von KaiM
Die Spiel 2025 im Essen war mal wieder eine Messe der Superlative. Noch mehr Fläche, noch mehr Aussteller, noch mehr Besucher und natürlich noch mehr Spiele. Über 1700 Neuheiten sollen es gewesen sein, aber über die Messe an sich hat André ja bereits ausführlich geschrieben.
Mein Gesamteindruck der Messe war jedenfalls positiv. Zwar war die Halle 3, wo viele der sehr populären Verlage beherbergt waren, meist bis zum Bersten gefüllt, aber es gab auch andere Bereiche, wo man sich gut bewegen konnte und man nicht permanent Schlange stehen musste, selbst wenn man nur von einem Stand zum nächsten wollte.
Schlange stehen musste man auch, um einige Spiele zu ergattern, die jeden Tag schnell ausverkauft waren. Natürlich war „Artengarten“ einer der Kandidaten. Der Nachfolger von „Arche Nova“ war heiß begehrt und erste positive Stimmen konnte man schon vernehmen. Ob das Plättchenlegespiel allerdings auch nur entfernt an seinen Vorgänger heranreichen kann, bleibt abzuwarten.

Weitere Titel, für die man entweder schnell sein oder viel Geduld aufbringen musste, waren die Erweiterung von „Seti“ und allgemein der Stand von Arclight Games. Nicht nur durch die Auszeichnung mit dem „Deutschen Spielepreis“ war zu erwarten, dass sich die Erweiterung „SETI – Raumfahrtorganisationen“ gut verkaufen würde. Das Konzept mit unterschiedlichen Alienrassen, die erst während des Spiels aufgedeckt werden und gänzlich unterschiedlich funktionieren, hat super funktioniert und auch sonst hat das Spiel jede Menge Stärken. Damit war vorprogrammiert, dass alle verfügbaren Erweiterungsboxen jeden Morgen nach höchstens anderthalb Stunden ausverkauft waren.
Der Verlag Arclight Games konnte seinerseits mit mehreren Neuheiten glänzen. Zum einen hatten sie eine Reimplementierung von Hisashi Hayashis „Railway Boom“ im Gepäck, das in der Kombination mit den Illustrationen von Ian O’Tool schon allein für jede Menge Aufmerksamkeit gesorgt hätte. Aber „Tornado Splash“ mit seinem sehr eleganten Mechanismus für echtes Rennspiel-Feeling und das schöne „Snow Colony“ machten den Hype perfekt. Dort war jeden Morgen direkt zu Beginn eine lange Schlange zu finden und alle Spiele waren dann auch schnell ausverkauft.

Allgemein ist mir aufgefallen, dass es dieses Jahr sehr viele außergewöhnlich schöne Spiele gab. Noch nie schien die Tischpräzenz eine so große Rolle zu spielen, ohne dabei zu Lasten der Qualität der Veröffentlichungen zu gehen. Zumindest sagt mir mein Gefühl, dass wir am Ende des Jahres von einem sehr starken Jahrgang sprechen werden, der eine Menge Toptitel zu Tage gefördert hat. Ob allerdings wieder zwei so starke Titel dabei sein werden, wie „Bomb Busters“ und „Seti“, bleibt abzuwarten.
Neben der Besichtigung der Neuheiten und natürlich einer Menge Testpartien gab es dann auch noch ein paar spannende Gespräche mit den Verlagen und wir hoffen, dass wir Euch in Zukunft dann auch die eine oder andere Neuheit aus deren Häusern präsentieren können.
Gespräch mit Hutter
Ein etwas längeres Gespräch konnte ich mit der sympathischen Tamara von Hutter führen. Sie hat mir einige Fragen zum Huch!-Verlag unter dem Dach des Unternehmens beantwortet und natürlich haben wir uns auch über aktuelle Spiele unterhalten.

Zunächst befragte ich sie zur Firmenstruktur von Hutter, um herauszufinden, wie die verschiedenen Teile zusammenhängen. Aber eigentlich ist alles ganz einfach: Die Hutter Trade GmbH und Co KG ist eine Vertriebsgesellschaft, die insbesondere Brett- und Kartenspiele anderer Verlage vertreibt. So sind seit 2023 Queen Games und Funtails mit im Programm, letztes Jahr kam Edition Spielwiese dazu und seit wenigen Wochen ist nun auch der SPIEL DAS!-Verlag ein Teil der Vertriebsfamilie. Hutter wächst also ganz ordentlich und beliefert dabei nicht nur Deutschland mit den Spielen der Partnerverlage. Huch! hingegen ist die Eigenmarke für Lokalisierungen und Eigenentwicklungen.
„Kilia“ und „Rising Cultures“ sind beispielsweise schwergewichtige Eigenentwicklungen, die zusammen mit den Partyspielen „Catch Your Match“ und „Blind Jack“ dieses Jahr die Highlights des Verlags darstellen dürften. Aber auch Lokalisierungen erscheinen bei Huch!, und dieses Jahr ist mit „Severton“ auch etwas ganz besonderes dabei. Das Spiel ist im Original bei Albi erschienen und stammt aus der Feder von Vlaada Chvátil, der schon unzählige faszinierende Spiele gemacht hat. Diesem Kampagnenspiel mit viel Story und kooperativem Gameplay dürften so manche Fans entgegenfiebern. Aber auch „Kilia“ macht einen guten Eindruck. Zwar kommt es mit jeder Menge Farbtönen rund um beige daher, macht mich wegen der Handelsthematik rund um das alte Kiel zur Zeit des neu gebauten Eider-Kanals sowie wegen der Multi-Use-Karten doch sehr neugierig.
Der Favorit meiner sympathischen Gesprächspartnerin ist aber eher auf der leichteren Seite zu finden. In „Blind Jack“ müssen wir versuchen, mit Quizfragen möglichst nahe an den Wert 21 zu kommen, ohne ihn zu überschreiten. Dafür sehen wir uns als Team Fragen an, deren Antworten immer einen Wert zwischen eins und zwölf haben. Wenn wir der Meinung sind, dass die nächste Frage unseren Gesamtwert über 21 treiben könnte, müssen wir passen. Das machen alle Mannschaften, um dann im Finale herauszufinden, wer am nächsten am „Black Jack“ ist. Das klingt nach einem flotten Partyspiel, mit vielen Aha-Momenten.

