lucas. Sie trägt zwar eine Fliederkappe statt einen Fedora und einen Blaster statt eine Peitsche, aber als Abenteurerin mit Interesse an alten Relikten (hier vor allem technischen Relikten), die Lederjacke und Umhängetasche trägt, unter sich schließenden Türen hindurch hechtet und Dinge auf keinen Fall in ein Museum bringen will, ist sie leicht als dunkles Gegenstück des Archäologen Indiana Jones zu erkennen, invertiert dabei nicht nur im Geschlecht, sondern auch in der moralischen Haltung. Gleichzeitig kann man sie im „Star Wars“-Kontext auch als eine weibliche Variante des Glücksritters Han Solo verstehen (der in den Filmen natürlich über seinen Schauspieler Harrison Ford mit Indiana Jones verbunden ist). Darüber hinaus sind auch die beiden Droiden 0-0-0 und BT-1 nicht nur optisch – einer silber, einer schwarz –, sondern auch von der Haltung her wunderbar düstere Widerparts zweier liebgewonnener Droiden aus dem „Star Wars“-Universum. Dieses Team zusammengenommen, baut Gillen ein prachtvolles Negativbild der Heldentruppe Luke, Han, C-3PO und R2-D2.
Neben der Story und den Figuren weiß der Comic auch optisch zu gefallen. Vor allem Vader wird fantastisch in Szene gesetzt. Ansonsten ist mir der Pinselstrich von Salvador Larroca etwas zu fein, was vor allem bei menschlichen Gesichtern auffällt, die wie mit dem Fineliner gezogen aussehen. Dafür sind die Farben von Edgar Delgado mit ihren Lichteffekten und den Spiegelungen auf Rüstungen mitunter wunderschön.
Als Bonusmaterial gibt es wieder eine einseitige Einleitung sowie eine (unvollständige) Cover-Galerie. Der Preis hat mittlerweile sein Normal-Niveau von 14,99 Euro erreicht, was für einen Hardcover-Comic immer noch völlig in Ordnung geht, vor allem in Zeiten, in denen selbst aktuelle Softcovers bei Panini eher 17 Euro kosten.
Fazit: „Star Wars Marvel Comics-Kollektion 3: Darth Vader“ kommt düster daher, mit viel Charakterzeichnung – vor allem Vader betreffend – und zahlreichen Intrigen, die ein aufmerksameres Lesen erfordern. Doch gerade das wertet die Handlung auf, die Vaders Entwicklung vom brutalen Handlanger zum Meister des Bösen verfolgt. Zusammen mit einer sehenswerten Optik und ein paar wirklich interessanten neuen Figuren, wird daraus ein Comic, der gestanderen „Star Wars“-Fans nur ans Herz gelegt werden kann. Aber Achtung: Für euren Padawan-Nachwuchs ist die vor kaltblütigem Mord und Folter nicht zurückschreckende Geschichte eher nichts.
Star Wars Marvel Comics-Kollektion 3: Darth Vader
Comic
Kieron Gillen, Salvador Larroca
Panini Comics 2021
ISBN: 978-3-7416-2317-2
148 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,99
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