von Ansgar Imme
Neben großen und oft bekannten Brettspielen haben die Verlage, so auch „Pegasus Spiele“, immer wieder auch mal kleinere Perlen in ihren Veröffentlichungen dabei. Nachdem Pegasus mit „Bomb Busters“ das „Spiel des Jahres“ 2025 absahnen konnte und das Interesse vieler Spieler sich darauf richtete, mag der Blick auf „Rival Cities“ vielleicht etwas verloren gegangen sein. Ein guter Grund, sich die ähnliche große Packung genauer anzuschauen.
Eine kleine Anekdote am Rande: Das erste größere Brettspiel, welches der Rezensent vor vielen Jahren beim Ringboten rezensierte, war „Firenze“. Dessen Autor war Andreas Steding. Genau dieser zeichnet sich auch für das hier vorliegende Spiel „Rival Cities“ verantwortlich. Warum es allerdings unbedingt ein englischer Titel sein muss, kann man nur raten, zudem die Anleitung als auch der Inhalt nicht mehrsprachig sind. Selbst bei einer internationalen Vermarktung müsste dies also alles ausgetauscht werden. Aber vielleicht klingt ein englischer Begriff im kleinen Spielwaren-Marketing einfach besser ...
Bevor es inhaltlich um das Spiel geht, muss man zunächst ein ganz großes Lob aussprechen: Die Organisation und Sortierung des Spielzubehörs ist klasse. Wenn man den für ein Brettspiel kleinen Karton in die Hand nimmt, wundert man sich über das Gewicht. Der ganze Spielinhalt ist aber einfach optimal verstaut. Vier kleine Pappkästchen nehmen alles Material – Figuren, Karten und Sonstiges – auf. Dazu passen diese vier Kartons auch ideal in die kleine Spielbox. Einzig wie lange die vier kleinen Kästchen aus dünner Pappe halten werden, ist fraglich.
Das Spiel für zwei Personen rückt den Konflikt der früher als Rivalen nebeneinander liegenden Städte Hamburg und Altona in den Mittelpunkt. Durch Handel, den Aufbau einer Schiffsflotte, das Schmieden von Bündnissen oder das Gewinnen von Gerichtsprozessen kann man den Sieg im Spiel erringen. Dabei kann man sich nicht auf einen Weg verlassen, sondern muss immer auch das Spiel des Gegners im Auge behalten, da es die Möglichkeit eines sogenannten Sofort-Siegs gibt. Dieser wird wirksam, wenn man drei Schiffe erworben, vier Bündnisse geschmiedet, drei Gerichtsprozesse gewonnen oder am meisten Ansehen errungen hat (nur eines davon ist nötig). Der Handel hingegen liefert vor allem durch den Erwerb von Waren die Grundlage. Denn diese Waren werden für die anderen Aktionen als Währung zum „Zahlen“ benötigt. Kommt es nicht zum Sofort-Sieg, werden die Waren aber am Ende des Spiels noch mal wichtig.
Ein zweites Lob geht an dieser Stelle an die Ersteller der Spielanleitung, vor allem für die Übersicht des Spielinhaltes als auch die Karte für den Aufbau. Beides ist vorbildlich strukturiert und für jede Aktion mit Bildern oder Hinweisen versehen. Man bekommt eine Seite mit dem Spielmaterial, wo die genaue Anzahl als auch ein Bild des Materials zu finden ist. Für die Spielvorbereitung wird in einzelnen Schritten dann ebenso mit Bildern gezeigt, wo welches Material genau wo zu setzen ist. So gelingt der Spielaufbau selbst beim ersten Mal in kurzer Zeit. 
Um das Spielbrett herum werden Karten ausgelegt, die verschiedene Aktionen ermöglichen. Dabei ist zwischen den normalen Aktionskarten und Spezial-Aktionskarten zu unterscheiden, denn letztere kann man auch auf die Hand nehmen und später im Spiel ausspielen. Für Einsteiger gibt es eine vorgegebene, verdeckte Reihenfolge der Karten. Für Fortgeschrittene kann bunt durcheinander gelegt werden. Beide Spieler benutzen mit einem Tintenfass die gleiche Spielfigur nacheinander. Man darf bis zu zwei Felder beziehungsweise Karten ohne Kosten vorrücken, alle weiteren Schritte müssend durch Waren bezahlt werden. Auf der Karte, auf welcher man stehen bleibt, darf man die Aktion(en) ausführen oder alternativ eine Spezial-Aktionskarte aufnehmen oder ausspielen. Besitzt man Briefe, die man auch im Laufe des Spiels erhält, darf man sowohl die Aktionskarte nutzen, auf der man steht, als auch eine Spezial-Aktionskarte von der Hand spielen.
Auf den Aktionskarten befinden sich zwei mögliche Aktionen, von denen man je nach Karte nur eine oder sogar beide ausführen darf. Dabei kann man je nach Karte vorgegebene oder beliebige Waren erhalten oder tauschen sowie durch Ausgeben auch Siegpunkte bekommen. Ebenso können die oben genannten Briefe erlangt, Ansehenspunkte gekauft oder Manufakturen erworben werden. Mit letzteren kann man die Produktion von Waren erhöhen. Neben diesen Handelsaktionen kommen auch komplexere Aktionen ins Spiel: Bündnisse schließen, ein Schiff erwerben oder einen Gerichtsprozess starten oder vorantreiben. Diese drei Möglichkeiten kosten eine größere Anzahl an Waren, bieten dafür aber auch Vorteile im Spielverlauf wie Boni bei der Warenproduktion, zusätzliche Ansehenspunkte oder weitere Waren.