Das gesamte Vertriebsprogramm ist natürlich mit noch deutlich mehr Neuheiten bestückt, und wie es scheint, hört das Wachstum nicht auf. Wir dürfen also sehr gespannt sein, was uns von Hutter in den nächsten Jahren erwarten wird und wir freuen uns sehr, in Zukunft etwas enger mit den lieben Kollegen zusammenzuarbeiten. An dieser Stelle auch nochmal vielen Dank an Tamara für das überaus nette Gespräch.
Biberstein Spiele
Ein weiteres, zwar ungeplantes, aber ebenso gutes Gespräch durften wir mit Sven Biberstein von Biberstein Spiele führen. Der junge Unternehmer hat sich zum Ziel gesetzt, die Spiele der „19xx“-Reihe von Looping Games ins Deutsche zu übersetzen und auf den Markt zu bringen. Die Reihe erinnert ein wenig an die „Tiny Epic“-Reihe, da alle Spiele in einer sehr kompakten Box daherkommen und ebenso jede Menge Substanz haben. Dabei wird je eines der wichtigsten Ereignisse eines Jahres hergenommen und thematisch in ein Brettspiel eingebettet. Im Original sind bisher elf Titel erschienen, wovon nun bereits fünf bei Biberstein erschienen sind. Aber bei dem reinen Spielerlebnis macht Biberstein Spiele noch nicht Schluss. Denn neben einer Videoanleitung zum Spiel, findet man auf der Webseite des Verlags auch Playlists, die extra für die jeweiligen Spiele zusammengestellt werden. Eine passende Hintergrundmusik ist immer wieder eine stimmungsvolle Bereicherung, über die wir uns sehr freuen. Da diese Serie schon einige Erfolge feiern konnte, sind noch weitere Titel aus der Reihe zu erwarten, worauf wir natürlich sehr gespannt sind.
Mein persönliches Highlight-Spiel

„House of Fado“ hat uns besonders gut gefallen. Das stimmungsvolle Spiel rund um diese spezielle portugiesische Kunstform hat als Arbeitereinsetzspiel einen wunderbaren Flow, mit positiver Interaktion und einer Menge interessanter Entscheidungen. Das Projekt von Schwergewichtskünstler Vital Lacerda, das er gemeinsam mit João Quintela Martins realisiert hat, ist zur Abwechslung mal etwas im Bereich von gehobenen Kennerspielen und weiß trotzdem zu begeistern.
Mein persönliches Highlight-Event
Ein weiteres tolles Spiel, das wir vor Messe schon erworben haben und es deswegen nicht zu den Entdeckungen der Messe zählen, ist „Take Time“. Das kooperative Deduktionsspiel überzeugt nicht nur im Gameplay, sondern sieht dabei auch wunderschön aus. Das haben wir der Illustratorin Maud Chalmel zu verdanken, die sich in mehreren Sessions sehr viel Zeit zum Signieren nahm. Dabei wurde nicht nur einfach unterschrieben, sondern ein kleines Meisterwerk in den Spieldeckel gezaubert.

Fazit: Es war wieder eine tolle Messe. So viele sympathische Menschen auf einem Haufen zu finden, ist selten und macht jedes Jahr mehr Spaß. Seien es die Mitspielenden oder die Erklärbären, -füchse und -eichhörnchen, die ihr Bestes gaben, um im Messegetümmel ihre Stimme bei sich zu behalten und uns trotzdem mit den wichtigsten Infos zu versorgen. Seien es die Kollegen anderer Blogs oder aus der YouTube-Branche. Überall ist diese Begeisterung, und selbst wenn das Warten in den Schlangen auch mal frustig werden kann: Alle bleiben freundlich. Ich persönlich habe kein einziges böses Wort gehört und glaube kaum, dass es viele Veranstaltungen mit 55000 täglichen Besuchern gibt, die das von sich behaupten können. Die Spiel 2026 kann kommen, ich werde da sein.
