Siderische Konfluenz

Frosted Games brachte im Jahre 2020 viele Spiele-Highlights wie „Aeon's End“ oder „Dawn of the Zeds“ nach Deutschland. Nun wagten sie sich an die Umsetzung eines Schwergewichts mit dem Titel „Siderische Konfluenz“ (englisch: „Sidereal Confluence“). Mit mehr als drei Kilo Gewicht ist das Spiel nicht nur physisch ein echter Brocken!

von Daniel Pabst

„Siderische Konfluenz“ ist ein Expertenspiel von TauCeti Deichmann. Es umfasst 398 Karten, 222 Plättchen, 292 Würfel und Oktagone, 9 Sichtschirme, 1 Anleitung und 1 Erklärhilfe. Dieses gewichtige Brettspiel erschien bereits 2017 in englischer Sprache unter dem Titel „Sidereal Confluence“. Schließlich stellte sich das Team von Frosted Games der Aufgabe, die vielen Begriffe im Spiel akkurat zu übersetzen und neue, klar voneinander unterscheidbare Formulierungen zu finden. Diesem Anspruch gerecht zu werden, brauchte also seine Zeit, bis es 2020 dann hieß: Veröffentlichung. Schnell war es ausverkauft, sodass es für 2021 in einen Nachdruck ging.

Vorneweg eine Namenserklärung des Spieletitels: Siderisch bedeutet so viel wie die Sterne betreffend, und eine Konfluenz ist ein Zusammentreffen. Mit diesem Wissen kann man den Inhalt des Spiels grob darstellen. In „Siderische Konfluenz“ treffen verschiedene Alien-Spezien von verschiedenen Heimatwelten aufeinander.

Spielerisch ist „Siderische Konfluenz“ eine Kombination aus Verhandlungsspiel und Science-Fiction-Strategiespiel. Zum einen muss man verhandeln, denn ähnlich wie bei dem älteren Spiel „Chinatown“ ist der Handel das „gesamte Spiel“. Es wird laut diskutiert, bestochen und auch verschenkt. Das stetige Anpassen an die momentane Handelsposition macht die Komplexität aus. Wie schafft man faire Tausche, bei denen man aber auf lange Sicht mehr als die anderen profitiert. Wieso sollte die oder der mit einem einen Handel eingehen. Und wie wird man am Ende als Herrscher oder Herrscherin der neuen Ordnung nominiert. Zum anderen gibt es bei diesem Brettspiel ganz klar eine allumfassende Weltall-Atmosphäre.

Der Handel und Wandel im Elysium-Sektor



„Siderische Konfluenz“ lässt die Science-Fiction-Atmosphäre in den Regeln mit einer kurzen Geschichte beginnen, die da lautet: „Für 30 Millionen Jahre waren die Faderan die einzige intelligente Spezies in dieser Galaxis. Doch als die Konklave der Faderan nach dieser unbeschreiblich langen Zeit neues intelligentes Leben im Elysium-Sektor entdeckt hatten, stellte sich heraus: gleich auf acht weiteren Welten war Leben entstanden. Acht weitere Spezies, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Und plötzlich waren die Faderan nicht mehr alleine in den Weiten des Weltalls. Was nun? Man erzählt sich, dass diese 9 Spezies in einer großen Konfluenz zusammenkamen. Nicht für Krieg und Zerstörung, sondern um technologischen Fortschritt zu teilen, eine Zusammenkunft als galaktische Zivilisation zu finden, die an einem Strang zieht. In der jeder gleich dem Nächsten wäre. Es war nicht einfach, denn  ihre Kulturen waren so unterschiedlich, ihre Vorstellungen von Gleichheit so weit voneinander entfernt. Jede Spezies war von ihren Idealen überzeugt  und wünschte sich diese als Kern dieser neuen Gemeinschaft. Und so ergab sich die bissigste und aggressivste Kooperation von Spezies, die diese Galaxis je gesehen hatte: Das Zeitalter der Siderischen Konfluenz hatte begonnen.“

Mit Ausnahme von Siegpunkten und Geboten bei Auktionen sind alle Informationen für alle Personen immer sichtbar. Man muss daher keinen genauen Überblick über die gegnerischen Ressourcen behalten, denn „Siderische Konfluenz“ ist, wie sich aus der kurzen Geschichte ergibt, kein Merkspiel. Wer ein Merkspiel haben möchte, der kann stattdessen ja auch Memory spielen. Hier erwartet einen nicht ohne Grund ein: Expertenspiel.



Weiterhin kann alles (mit Ausnahme von Siegpunkten) getauscht werden. Der faire Handelswert für die Handelsgüter ist allen bekannt, sodass niemand durch Unwissen über den Tisch gezogen wird. Steht ein Handel, welcher auch mehr als zwei Personen beinhalten kann und über mehrere Runden geschlossen werden darf, so ist dieser bindend. Pacta sunt servanda! Kann man eine Schuld nicht einhalten, so muss man mit einer entsprechenden Strafzahlung in Siegpunkten rechnen.

Statt eines Spielplans liegen nur die Plättchen, Ressourcen und Spielertableaus auf dem Tisch. Das macht zunächst nicht besonders viel her, wird aber durch die vielen Karten, deren Anzahl sich im Laufe des Spiels so sehr steigert, dass diese gegen Ende einer Runde von „Siderische Konfluenz“ den gesamten Tisch bedecken, stetig kompensiert. Und alles, was man sehen kann, ist für einen erhältlich – sofern natürlich der Preis stimmt.