Diese oben genannten Aktionen auf den Karten wirken am Anfang zunächst etwas unübersichtlich. Man muss doch das eine oder andere Mal nachschlagen, was zu tun ist. Aber nach wenigen Wiederholungen hat man fast alle Möglichkeiten schnell im Kopf, sodass das Spiel nicht mehr verzögert wird. 
Immer wenn ein Spieler mit dem Tintenfass die Startkarte wieder erreicht, wird das sogenannte Saisonende ausgespielt. Hier muss man Kosten für den Erhalt von Bündnissen ausgeben, kann Ansehen und Waren erhalten sowie Gerichtsprozesse zu Ende führen. Dazu werden Spezial-Aktionskarten ausgetauscht und geprüft, ob bestimmte Endbedingungen eingetreten sind, sodass Gesamtpunkte zum Sieg ermittelt werden. Sollte kein Sofortsieg durch einen der Spieler erreicht werden, endet das Spiel mit dem siebten Saisonende. Dann werden die Siegpunkte in Form von Sternen ermittelt, die sich auf verschiedenen Karten, Schiffen etc. wiederfinden.
Insgesamt bietet „Rival Cities“ eine schöne kleine Handelssimulation, die in Grundzügen an das PC-Spiel „Der Patrizier“ erinnert. Durch die gute Anleitung bekommt man das Spiel schnell aufgebaut und kann zügig loslegen. Beim ersten Mal ist eine Strategie wie in fast allen Spielen noch nicht gut absehbar. Umso weiter man kommt, desto mehr stellt man fest, dass man alles ein wenig im Blick halten sollte und vor allem die Spezial-Aktionskarten nicht vernachlässigen sollte. Auch wenn jeder Spieler viel für sich spielt, gibt es doch einige Aktionen, um das Spiel des anderen zu beeinflussen. Dazu ist ein Blick auf dessen Vorankommen sehr wichtig.
Im ersten Spiel des Rezensenten hatte dieser verschiedene Bereiche gut abgedeckt und im Gegensatz zur Gegnerin eine wesentlich bessere Warensituation. Nur die Schiffe hatte er vernachlässigt. Als die Gegnerin ein zweites Schiff erwarb, gab es keine schnelle Möglichkeit, selbst eines zu erwerben. So war das Spiel dann schnell vorbei, da die Gegnerin mit einer Spezialkarte günstig an das dritte Schiff kam und damit den Sofortsieg sicherte, obwohl sie ansonsten eher zurücklag.

Gefühlt liegt hier auch eine kleine Ungleichheit zwischen den teureren Bereichen Schiffe, Bündnisse und Prozesse vor. Speziell Prozesse sind im Vergleich zu den beiden anderen recht aufwendig und liefern zumindest bei wenig Spielerfahrung nicht entsprechend so viel Mehrwert. Schiffe scheinen hier eine gute Option für einen Sofortsieg zu sein und sollten gut beachtet werden, zudem sie in größerer Anzahl als wiederum Bündnisse vorhanden sind. Auch die Ansehenspunkte zum Sieg müssen in größerer Anzahl erlangt werden und scheinen schwieriger für den Sieg zu sein. Mit dem Erwerb nur eines Schiffes kann man dieses Vorhaben des Gegners aber erst mal behindern, sodass dann auch andere Bedingungen wieder wichtiger werden. Der Gesamtblick aufs Spiel und den Gegner ist also, wie gesagt, einfach wichtig.
Insgesamt wird nichts Neues erfunden, sondern Mechanismen mit einem passenden Hintergrund gut kombiniert und für einen schnellen Spielspaß zusammengestellt. Gleichzeitig ist das Spiel aber auch nicht zu oberflächlich oder glücksbasiert, sodass es schon des Planens und Nachdenkens bedarf. Durch die kompakte Verpackung ist es aber damit eine ideale Lösung für einen Urlaub, ohne dass man den halben Koffer damit belegt.
Fazit: „Rival Cities“ bietet ein schönes kleines Taktik- und Strategiespiel für zwei Personen, welches schnell zu erlernen ist und einige Kniffe im Spielverlauf besser einschätzen lässt. Der Glücksfaktor ist überschaubar, sodass es sich damit für Spieler eignet, die gerne auch mal über ihre nächsten Schritte nachdenken. Durch die kompakte Zusammenstellung kann man das Spiel gut in eine Tasche packen und auch auf eine Reise mitnehmen. Ebenso ist es für Einsteiger in die Brettspielwelt oder wenn man nicht so viele Spieler zusammen hat, gut geeignet.
Rival Cities
Brettspiel für 2 Spieler
Andreas Steding
Pegasus Spiele 2025
ASIN: B0FC6RMMJQ
Spielbrett, Karten, Marker und Spielfiguren
Preis: EUR 24,99
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