Star Wars – Die Hohe Republik: Abenteuer 6 – Der namenlose Schrecken

Eine kleine Gruppe Gestrandeter, ein Raumschiffwrack, ein Frachtraum voll seltsamer Eier und ein „namenloser Schrecken“, der ihnen entschlüpft und danach, von unbändigem Hunger erfüllt, Jagd auf die Überlebenden macht. Ist es der neue „Alien“-Comic, von dem ich hier spreche? Mitnichten! Es ist die neuste Ausgabe in der Reihe „Star Wars – Die Hohe Republik: Abenteuer“. Aber, ja, die Vorlage für diese Geschichte ist unverkennbar.

von Frank Stein

Bevor ich zum Inhalt komme, muss ich kurz ein Wort zur Struktur des Comics verlieren. Wir erinnern uns: Das Multimedia-Projekt „Die Hohe Republik“ ist in drei Phasen aufgeteilt: Phase I (Starlight Station, Nihil, Drengir) spielt etwa 230 Jahre vor der Schlacht um den ersten Todesstern. Phase II (Wegfinder-Teams, Pfad der Offenen Hand, Eiram & E’ronoh) ist als Prequel nochmal 150 Jahre vorher angesiedelt. Phase III soll dann einige Zeit nach Phase I spielen. Damit wäre grundsätzlich die zeitliche Struktur der Skywalker-Kino-Saga nach George Lucas widergespiegelt. Doch während Lucas’ Prequel-Film-Trilogie auf wirklich vielen Ebenen mit der klassischen Trilogie verknüpft war, haben sich die Macher von „Die Hohe Republik“ seit Band 1 der Phase II schwer getan, ihren Werken die nötige Relevanz für das bisher Geschehene zu verleihen.

Dies gilt auch für diesen Comic. Es gibt letztlich nur zwei Verknüpfungspunkte zu Phase I. Der erste ist so unnötig (und für Neuleser zudem verwirrend), dass sich das Vorwort sichtlich windet, um ihn zu erklären. Denn das vorliegende Abenteuer wird in immer wieder einmontierten, zeitlich nach Phase I angesiedelten Szenen quasi erzählt, und zwar von der freischaffenden Ex-Jedi und Monsterjägerin Ty Yorrick, einer durchaus namhaften Figur der Phase I, der ich aber nicht genug Bekanntheitsgrad bescheinigen würde, las dass man sie hier als Erzählerin gebraucht hätte. Zumal ihre eigene winzige Handlung für Neuleser völlig unverständlich bleibt. Für Kenner, nun ja, ist sie ein Mosaiksteinchen auf dem Weg zu Phase III. Aber gut, Yorrick erzählt also eine Geschichte, und zwar vom Meister ihres Meisters, der seinerzeit (also zur Handlungszeit des Hauptteils des Comics in Phase II) selbst noch ein Padawan war.

Der zweite Verknüpfungspunkt sind die Monster. Denn in der Erzählung stößt besagter Padawan Coron Solstus gemeinsam mit seinem Aufklärer-Team (in anderen deutschen Publikationen auffällig uneinheitlich auch Pfadfinder-Teams, Wegfinder-Teams oder Erkundungs-Teams genannt) buchstäblich mit einem anderen Schiff, einem alten Raumfrachter, zusammen. Beide Schiffe stürzen auf einem namenlosen Planeten ab. Das Aufklärer-Team will den anderen natürlich zu Hilfe eilen, dabei muss es allerdings feststellen, dass es hierbei um Anhänger des Pfads der Offenen Hand handelt, die einen irrationalen Hass auf Jedi hegen. Darüber hinaus haben diese offenbar ein unkontrolliert tobendes Ungeheuer an Bord, das vor allem Machtanwender zum Fressen gern hat. Kennern ist dieser namenlose Schrecken natürlich schon in Phase I begegnet, denn Nihil-Chef Marchion Ro hat sich eines solchen Ungeheuers bedient, um gegen seine Jedi-Gegner vorzugehen. Hier kommt es nun erwartungsgemäß zu einem tödlichen Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem namenlosen Schrecken und den Gestrandeten, wobei das Untier keinen Unterschied zwischen Jedi, Nicht-Jedi oder Pfad-Anhängern macht.

