von Frank Stein
Der Comic-Band, der auf dem Cover eine attraktiv-selbstbewusste Leia zeigt, die Sturmtruppen in Ketten abführt, umfasst die US-Heftausgaben „US-Star Wars #15-19“ sowie das „Star Wars Annual #1“, die zwischen Dezember 2015 und Mai 2016 erschienen sind. Auf Deutsch kamen die Geschichten zwischen November 2016 und Januar 2017 in Heftform heraus, im Juni 2017 schob Panini dann den obligatorischen Sammelband (inkl. limitierter Hardcover-Ausgabe) hinterher. Inhaltlich identisch ist nun diese Edition.
Enthalten sind – wie gesagt – die Hauptstory, zudem das Kurzabenteuer eines Rebellenagenten als Vorgeschmack sowie der nächste Eintrag von Obi-Wan Kenobis Tagebuch auf Tatooine zum Nachtisch. Die Hauptstory ist in sich abgeschlossen, aber dennoch für sich genommen nur mit halber Freude genießbar. Eigentlich sollte man auch die vorherigen Bände der „Star Wars“-Reihe kennen und optimalerweise noch die Geschwisterserie „Star Wars – Darth Vader“, denn die Handlung führt direkt die Geschichte aus „Star Wars: Vader Down“ weiter. Im Rahmen der „Marvel Comics-Kollektion“ wären das die Ausgaben 1, 3, 5, 6 und 9.
Die Vorgeschichte schildert den Versuch des auf Coruscant eingeschleusten Rebellenagenten Eneb Ray, einige Senatoren zu befreien, die hingerichtet werden sollen, weil sie dem Imperator nicht mehr genehm sind. Dabei ergibt sich die Gelegenheit, Palpatine selbst anzugreifen. Natürlich ist dem Agenten nicht klar, mit welchem Feind er sich da anlegt. – Die Geschichte ist kurz, in meinen Augen nicht ganz schlüssig (wer lässt eine Gruppe Kapuzenleute ungeprüft und unbewacht zum Imperator?) und mit erwartbarem Ausgang. Ein Appetithappen, nicht mehr.
In der Hauptstory überführen Prinzessin Leia und die harte Schmugglerin Sana Starros die gefangene Schurkin Doktor Aphra zu einem geheimen Rebellengefängnis namens Sunspot, das sich in einem abgelegenen System in unmittelbarer Umgebung einer Sonne verbirgt. Dorthin landen nur die übelsten Verbrecher des Imperiums, die Sicherheitsvorkehrungen sind (angeblich) entsprechend stark. Doch kaum sind die drei Frauen dort angekommen, ereignet sich ein Angriff auf die Einrichtung und ein maskierter Rächer übernimmt die Station. Leia, Sana und Aphra müssen ein fragwürdiges Bündnis eingehen, um den gemeinsamen Feind zu bezwingen.
Die Geschichte hat ein interessantes Thema, geht sie doch der Frage nach, wie man als „Guter“ mit den richtig Bösen umgehen sollte. Gewährt man auch „Monstern“ Menschenrechte oder macht man die Galaxis nicht zu einem besseren Ort, wenn man sie stattdessen einfach tötet? Weniger gut hat mir der Umgang mit den Geschlechtern in diesem Comic gefallen. Es zieht sich seit der Disney-Übernahme wie eine nebelhafte rote Linie durchs „Star Wars“-Universum, dass Frauen stark und klug sind, diejenigen, die den Durchblick haben, das moralische Oberwasser und die coolsten Nahkampf-Moves, während Männer entweder als kurzsichtige Hotshots oder scheiternde Möchtegernhelden präsentiert werden.
Hier merkt man das deutlich an den beiden Teams Leia, Sana und Aphra auf der einen Seite und Han Solo sowie Luke Skywalker auf der anderen. Während die einen zynische One-Liner raushauen und gleichzeitig Fäuste und Blaster sprechen lassen, werden Han und Luke allein zum Comic-Relief eingebaut. Sie tragen nichts zur Handlung bei, außer ein paar Lacher auf ihre Kosten, denn alles, was sie großspurig angehen wollen, scheitert natürlich kläglich. Ich finde es gut, dass sich „Star Wars“ um ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis bemüht. Und gerade Doktor Aphra ist ein wunderbar düsteres, weibliches Gegenstück zu Han Solo. Doch wenn ein Autor – hier Jason Aaron – nichts mit den männlichen Protagonisten der Saga anzufangen weiß, sollte er sie meines Erachtens einfach weglassen.
Zu guter Letzt erleben wir einmal mehr Obi-Wan Kenobi, der im Exil auf Tatooine auf den jungen Luke aufpasst. Als er ihm nach einem Unfall mit dem T16-Skyhopper unter die Arme greifen will, gerät er mit dem Onkel des Jungen, Owen Lars, aneinander. – Auch diese Geschichte ist eher eine kleine Episode der großen Saga. Sehr gelungen finde ich allerdings den Versuch von Illustrator Mike Mayhew, die Figuren als Mischung aus ihren jeweiligen Schauspielern in den Prequels beziehungsweise der klassischen Trilogie zu zeichnen. So glaubt man beispielsweise in Obi-Wan sowohl Züge von Ewan McGregor als auch Alec Guiness zu erkennen. Auf diese Weise findet eine langsame Transformation der Figur statt, die eine schöne Brücke zwischen den Trilogien schlägt.
Die Ausstattung des Comics ist typisch für die „Star Wars Marvel Comics-Kollektion“. Er kommt als schicker Hardcover-Band daher, der auf dem Buchrücken das durchgehende Bildmotiv um ein klein wenig Jek Porkins und Yoda erweitert. Die Einleitung ist diesmal leider im Grunde bloß eine Inhaltsangabe und bietet wenig außer Spoilern. Dabei wird sie seltsamerweise von einem Variant Cover von „Princess Leia #1“ illustriert. Erfreulich dagegen die Cover-Galerie am Schluss, die angenehm komplett ist.
Fazit: Ich muss gestehen, ich finde die „Vader“-Schwesterreihe innerhalb der „Star Wars Marvel Comics-Kollektion“ stärker als ihr Rebellen-Pendant. Während mit der Suche von Vader nach seinem Platz im Imperium (und Luke Skywalker) ein starker roter Faden die Richtung weist, bleibt die Rebellen-Reihe episodisch und komischerweise auch überhaupt nicht auf die Flucht der Rebellen nach dem Verlust der Basis auf Yavin IV fokussiert (oder die Suche nach einer neuen Heimat). Es fühlt sich an, als würde die Reihe nur der anderen zuarbeiten. Eine interessante moralische Frage auf der Habenseite und eine Verschwendung der Figuren Han und Luke auf der anderen platzieren diesen Comic für mich im Mittelfeld. Sehr gelungen ist allerdings die weitere Episode aus dem Leben von Obi-Wan auf Tatooine.
Star Wars Marvel Comics-Kollektion 13: Das Gefängnis der Rebellen
Comic
Jason Aaron, Kieron Gillen u. a.
Panini Comics 2021
ISBN: 987-3-7416-2510-7
146 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 14,99
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