von Oli Clemens
„Tricky Traders“ ist ein reines 2-Personen-Spiel, in dem ihr in die Rollen konkurrierenden Gilden auf einen belebten Markt schlüpft. Übt über drei Markttage hinweg eurem Einfluss auf das Geschehen aus, lockt die Kundschaft zu euch, kontrolliert die Stände und hindert euren Gegner mithilfe cleverer Sabotageaktionen an dessen Erfolg. Am Ende möchtet ihr den größten Ruhm in Form von Siegpunkten gesammelt haben. Die gibt es, wenn die richtigen Promis an euren Ständen stehen und dort möglichst nur eine der putzigen Ratten-Meeple zu sehen ist.
Der Markt, um den sich alles dreht, ist ein Rondell aus sieben farbigen Ständen, die in einem Kreis ausgelegt sind. Zwei davon werden geheim dir als Besitzer zugelost, zwei deiner Konkurrenz. Um diese geheimen Ziele kümmerst ihr euch am besten so unauffällig, dass niemand einen Verdacht wittert, welche Farben euch Punkte bringen sollen.
Das Herzstück des Spiels ist die verdeckte Auswahl eurer Einflusskarten. Sie nutzt ihr jede Runde, um euch Effekte auf dem Markt um die Ohren zu hauen. Doch weil du nie weißt, was im Köpfchen deines Gegenübers vorgeht, kommt eine Prise Psychologie in euer gegenseitiges Ränkespiel. 
Jeder der drei Markttage besteht aus drei Phasen, welche Tageszeiten repräsentieren, in denen ihr beide verdeckt Einflusskarten auswählt. Diese bestimmen, welche Figuren sich bewegen, welche Aktionen ausgelöst werden und wie der Markt sich verändert. Schickst du beispielsweise mit deinen Karten den Gaukler aus, wandern Spielfiguren in dessen Richtung und ziehen zu neuen Ständen. Da braucht es schon die Marktschreierin, um sie zurück zu locken. Der Rattenfänger kümmert sich um die lästigen, überzähligen Nagetiere an den Ständen und die Saboteurin hat nur eins im Sinn: Chaos zu stiften und die gut sortierte Spielsituation durcheinander zu wirbeln.
Eure Aktionen können sich allerdings gegenseitig neutralisieren, wenn ihr beide dieselbe Karte spielt. Das ist gleichzeitig eine der zentralen Spannungsschrauben von „Tricky Traders“, aber auch ein richtiger Downer, wenn deine Pläne herrlich vor dir platzen, weil dein Kontrahent dich durchschaut hat.
Am Ende eines jeden Markttages wird gewertet, bevor der nächste beginnt. Der ist erreicht, wenn ihr 6 Aktionskarten ausgespielt habt. Dann kommt es zur Auswertung des aktuellen Szenarios. Du bekommst Punkte, wenn an deinen Ständen mehr Kunden stehen als nebenan. Am besten lungert auch nur eine Ratte an deinem Stand. Und lässt sich der Gaukler bei dir blicken, gibt es noch mehr Punkte.
Nach drei Tagen entscheidet der Ruhm – also die Summe der erzielten Punkte – über den Sieg. Zwischenwertungen werden immer auf dem beigefügten Wertungsblock festgehalten und am Ende addiert. Und seid euch gewiss: Je nach Spielsituation kann es zwischendurch auch mal Minuspunkte hageln.
„Tricky Traders“ setzt euch einer sehr hohen Interaktion aus. Eure Karten werden verdeckt ausgespielt und dann erst abgehandelt, Figuren verändern unmittelbar die Dynamik an den Warenständen und natürlich willst du der Konkurrenz gezielt eine Rattenplage auf den Hals hetzten, damit diese Punkte auch noch flöten gehen. So entwickelt sich „Tricky Traders“ zu einem langfristigen, taktischen Duell, bei dem viel vom richtigen Timing abhängt. Und das ist vielleicht ein bisschen auch die Schwäche des Spiels. So richtig durchschauen wirst du das Spiel und seine Möglichkeiten erst, wenn du ein paar Partien auf dem Buckel hast – wahlweise auch mit der gleichen Person. So ein Wohlfühlspiel, in dem man ankommen und loslegen kann, ist „Tricky Traders“ nämlich nicht. Aber das passt ja auch zum Charakter eines Kennerspiels, und das ist es auf jeden Fall.
Das Regelheft ist zwar logisch aufgebaut, wirkt aber auf den ersten Blick ein wenig textlich überfrachtet. Auch fordern manche Karteneffekte mehr als andere euer Verständnis heraus. Da kann es schon sein, dass sich eure erste Partie ein bisschen holprig anfühlt. Deswegen solltet ihr nach dem Regelstudium in eurer ersten Partie 45 Minuten Spielzeit schon einplanen. Mit jeder Spielerfahrung wird das Duell um die Punkte aber schneller enden. 
Das Material beinhaltet viele Holzteile und schenkt euch individuell gestaltete Meeple. Da wurde auch ans Auge gedacht. Um den optischen Rest hat sich Dennis Lohausen gekümmert. Er schafft es, mich wirklich in ein mittelalterliches Szenario zu versetzen, in dem Gaukler und Marktschreierinnen zuhause sind.
Fazit: „Tricky Traders“ sucht die Leute, die gerne intensive, taktische und interaktive Duelle austragen und sich gegenseitig nichts gönnen. Wer gerne mal blufft und stattdessen lieber in die Gedanken der anderen Person schlüpft, sollte an dem Kennerspiel seine Freude haben.
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