Shadowrun: Die Karten des Schicksals

Zum Start des neuen Tarot-Zyklus wirft „Die Karten des Schicksals“ ein Schlaglicht auf viele Leben, die von den Karten berührt wurden. Erfolgreiche Runs und leidvolle Niederlagen, Ruhm und Erfolg oder gnadenloser Untergang, Geheimnisse im eigenen Leben oder die Aufdeckung verwirrender Verschwörungen: Taucht eine Tarot-Karte im Leben eines Metamenschen auf, ist nichts mehr wie es wahr.

von Adaon

Im Jahr 2017 erschienen von Pegasus als „Tarot-Bundle“ ein Abenteuerband, eine Kurzgeschichtensammlung, ein Hintergrundbuch und eben ein Tarot-Deck mit 78 Karten. Natürlich sind diese Komponenten auch einzeln erhältlich. Das Tarot-Deck namens „Shadowrun-Tarot“ ist dabei das verbindende Element.

Die Kurzgeschichten-Sammlung „Die Karten des Schicksals“, um die es in dieser Rezension geht, bringt die Erzählungen vieler Autoren zusammen, die sich natürlich um die namensgebenden Tarot-Karten drehen. Jede Kurzgeschichte legt dabei den Fokus auf eine oder wenige ausgewählte Karten, nutzt Elemente aus diesen oder deren Bedeutung oder entwickelt ganz die Vor-Geschichte, die zum Bild auf der Karte führte. Doch auch wer diese Bilder nicht gesehen hat, weil er das Tarot selbst nicht sein Eigen nennt, kann den Geschichten gut folgen – wenn es für die Geschichte wichtig ist, werden die Karten ausführlich beschrieben, und die dort abgebildeten Szenen aus der Sechsten Welt, die auf den Karten so eindringlich scheinen, entstehen vor den Augen des Lesers.

Doch nicht nur die Bilder auf den Karten wirken vertraut, auch mancher Name, der in den Kurzgeschichten auftaucht, ist schon ein alter Bekannter – ob aus anderen Romanen, Kommentaren aus dem JackPoint, aus vorgefertigten Abenteuern oder auch Charaktere, die im alternativen Regelwerk „Anarchy“ vorgestellt worden sind.

Meine persönlichen Favoriten bei den Kurzgeschichten ist zum einen die Geschichte des zwergischen Konzerners, die eins zu eins so wirkt, als wäre sie einem Archetypen aus „Schattenläufer“ auf den Leib geschneidert – das Bild passt jedenfalls perfekt, wenn auch die Werte nicht –, und zum anderen die Geschichte von Michael A. Stackpole, die sich um Wolfgang Kies dreht, der mit dem Team um Doc Raven zu meinen Lieblingsfiguren im „Shadowrun“-Universum gehört.

Doch auch die anderen Geschichten wissen zu gefallen. Die unterschiedlichen Stile, verschiedene Länder, wechselnde Blickwinkel und Charaktere – diese Kurzgeschichtensammlung bietet mit ihren 24 Stories bei Weitem genug Auswahl, sodass sich jeder etwas Passendes als Favoriten heraussuchen kann.

Und natürlich kommen die geheimnisvollen Tarotkarten nicht zu kurz. Ob angedeutet wie in Jennifer Brozeks „Dunkle Angelegenheiten“, zufällig aufgetaucht wie in Kai O?Connals „Lose Zusammenhänge“, als Ziel eines Runs wie in Philip A. Lees „Die Geringste unter ihnen“ oder als zentrales Element der Geschichte wie in Scott Schletz? „Letzter Schlag“ – die Karten sind überall. Und damit bringt dieses Buch auch Ideen und Stimmung für den Spieltisch.

Bei den Autoren sind sowohl bekannte Namen als auch Neulinge zu finden. Sie werden im letzten Abschnitt des Buches kurz vorgestellt, auch andere Werke von ihnen werden erwähnt. Wem der Stil einer bestimmten Kurzgeschichte besonders gefiel, kann hier weiteren Lesestoff finden.

Apropos Lesestoff: Da die einzelnen Geschichten kurz sind (klar), wirken selbst die 440 Seiten dieser Anthologie rasch gelesen. Dies fördert jedoch nur den Lesespaß, denn das Gefühl nur noch „eine Geschichte“ eben schnell lesen zu wollen, bringt dazu, dran zu bleiben.

Fazit: Diese Sammlung von Kurzgeschichten dreht sich nicht nur um das neue „Shadowrun-Tarot“ – die Geschichten werfen auch kurze Lichter auf die verschiedenen Schatten, in denen die modernen Runner laufen. Magie und Matrix sind Teil der Welt, Gewalt und Waffen ständige Begleiter der Shadowrunner, deren Leben hier erhellt werden. Manche werden noch eine größere Rolle spielen, von anderen wird man nie wieder hören. Doch zusammen ist „Die Karten des Schicksals“ derzeit ein Einstiegspunkt in die Sechste Welt. Das Rollenspiel „Shadowrun“ ist lebendig und wird bespielt. Und in diesen Kurzgeschichten wird das spürbar.

Shadowrun: Die Karten des Schicksals
Kurzgeschichten-Anthologie
Michael A. Stackpole, Jennifer Brozek, Steven S. Long, Jason M. Hardy u.a.
Pegasus Press 2017
ISBN: 978-3-95789-140-2
440 S., Taschenbuch, Deutsch
Preis: EUR 14,95

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