Der Großteil der Spielkarten besteht aus Konvertern (Umwandler). Mit diesen werden die Ressourcen, die durch Würfel und Oktagone repräsentiert werden, in andere, wertvollere Ressourcen umgewandelt. Immer wieder kommen so die Ressourcen in die Konverter und man erhält mehr Ressourcen heraus. Damit man dies effizient gestalten kann, muss man, wie könnte es anders sein, immer mit den anderen Parteien, also Alien-Spezien, am Tisch handeln.

Hier lassen sich Ähnlichkeiten zu dem bei Asmodee Deutschland erschienenen Spiel „Cosmic Encounter“ erkennen, da man in „Siderische Konfluenz“ auch immer mit den Mitspielerinnen und Mitspielern handeln muss. Es geht auch darum, Verhandlungen erfolgreich zu Ende zu führen und aus ihnen langfristig zu profitierten. Hier existiert also ein „Trade-off“ zwischen kurzzeitigem Profit und der langfristigen Kooperation mit den Mitspielerinnen und Mitspielern.

Neun Alien-Spezien bedeuten auch neun unterschiedliche Verhandlungsstrategien?



 
Die neun verfügbaren Spezies spielen sich dank ihrer asymmetrischen Fähigkeiten anders. Für jedes der neun Völker gibt es einen eigenen Sichtschirm, ein Tableau und ein Deck an Karten. Auf dem Tableau steht nicht nur die korrekte Aussprache der Völker, sondern auch etwas über deren Geschichte. Die korrekte Aussprache ist wichtig, da die Namen, wie beispielsweise Kjasjavikalimm oder Kt’Zr’Kt’Rtl leicht falsch geäußert werden können. Das wäre aber für einen langfristigen Handel kein guter Start in eine Verhandlung, wenn man bereits den Namen nicht auszusprechen weiß … Zudem findet man auch einen Hinweis zur Schwierigkeit des Volkes, an der man sich als Neuling orientieren sollte. Auch der generellen Ablauf einer Runde und die individuellen Spezialfähigkeiten der Außerirdischen sind auf der Rückseite abgedruckt. Hierdurch möchte man mindestens so viele Spielepartien bestreiten, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Konfluenz auch jedes Volk einmal spielen durften. Eine Partie allein ist auf 120-150 Minuten angesetzt, sodass man viele Spielstunden gemeinsam verbringen kann.

Ein besonderes Merkmal von „Siderische Konfluenz“ ist die (Mindest-)Spieleranzahl. Damit Kooperationen und Handel bestmöglich ablaufen können, bedarf es mindestens 4 Personen. Hat man diese Anzahl beisammen, so bleibt Platz für 5 weitere Personen! Denn das Brettspiel ist ausgelegt für 4 bis 9 Personen. Dabei ist es wichtig, dass man Kenntnis über die Vor- und Nachteile der anderen Außerirdischen sammelt, um die ausgeklügelten Entscheidungen zu treffen. Dennoch sollte man das aktuelle Spielgeschehen beobachten. Erfahrung spielt in „Siderische Konfluenz“ eine große Rolle. Erst mit mehreren Partien erkennen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie man die Vorteile der Aliens optimal ausspielt und deren Schwächen durch geschickte Interaktionen möglichst abgemildert.

Kein Krieg und keine Zerstörung, sondern das Teilen von Fortschritt



„Siderische Konfluenz“ ist als Science-Fiction-Spiel kein Kriegsspiel, sondern ein Spiel, bei dem verhandelt wird. Schön, wenn Konflikte auch friedlich gelöst werden können, denkt man sich beim Spielen. Wer jedoch Alien-Miniaturen sehen möchte und klare Zugreihenfolgen bevorzugt, der kann sich entweder mit diesem Brettspiel auf etwas Neues einlassen oder aber er greift besser zu einem anderen Spiel. Frosted Games wirbt nicht ohne Grund auf ihrer Homepage zu „Siderische Konfluenz“ mit: „Siderische Konfluenz – Handel und Wandel im Elysium Sektor bietet euch ein ganz besonderes Spielerlebnis und ist deshalb zurecht ein absoluter Geheimtipp der letzten Jahre“.

Besonders schön für die Brettspielsammlung eignet sich übrigens das Coverbild von „Siderische Konfluenz“ (Illustrationen: Kwanchai Moriya und Nakarin Sukontakorn). Darauf lassen sich Details erkennen, die das gemeinsame Verhandeln der Aliens darstellen und einfach Eindruck machen.

Fazit: So wie sich auch die Fraktionen in „Siderische Konfluenz“ nur in unregelmäßigen Zeitabständen treffen, so geht es leider vielen Spielergruppen momentan. Doch eines ist gewiss: Wenn man für das große Wiedersehen mit einer dementsprechend vorbereiteten Gemeinschaft an (Experten-)Spielerinnen und Spielern sich einem neuen Spiel widmen möchte, dann bietet dieses Spiel viel Potenzial.

Siderische Konfluenz
Brettspiel für 4 bis 9 Personen ab 12 Jahren
TauCeti Deichmann
Frosted Games 2021
EAN: 4250231727351
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 69,99

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