Das liest sich durchaus kurzweilig, da gibt es kaum was zu meckern. Den Ty-Yorrick-Part hätte man sich zwar sparen können – das hätte der Handlung noch mehr Fokus verliehen –, aber der „Alien“-Teil ist unterhaltsam, wenn auch vielleicht trotz der unvermeidlichen Opfer noch ein wenig zu lieb. Der Überlebenskampf der Gestrandeten hätte ruhig noch ein wenig dramatischer ausfallen dürfen. Andererseits richtet sich just die „Abenteuer“-Reihe eher an jüngere Leser, sodass die Bedrohung auch nicht zu krass sein darf. Als kleines Planeten-Survival-Abenteuer funktioniert der Comic jedenfalls absolut.

Im Rahmen der Phase II erfüllt der Comic dabei den Zweck eines Nebenschauplatzes. Im Roman „Pfad der Rache“ (so habe ich recherchiert, gelesen habe ich ihn noch nicht) hat der Pfad der Offenen Hand wohl mehrere Raumschiffe losgeschickt, um Eier der Namenlosen für unlautere Zwecke zu beschaffen. Eins der Schiffe ging auf der Mission verloren. Das ist der nun hier auftauchende Frachter. Diese Querverbindung gefällt, ebenso wie der Auftritt des Jedi-Meisters Rok Buran, der schon im Roman „Die Suche nach der verborgenen Stadt“ eine Nebenrolle hatte. Im Hinblick auf die später angesiedelte Phase I ist aber auch dieser Comic unergiebig. Die Handlung bleibt in der aktuellen Ära verhaftet. Man erfährt nichts, was den zukünftigen Ereignissen weiteren Hintergrund geben würde. Chronologisch ist der Comic übrigens ganz am Ende der Phase II einzuordnen, also nach „Der Pfad der Rache“ und „Der Kampf um Jedha“ (was erst im Sommer auf Deutsch erscheinen wird). Aber der Schaden durch Spoiler ist für Leser, die schon jetzt zugreifen, gering.

Die leicht in die Cartoon-Ecke tendierenden Illustrationen von Eduardo Mello und Ornella Savares sind gefällig. Sie unterstützen die Handlung und tun nicht weh, gehören aber eher in die Kategorie Marvel-Fließbandoptik als dass sie künstlerisch herausragen würden. Aufgewertet werden sie durch die Kolorierung durch Vita Efremova und Nicola Righi, die viel mit Farbverläufen und Schmutzmustern arbeiten, in meinen Augen aber wenig zu bunt für die Geschichte bleiben, die rein von der Handlung her mehr tiefe Schatten und Dunkelheit hätte vertragen können. Hier zeigt „Star Wars“ deutlich weniger Mut zum Experiment als andere Franchises.

Fun Fact zum Schluss: Der Comic wurde von George Mann geschrieben. Dieser war auch der Autor des Kinderbuchs „Star Wars – Die Hohe Republik: Die Suche nach der verborgenen Stadt“. In diesem verliert Jedi-Meister Rok Buran sein eigenes Aufklärer-Team aufgrund eines Verrats an Horden fieser Monster. In meiner Rezension zu besagtem Buch fand ich die Parallelen zu „Aliens“ schon sehr spürbar. Hier ist nun Rok wieder mit von der Partie. Und die Handlung erinnert an „Alien“. Vielleicht … vielleicht ist George Mann doch im falschen Franchise unterwegs.

Fazit: „Der namenlose Schrecken“ ist ein inhaltlich wie optisch solider Vierteiler (hier gesammelt vorliegend), der für sich genommen eine nette, wenn auch spürbar an Ridley Scotts „Alien“ angelehnte Survival-Geschichte mit Jedi erzählt, im Rahmen des Projekts „Die Hohe Republik“ aber nur einen Nebenschauplatz bespielt. Die Verbindungen innerhalb der Phase II sind mit Rok Bogan und dem „verlorenen“ Schiff der Pfad-Anhänger dicht gewoben, für Phase I spielt das Geschehen hier keine spürbare Rolle.

Star Wars – Die Hohe Republik: Abenteuer 6 – Der namenlose Schrecken
Comic
George Mann, Eduardo Mello, Ornella Savarese u. a.
Panini Comics 2023
ISBN: 978-3-7416-3560-1
136 S., Softcover, deutsch
Preis: 17,00 EUR

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