Star Wars: Abschaum und Verkommenheit (Krieg der Kopfgeldjäger)

Der „Krieg der Kopfgeldjäger“, das Comic-Cross-Over-Event aus dem Jahr 2021, findet nicht nur auf Jekara statt, wo Crimson Dawn den in Karbonit eingefrorenen Han Solo an die Unterwelt versteigert. Auch andernorts bekämpft sich die Unterwelt mit harten Bandagen. Vier Geschichten versammelt die Anthologie „Abschaum und Verkommenheit“.

von Frank Stein

Der vorliegende Anthologie-Band ist ein Begleitcomic zum Mega-Cross-Over-Event „Krieg der Kopfgeldjäger“, das 2021 alle aktuellen Marvel-Comic-Reihen vereinte und davon erzählte, wie Boba Fett mit Han im Gepäck auf dem Weg zu Jabba mit zig Widrigkeiten zu kämpfen hat. Er ist deshalb bloß ein „Begleitcomic“, weil er nicht direkt auf die Geschehnisse auf Jekara Einfluss nimmt, sondern Randepisoden schildert, die jeweils als kleine Kurzgeschichten dargeboten werden. Enthalten sind die US-Ausgabe „War of the Bounty Hunters – Jabba the Hutt (2021)“ #1, „4-LOM und Zuckuss (2021)“ #1, „Boushh (2021)“ #1 und „IG-88 (2021)“ #1. Warum die Einzelwerke mit Jahreszahl und Nummerierung versehen wurden, ist mir unbekannt. Keiner der Comics hatte eine gleichnamige Vorgängerreihe oder hat eine Folgereihe nach sich gezogen.

Geschrieben wurden die Comics erstaunlicherweise weitgehend von Leuten aus dem Team „Die Hohe Republik“, namentlich Justina Ireland, Daniel José Older und Alyssa Wong sowie Rodney Barnes. Die Zeichnungen und die Kolorierung stammen von einer breiten Riege Personen, die mir bislang noch nicht als „Star Wars“-Künstler aufgefallen wären. Einzig Edgar Delgado ist mir schon einmal untergekommen. Dabei ist Delgado auch der einzige, der im Team mit Luca Pizarri wirklich sehenswerte Arbeit abliefert. Die restliche Optik bewegt sich eher im Mittelmaß.

Um die Geschichten ist es ähnlich bestellt. In der ersten merkt Jabba, dass Boba Fett sich auf Nar Shaddaa herumtreibt, statt Han Solo bei ihm abzuliefern. Also schickt er die seit Ewigkeiten in seiner Schuld gehaltene Jägerin Deva Lompop – irgendeine humanoide Schlangenfrau – los, um Fett aufzuspüren. Der Comic verliert sich dann in einer gemeinsamen Vorgeschichte, die vor allem dazu zu dienen scheint, Deva gut aussehen zu lassen. Auf Nar Shaddaa selbst kommt es dann zu einer kleinen, kaum spektakulären Wende.

Story zwei fokussiert sich ganz auf Zuckuss und 4-LOM. Auf Nar Shaddaa sind die beiden mit Boba Fett zusammengestoßen – wird nur erwähnt, nicht gezeigt – und dabei ging 4-LOM verloren. Den Kopf des Droiden hat Fett mitgenommen, warum auch immer. Zuckuss ist jedenfalls am Boden zerstört und fühlt sich einsam, das Hauptthema der Geschichte. Kurz darauf kommt es zu einem unerwarteten Wiedersehen zwischen den beiden, das noch schmerzhafter wird. So nett es mal ist, die Beziehung zwischen dem Duo näher zu definieren, so sehr irritiert der zeitliche Ablauf, der überhaupt nicht zu funktionieren scheint. Während auf Nar Shaddaa nur Stunden zu vergehen scheinen, sind es andernorts gefühlt Tage. Immerhin ist das Ganze ein bisschen tragisch, wenn einen Zuckuss als Leser überhaupt interessiert.

Das Problem hat auch die dritte Geschichte. Kopfgeldjäger Boushh – offenbar noch der echte – wird mit vier Freunden und Freundinnen, die dem Anschein nach alles Ausgestoßene ihres Volkes sind, von Crimson Dawn angeheuert, die Führungsetage der Tagge Corp zu dezimieren. In der Folge gibt es dann etwas Action und Schießerei, wobei vor allem Domina Tagge glänzen kann, was vielleicht daran liegt, dass der Comic von Alyssa Wong stammt, die aktuell die „Doctor Aphra“-Reihe schreibt, in der Domina die Antagonistin ist. Boushh erinnerte bislang immer etwas an Greedo, stets eher auf der Verliererseite und berühmt nur dafür, das Leia am Ende seine Rüstung hat. Ob der Comic Auftakt zu einer neuen Interpretation der Figur ist, muss sich noch zeigen.

Den Abschluss bildet eine Kurzgeschichte, die das Schicksal von IG-88 verfolgt, der zuvor von Darth Vader zerlegt worden war (erzählt in „Darth Vader – Skywalker im Visier“). Natürlich wird er wieder zusammengebaut – bei „Star Wars“ stirbt ja nur ganz selten jemand wirklich –, nur um beim nächsten Job gleich wieder zu versagen. Das Ganze endet mit einem Droiden in der Sinnkrise.

Eine vorbildlich vollständige Covergalerie beendet den Sammelband.

Fazit: „Abschaum und Verkommenheit“ bietet vier Schlaglichter auf das Leben von ewigen Nebendarstellern im Krieg der Sterne. Das trifft vor allem auf Zuckuss, 4-LOM und IG-88 zu, die genau wie Dengar und Bossk ja ständig als Sparringpartner für die eigentlichen Helden und Anti-Helden dienen müssen. Deva und Boushh sind sogar noch unbedeutender. Ein Comic, der sich primär an eingefleischte Fans richtet und eigentlich nur im Umfeld des Cross-Over-Events „Der Krieg der Kopfgeldjäger“ sinnvoll und lesenswert ist.

Star Wars: Abschaum und Verkommenheit (Krieg der Kopfgeldjäger)
Comic
Justina Ireland, Daniel José Older, Alyssa Wong u.a.
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-2818-4
140 S., Softcover, deutsch
Preis: 17,00 EUR

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